Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
sein, die sich an irgendwelche Abmachungen hielt?
Bin ich blöd? Wohl kaum. Ich bin emanzipiert.
Ich bin selbstbewusst, erfolgreich, beliebt und finanziell unabhängig.
Ich betete die Sätze wie ein Mantra runter, dennoch versagten mir die Beine und ich musste mich setzen, als ich die Mairechnung inspizierte. Martin hatte Laura auch abends aus St. Petersburg angerufen. Jeden Abend. Erst mich, dann sie. Mit ihr hatte er oftmals länger telefoniert als mit mir. Wie auch immer mein Mann das erklären würde, berufliche Belange konnte er sich als Ausrede schenken.
Ich hatte Mühe, nicht auszurasten, den ganzen Mist nicht aus dem Fenster zu schmeißen. Ich riss mich zusammen. Es bekam mir nicht. Mein Herz schlug schmerzhaft pochend bis zum Hals.
Ich nahm mir die nächste Handynummer vor. Auch sie fand sich fast täglich und regelmäßig nach den Telefonaten mit mir und Laura. Meine Hände zitterten, während ich mich krampfhaft um Coolness bemühte. Ich wollte wie ein Profi reagieren und recherchieren. Es gelang mir nicht. Das Zittern hielt an.
Trotz der nächtlichen Stunde wählte ich die Nummer, mein Herzschlag legte einen Gang zu, die Hände flatterten einen Deut mehr.
Ich war mir sicher, dass sich Sarah Baerenbaum melden würde, wenngleich mir ihre Nummer fremd war. Ich hatte sie nie darum gebeten und sie hatte sie mir nie gegeben. Ich hörte das Freizeichen und hatte nach einer Weile tatsächlich Sarahs Mailbox im Ohr.
Ich drückte die Box weg. Obwohl sich meine Vermutung lediglich bestätigte, wurde mir schlecht. Zum wievielten Mal innerhalb dieses beschissenen Tages eigentlich? Meine Augen füllten sich mit Tränen und ich biss mir auf die Unterlippe, um nicht laut loszuschluchzen.
Der Mann hatte mich über Monate beschissen, angelogen, hintergangen. Nicht nur mit einer Frau, nein, gleich zwei mussten seinen vitalen Bedürfnissen Rechnung tragen. Und eine davon war meine Klientin. Ich konnte es nicht fassen.
Arschloch, Wichser, gemeiner Hund. Mehr Schimpfwörter fielen mir nicht ein.
Ich weinte noch immer, als ich schon längst wieder im Bett lag. Es war inzwischen kurz vor drei Uhr nachts. Ich schnappte mir die Fernbedienung für den Fernseher, der auf einem Tisch am Fenster stand, und zappte mich durch das Nachtprogramm. Bei irgendeinem Thriller blieb ich hängen. Ich verstand zwar nicht, was ich da sah, gab mich jedoch der Illusion hin, mich abzulenken. Irgendwann schlief ich ein, begleitet von wirren Träumen.
Ich wurde gegen sechs Uhr wach. Ein Tonband ratterte in meinem Kopf los und referierte jede Einzelheit des vergangenen Abends. Die Uhrzeit gefiel mir nicht, die Erinnerung noch weniger.
Mag sein, dass die Zeit Wunden heilt. Drei Stunden Schlaf heilten definitiv gar nichts.
Ich litt auch an diesem Morgen wie ein Tier, stand auf, tigerte fahrig durch die Wohnung, arrangierte die Blumen und Kerzenhalter auf dem Küchentisch neu, konnte mich jedoch nicht konzentrieren und entschied, mir trotz der frühen Morgenstunde ein Entspannungsbad zu gönnen.
Ich ließ mich in das wohlig-warme Wasser gleiten, das ich mit einer Mischung ätherischer Öle angereichert hatte, schloss die Augen und wartete auf die entspannende Wirkung der aromatischen Dämpfe.
Ich zählte bis zehn und wartete noch immer auf die Beruhigung meiner Nerven, als sich das Bild von Martin und diesen Schnepfen in meinem Kopf ausbreitete. Die Wassertemperatur - oder waren es die Dämpfe? - brachten meinen Kreislauf auf Touren. Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn, während meine Phantasie unermüdlich Bilder von Martin, seiner Sekretärin und Sarah produzierte. Ich hielt die Privatvorstellung nicht aus und sprang genervt aus dem Wasser. Von Entspannung keine Spur.
Ich ging hinüber ins Schlafzimmer zu meinem begehbaren Kleiderschrank und zog mich hastig an. Auf dem Weg dorthin hätte ich am liebsten alles zertrümmert, was in meine Nähe kam. Vor allem die Bildergalerie von Martin und mir auf meiner Frisierkommode.
Ich ließ es sein. Ich hatte die Rahmen sorgfältig ausgesucht und zusammengesammelt. Der Preis hatte keine Rolle gespielt.
Während ich mich also bemühte, meine Anspannung auf ein erträgliches Maß herunterzufahren, schlief Martin aller Voraussicht nach wie ein Baby. Seelischer Stress gehörte nicht zu seinen Schlafkillern. Da kam schon eher zu viel Alkohol in Betracht. Meine Laune hob dieses Wissen nicht.
Ein Blick auf die Uhr hob sie allerdings auch nicht. Es war kurz vor sieben. Ich tigerte weiter durch
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