Mein Monat mit dem Millionär
hier.“
Einen Moment lang nahm er an, sie würde die Mitleidsnummer spielen, aber dann sah er den Ausdruck von Hoffnungslosigkeit in ihrem Gesicht und wusste, dass sie tatsächlich erwartete, dass er sie rausschmiss.
Ich sollte es tun, dachte er. Aber andererseits hätte er dann nicht mehr die Gelegenheit, sie zu bestrafen. „Wer soll denn dann meinen Kaffee kochen?“
„Heißt das, ich bekomme eine zweite Chance?“
„Ja, aber wenn das noch einmal vorkommt, fliegst du.“
„Ich verspreche dir, dass ich nicht mehr verschlafen werde.“ Sie schaute hinüber zur Kommode. „Meine Uniform …“
„Zuerst den Kaffee.“
„Und dein Frühstück?“
„Keine Zeit. Mein Chauffeur kommt in genau fünfundzwanzig Minuten.“
„Es tut mir leid.“ Hastig zwängte sie sich an ihm vorbei und eilte in die Küche.
Emilio ging in sein Arbeitszimmer und packte seine Unterlagen in den Aktenkoffer. Dann kam er zurück in die Küche und fand tatsächlich frischen Kaffee vor. Da Isabelle nicht da war, goss er sich selbst eine Tasse ein. Als er daran nippte, stellte er überrascht fest, dass der Kaffee schmeckte. Vielleicht war er ein wenig stärker als ihn Mrs Medina, seine Haushälterin, normalerweise zubereitete, aber er war absolut trinkbar.
Kurz darauf tauchte Isabelle wieder auf. Sie trug jetzt ihre Uniform, die wie ein Sack an ihr aussah.
„Die ist zu groß“, bemerkte Emilio.
Sie zuckte die Achseln. „Geht schon.“
Es handelte sich um die alte Uniform einer ehemaligen Angestellten, und Emilio hatte nicht angenommen, dass sie Isabelle passen würde. „Du brauchst eine neue.“
„Es ist doch nur für einen Monat. Dafür ist sie gut genug.“
„Sie ist absolut nicht gut genug. Du siehst lächerlich aus. Was für eine Kleidergröße hast du? Ich lasse dir eine andere schicken.“
Sie antwortete nicht.
„Sag schon, oder muss ich raten?“
„Ich bin mir nicht ganz sicher, weil ich in letzter Zeit abgenommen habe.“
„Dann sag mir, was du wiegst und wie groß du bist. Im Laden werden sie wissen, was dir passt.“
„Ein Meter achtundsechzig.“
„Und?“
Sie schaute zu Boden.
„Was wiegst du, Isabelle?“
Er bekam nur ein Achselzucken als Antwort.
„Du weißt nicht, was du wiegst?“
„Ich habe mich lange nicht gewogen.“
Seufzend wies er zur Tür. „Komm mit in den Fitnessraum, dort befindet sich eine Waage.“
Zögernd folgte sie ihm, und ebenso zögernd stieg sie auf das elektronische Gerät. Dabei vermied sie es, auf die Anzeige zu schauen.
„Bei deiner Größe müsstest du mindestens fünfzehn Pfund mehr wiegen.“
Sie warf nun doch einen erschrockenen Blick auf die Digitalziffern.
„Darf ich davon ausgehen, dass dein Gewichtsverlust nicht beabsichtigt war?“, fragte er.
Sie nickte.
„Bist du etwa krank?“
„Es waren anstrengende Wochen“, bekannte sie.
„Kein Grund, deine Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Während du bei mir wohnst, wirst du drei Mahlzeiten pro Tag essen, und ich befehle dir, dich jeden Tag zu wiegen, bis du mindestens fünf Kilo zugenommen hast.“
Erstaunt sah Isabelle zu ihm auf.
„Hast du damit ein Problem?“, wollte er wissen.
Sekundenlang schien sie gewillt zu sein, mit ihm einen Streit anzufangen, doch dann schüttelte sie nur stumm den Kopf.
„Gut.“ Er schaute auf seine Armbanduhr. „Ich muss los. Um halb sieben bin ich wieder zu Hause und erwarte, dass ich um sieben Uhr etwas zu essen bekomme.“
„Ja, Sir.“
Er hatte das Gefühl, dass ihre Höflichkeit nur gespielt war, aber er ging nicht darauf ein. Was ihr Untergewicht betraf – es konnte nützlich sein, mehr darüber herauszufinden, wie es dazu gekommen war. Er hatte einmal geglaubt, Isabelle durch und durch zu kennen, doch jetzt wurde ihm langsam klar, dass es eine Menge gab, was er nicht über sie wusste.
Obwohl Isabelle nicht wusste, wie viel Lohn ihr Vater für die Dienste von Emilios Mutter gezahlt hatte, war sie jetzt sicher, dass es zu wenig gewesen war. Nie hätte sie gedacht, dass es so anstrengend sein könnte, einen Haushalt in Ordnung zu bringen. Das Staubwischen allein hatte fast drei Stunden gedauert, und die nächsten zweieinhalb Stunden waren dafür draufgegangen, die Fenster und Spiegel im ersten Stock zu putzen. All diese Aufgaben erforderten mehr Bück- und Streckbewegungen als alle Yogastunden, die sie je genommen hatte. Außerdem war sie so oft die Treppen herauf- und heruntergelaufen, dass sich ihre Beine anfühlten wie aus Gummi.
Schlimmer
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