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Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Titel: Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Buscha
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weiteren Besuchen abzuhalten. Das eine oder andere Mal hatten wir sie gar auf unserem Grundstück beobachtet, wie sie Eule einfing und wütend hinter sich herzog.
    Selbstverständlich ignorierten wir ihre illegalen Besuche, denn uns war nicht an weiterem Ärger gelegen.
    Marie Overluts Versuch erwies sich als höchst überflüssiges Ansinnen und zudem als undurchführbar. Eule liebte Hedwig aller Logik zum Trotz, derzufolge keine halbwegs intelligente Kreatur auf jemanden zugehen würde, der ihn, absichtlich oder nicht, verletzt hatte.
    »Hallo, Hedwig. Wunderbarer Morgen, nicht wahr?«, begrüßte ich sie lauter und jovialer als notwendig. So schwerhörig war sie nun doch nicht. Vor allem war sie gerade zu Unzeiten wie diesen überaus flink im Erfassen von Situationen.
    Hedwig starrte mich an, als wäre ich der Teufel persönlich oder irgendetwas in der Art schnappte sich Eules Halsband, drehte sich auf dem Blockabsatz ihrer schwarzen Gesundheitsschuhe um und verließ so schnell, wie es ihre siebzigjährigen, etwas zu kurz geratenen und zu einem fast vollendeten O gekrümmten Beine gestatteten, das Haus. Die Hündin zerrte sie hinter sich her und schlug die Tür mit einem lauten Knall zu.
    Ich denke, Eule verstand die Welt nicht mehr. Sie hatte noch nie erlebt, dass sie so schnell Leine ziehen musste. Vielleicht beruhigte Hedwig die Hündin draußen mit ein paar Leckerlis.
    Hedwig jedenfalls kochte offenbar vor Empörung. Es war sonst nicht ihre Art, mit den Türen zu knallen. Zumindest nicht in unserem Haus.
    »Halt den mal allein!«, rief ich Lisa zu, ließ Gregors Kopf fallen und rannte die Treppe hinunter, um Hedwig auf dem Gartenweg abzufangen.
    Ich hörte Lisa hinter mir »Das können Sie nicht machen!« kreischen und vernahm ein lautes Poltern, während ich, den neuerlich erwachenden Schmerz in meinem Steißbein ignorierend, aus der Haustür sprang. Ich hatte andere Sorgen als die, ob Lisa mit dem mindestens achtzig Kilo schweren Gregor in Schräglage allein zurechtkam oder nicht.
    Kam sie selbstverständlich nicht. Wie sollte sie den Mann auch halten, dessen Füße sie zwar fest und unnachgiebig umklammerte, der aber mit seinem toten Gewicht gegen Lisas etwa zweiundfünfzig Kilo drückte und dafür sorgte, dass sie mit ihm gemeinsam die letzten fünf Stufen hinunterfiel. Das erzählte sie mir später, als sich die Gemüter längst beruhigt hatten. Zum Beweis streckte sie mir ihren linken Unterarm entgegen, auf dem sich ein dunkelroter Fleck abzeichnete, und wies anschließend auf Gregors verrenkt daliegenden Kopf. Doch ich greife vor.
    Ich holte Hedwig auf dem Gartenweg ein, wo sie beschwichtigend auf den sich mit den Vorderpfoten in den Sand stemmenden Hund einredete und ihn zum Weitergehen bewegen wollte. Eule aber zickte rum, wohl weil ihr die Leckerlis verweigert worden waren.
    Ich packte Hedwig am Arm und stieß atemlos hervor: »Warte, Hedwig, lass es dir erklären. Bitte.«
    Hedwig wischte meinen Arm wie ein lästiges Insekt fort und starrte mich durch ihre monströse, graurosa gesprenkelte Kassenbrille von unten her an, indem sie die Augen zusammenkniff. Ein Tick, der über die Jahre eine steile Falte zwischen die vom Alter ausgedünnten Brauen und in die Augenwinkel Hunderte von Fältchen gegraben hatte. Je nach Gemütslage verliehen sie ihr etwas Verkniffenes oder bescheiden Fröhliches.
    »Da gibt es doch wohl nichts zu erklären«, raunzte sie mit einer Altstimme, die nicht zu ihrer zarten Statur passen wollte.
    »Eule, ab nach Hause!«, fauchte Hedwig die Hündin an.
    Der Pudel bellte enttäuscht auf, folgte aber Hedwigs ausgestrecktem Arm, der auf das heimatliche Nachbargrundstück wies, und hetzte irritiert los, um sich durch die Büsche nach Hause zu schlagen.
    Hedwig hatte sich aufgerichtet. Sie blinzelte aufgeregt zu mir hoch, die ich sie mit meinem einen Meter und einundsiebzig Zentimetern um mehr als einen halben Kopf überragte.
    »Ihr schleppt da einen toten Mann durch das Haus. Einen jungen. Morgens um neun.« Sie schüttelte ratlos den Kopf, wobei die weißen Löckchen aufgeregt hin- und herwippten. »Ich weiß ja nicht, ob das heute so üblich ist, aber es gefällt mir nicht. Nein, ganz und gar nicht.«
    Hedwig begann nervös, doch mit kräftig-kurzem Ruck einen Finger nach dem anderen in die Länge zu zerren. Das Geräusch der aus den Gelenken springenden Knöchel verursachte mir eine Gänsehaut.
    »Hedwig, bitte.«
    »Was heißt hier bitte? Ein Toter in unserem Haus? Das ist

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