Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
die Wohnung, kochte einen Kaffee, las in irgendeiner Zeitschrift.
Die Zeit tröpfelte.
Kurz vor acht Uhr läutete es an der Tür. Ich öffnete. Vor mir stand mein Mann, dünne, verschorfte Striemen von der Rose auf den Wangen, Ringe unter den Augen, die Haut fahl.
Er sah mich erstaunt an, wollte gerade zu einer Frage ansetzen, als ich ihn am Ärmel seines Mantels ins Haus zog - und ausrastete.
Kaum hatte er die Eingangstür hinter sich geschlossen, legte ich eine filmreife Szene hin.
»Du Arschloch, du idiotisches Arschloch! Wie kannst du es wagen, dich gleich von zwei Frauen abholen zu lassen? Bist du noch ganz klar im Kopf?«
Glauben Sie mir, ich hatte mir das erste Treffen mit meinem Mann anders vorgestellt. Ich wollte nicht ausrasten. Es geschah von allein und ich konnte nichts, aber auch gar nichts dagegen unternehmen. Der Bauch befahl den Generalangriff und das Gehirn gehorchte. Übertölpelt von so viel unkontrolliertem Gefühl fiel es in Lethargie.
Martin wandte sich der Garderobe zu, um seinen dunkelblauen Mantel aufzuhängen, als ich auf ihn zuschoss und begann, ihn mit den Fäusten zu bearbeiten.
» Claire, ich bitte dich, komm zu dir«, wehrte er meine Hände ab, derweil sein Mantel zu Boden glitt. »Was soll der Aufstand? Lass das. Bitte hör auf und rede mit mir.«
»Ich will aber nicht reden! Hörst du? Ich will, dass du verschwindest!« Natürlich wollte ich das nicht. Aber ich schrie es in maßloser Enttäuschung und Speicheltröpfchen trafen sein Gesicht. Er ignorierte sie und versuchte neuerlich, meine Hände zu packen.
Des Gezerres überdrüssig, ließ ich von ihm ab, hob mit meiner Schuhspitze den Mantel an und kickte ihn nach vorn. Er schleifte einen halben Meter über den Fußboden.
» Claire, jetzt lass das und hör auf. Was ist denn mit dir los, um Gottes willen? Und was kann der Mantel dafür?«
»Nichts kann er dafür.« Ich musterte Martin und sprang mit einem weit ausholenden Satz auf den Mantel, den er sich vor vier Monaten in Mailand gekauft hatte. Er trug ihn stolz wie andere eine Jagdtrophäe. Nicht mehr lange, dachte ich, während meine Schuhsohle einen der feinen Hornknöpfe erwischte und ihn mit mahlender Bewegung zerbrach.
Martin bückte sich, ergriff den linken Ärmel und zerrte an ihm, um den Mantel unter meinem Schuh hervorzuziehen. Das hätte er bleiben lassen sollen. Blitzartig schoss mein Fuß auf die Schulterpartie. Martin riss weiter am Ärmel. Nicht mein Problem. Die linke Schulternaht platzte auf. Ich grinste schadenfroh, verlor das Gleichgewicht und fiel hintenüber.
Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort.
Ich knallte auf den Fußboden. Mitten auf das Steißbein. Innerhalb kürzester Frist schon zum zweiten Mal Scheiße. Gute Erziehung hin oder her. Was einmal Scheiße war, blieb Scheiße, beschönigende Umschreibungen nutzten da gar nichts.
Unter meinem eben noch schadenfrohen Grinsen kroch hilfloser Schmerz hervor. Tränen schossen mir in die Augen.
Mein Mann starrte auf den eingerissenen Ärmel und ließ mich sitzen, wo ich saß.
»Sag mal, spinnst du jetzt völlig? Was soll der Mist?«
»Was der Mist soll? Was soll dein Mist mit Laura und dieser ... dieser ... Sarah Baerenbaum?« Schleim kämpfte sich zu den Nasenlöchern vor. Ungeniert zog ich hoch.
Mein Mann starrte auf mich herunter. »Was soll das, Claire? Laura ist meine Sekretärin und ...«
»Und. weshalb hat Laura dich auf dem Flughafen geschlagen?«, unterbrach ich ihn.
Martin griff instinktiv nach den Striemen auf seiner Wange .
»Woher weißt du das?« Eine dieser saudämlichen Fragen, die nur ein Mann stellen kann, durchschoss es mich.
»Spielt das eine Rolle? Das ist doch völlig egal.«
»Das sehe ich anders. Hat sie dich angerufen?«
»Nein, ich war auf dem Flughafen.«
Martin biss sich auf die Unterlippe. »Ich dachte, du stecktest in einem Stau ...«
»Ja, dachte ich auch. Aber der dauerte eben doch nicht so lange.«
»Es tut mir Leid. Ich hätte ...« Der Satz blieb in der Luft hängen.
»Was hättest du? Mir sagen sollen, dass du ein Verhältnis mit deiner Sekretärin und eines mit Sarah Baerenbaum hast, die zumal meine Klientin ist?«
»Wieso deine Klientin? Das ist doch absurd.« Martin schüttelte den Kopf.
»Mag sein. Trotzdem kommt die seit ungefähr zwei Monaten regelmäßig zu mir.«
»Das hab ich nicht gewusst. Wirklich nicht. Außerdem ist Sarah nicht meine Geliebte.«
»Und was ist sie dann?«
»Eine gute Freundin, mehr nicht.«
»Wer soll dir
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