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Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Titel: Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Buscha
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mehrerer Lektionen bedurft, bis die Hündin verinnerlicht hatte, dass sie niemals und unter keinen Umständen unaufgefordert unser Haus zu betreten hatte.
    Hedwigs Reaktion auf Eules gelegentliches Anschleichen hatte ich gleich mehrfach erlebt, wenn ich des Sommers bei ihr in der Küche saß und die Tür zum Garten weit geöffnet stand. Am Anfang ihrer Bekanntschaft hatte Eule die offene Küchentür als Einladung betrachtet, Hedwig einen Besuch abzustatten und sich ein »Leckerli« abzuholen. Kleine Hundekuchen, die Hedwig oft vorsorglich in der Küchenschürze mit sich herumtrug, da Eule mit ihrem blöd-traurigen Blick ihr einsames Altweiberherz erobert hatte.
    Eule hatte zu Beginn der »Leckerli«-Beziehung, das mag vier Jahre her sein, nur selten Laut gegeben, wenn sie die Küche betrat. Diese Ignoranz führte am Ende zu einem Fehler, der mindestens ebenso groß war wie die Hündin selbst - riesig also.
    Eule spazierte damals lautlos herein, stupste Hedwig, die ihr den Rücken zukehrte, mit der Schnauze in den Po, den sie mit ihrer Größe locker erreichte, und heimste das erste Mal einen Hieb mit dem hölzernen Kochlöffel ein. Aufjaulend steckte die Hündin den Schlag weg. Die Gier nach den Leckerlis war größer als der kurzzeitige Schmerz und die darauf folgende Beule am Übergang vom Hals zum Kopf. Ob ihrer schlagkräftigen Abwehr erschrocken, entschuldigte sich Hedwig mit mehr Leckerlis und Streicheleinheiten als üblich, was Eule gründlich missverstand. Für sie war klar, dass Hedwig ihr nie wieder etwas antun würde. Ein Irrtum. Die Hundedame kannte Hedwig nicht.
    Beim nächsten lautlosen Besuch verlor Eule ihr rechtes Ohr. Das war ihr dann allerdings eine Lehre.
    Hedwig hatte sich über die stupsende Hundeschnauze an ihrem Hintern derart erschrocken, dass sie mit ihrem Küchenmesser, mit dem sie gerade junge Mohrrüben putzte, in der einen und einer zarten Mohrrübe in der anderen Hand herumsprang, breitbeinig vor der Schnauze des Hundes landete und der vor Schreck erstarrten Eule die Jungrübe in die hoch aufgereckte Nase pflockte.
    Das war der harmlose Teil des Unfalls.
    Mit der anderen Hand, die das universelle Küchenmesser umkrampfte, vollzog sie in der Luft einen ausholenden, energischen Schnitt von unten nach oben, traf auf einen Widerstand in Form des rechten, schlapp herniederhängenden Pudelohres und fegte es schwungvoll vom Kopf. Das Ohr segelte über den Küchentisch hinweg durch die halbe Küche und landete in der Nähe der Terrassentür auf den Fliesen, wo es ausgebreitet liegen blieb und seine haarige Pracht entfaltete.
    Hedwig hatte eine säuberliche Amputation hingelegt, die den Hund hell aufjaulen und verschreckt einen Satz nach hinten machen ließ. Die spindeldürren Beine mit den getrimmten Oberschenkeln eingezogen, prallte Eule gegen das stattliche Tischbein des uralten Bauerntischs, an dem ich gerade einen Kaffee trank, fiel unsanft auf den schneeweißen Hundehintern und blieb benommen und schmerzerfüllt jaulend sitzen, den Kopf in die Höhe gereckt. Die Jungmöhre ragte aufrecht aus der Hundenase, über der zartes Möhrenkraut in alle Richtungen auseinander fiel. Schnauze und Nase wurden von filigranem Grün bedeckt. Aus den schneeweißen Locken des zur Schnauze hin spitz zulaufenden Kopfes schimmerte rosafarben der rudimentäre Rest des einst schlapprigen rechten Hörwerkzeuges, während das linke traurig nach unten hing. Seither betrat Eule Hedwigs Küche nur nach vorheriger Anmeldung, das heißt mit einem leisen Knurren, das schließlich zum Gebell wurde, wenn Hedwig auf die leisen Töne nicht reagierte - was des Öfteren geschah, denn Hedwig war ein wenig altersschwerhörig.
    Wie sich denken lässt, war Marie Overluts Verhältnis zu uns seither schwer erschüttert. Eule galt nämlich als Zuchtpudelhündin allererster Güte, bis sie nach dem Unfall von der Liste preisgekrönter Königspudel gestrichen wurde und sie zu Marie Overluts unermesslichem Kummer auch keine Hunde-Schönheitswettbewerbe mehr besuchen konnte. Marie Overlut hatte deshalb eine Schadenersatz-Klage gegen Hedwig eingereicht. Vergeblich. Der Richter vertrat unerschütterlich die Meinung, Eule hätte widerrechtlich unser Grundstück und unser Haus betreten und Hedwigs Reaktion sei als Selbstverteidigung zu werten. Marie Overlut hatte die Prozesskosten und unser Anwaltshonorar zu begleichen.
    Wie wir durch die dichte Hecke hindurch gelegentlich an ihren Befehlen hörten, versuchte sie nachdrücklich, das Tier von

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