Mein Monat mit dem Millionär
jedoch als die körperliche Anstrengung war das Gefühl von Unzulänglichkeit, das sie beschlich, sobald sie mit irgendetwas anfing. Es hatte sie zehn Minuten gekostet, um herauszufinden, wo man den Staubsauger anschalten musste, und dann hatte sie den falschen Aufsatz benutzt und ein paar Fransen von einem Teppich abgerissen. Jetzt konnte sie nur hoffen, dass Emilio es nicht bemerkte, und zusehen, dass sie jemanden fand, der den Teppich reparieren konnte. Und zwar schleunigst.
Das größte Dilemma bestand allerdings darin, im Schrank mit den Putzmitteln das passende für die jeweilige Aufgabe zu finden. Es war unglaublich, wie viele verschiedene Reinigungsmittel es gab. Eine Stunde hatte sie damit verbracht, die Etiketten zu studieren, und mittlerweile hinkte sie ihrem Zeitplan weit hinterher.
Um halb vier Uhr hatte ein Bote ihre neuen Uniformen gebracht. Es gab vier Stück in zwei verschiedenen Größen – offenbar erwartete Emilio, dass Isabelle bald an Gewicht zulegte. Die kleinere Größe passte perfekt und sah gar nicht mal so übel aus, vor allem verglichen mit den schäbigen Klamotten, die sie zurzeit trug. Schade nur, dass die tolle Uniform nicht dazu beitrug, ihre Fähigkeiten in puncto Hausarbeit zu verbessern.
Als sie Emilio pünktlich um halb sieben zur Tür hereinkommen hörte, hatte sie mit den Gästezimmern im ersten Stock noch nicht einmal begonnen. Isabelle wappnete sich gegen die zynischen Bemerkungen, die sie vonseiten Emilios erwartete. Er kam in die Küche, und ihr Herz klopfte bis zum Hals. Ob dies an ihrer Furcht lag oder daran, dass er ein wenig müde und zerzaust und damit irgendwie ziemlich sexy aussah, hätte sie nicht sagen können.
„Wie war dein Tag?“, fragte sie.
„Lang und unproduktiv“, antwortete er und lockerte seine Krawatte. „Und wie war deiner?“
Überrascht stammelte sie: „Gut … ganz gut.“
„Immerhin ist das Haus nicht abgebrannt. Das ist vielversprechend.“
Okay, das hörte sich schon mehr nach Emilio an.
„Ich werde mich jetzt umziehen“, kündigte er an. „Kann ich davon ausgehen, dass mein Dinner pünktlich fertig ist?“
„Natürlich.“ Jedenfalls hoffte sie das. Weil sie ewig gebraucht hatte, um die Hähnchenkeulen zuzubereiten, hatte sie die Backofentemperatur um hundert Grad erhöht, damit sie schneller gar wurden.
Emilio nickte und verließ die Küche. Sie hörte seine Schritte auf der Treppe und hoffte, dass er die abgerissenen Teppichfransen übersah. Eine Minute verging, und sie wiegte sich schon in Sicherheit, als es aus dem Flur herüberschallte: „Isabelle!“
Pech gehabt.
Sie folgte Emilio und traf ihn auf dem obersten Treppenabsatz, seinen Blick auf den Teppich geheftet.
„Hast du mir etwas mitzuteilen?“, fragte er.
„Der Staubsauger hat die Fransen gefressen.“
„Gefressen?“
„Ich hatte den falschen Aufsatz benutzt. Es war meine Schuld.“
„Und warum hast du es mir nicht gleich erzählt, als ich nach Hause kam?“
„Weil ich es vielleicht vergessen hatte?“
„Soll das eine Frage sein?“
Sie holte tief Luft. „Na gut. Ich hatte gehofft, dass du es nicht bemerken würdest.“
„Ich bemerke alles.“
Offensichtlich. „Ich werde für den Schaden aufkommen.“
„Wie denn?“
Gute Frage. „Mir fällt schon etwas ein.“
„Hast du vielleicht noch etwas vergessen zu erwähnen?“
Sie schüttelte den Kopf und verschwieg die Plastikdose, die sie in der Mikrowelle geschmolzen hatte.
Emilio musterte sie einen Moment schweigend. „Das ist schon besser“, meinte er anerkennend.
„Was ist besser?“
„Die Uniform. Sie passt.“
War das vielleicht eine Art Kompliment, auch wenn es sehr nüchtern klang?
„Was hast du heute gegessen?“, wollte er wissen.
„Zwei Mahlzeiten.“ Zum Frühstück hatte es Spiegeleier und Toast mit Marmelade gegeben, und zu Mittag hatte sie sich eine Dose Krebssuppe gegönnt. Wundervoll.
Er schaute auf den Teppich. „Der muss repariert werden.“
„Ich kümmere mich gleich morgen früh darum.“
„Sag mir, was es kostet, dann gebe ich dir einen Scheck.“
„Ich zahle es dir so schnell wie möglich zurück.“
„Davon gehe ich aus.“ Er drehte sich auf dem Absatz um, ging in sein Schlafzimmer und schloss die Tür.
Isabelle atmete tief durch. So schlimm war es gar nicht gewesen. Wenn sie Glück hatte, wurde das Abendessen ein voller Erfolg, sodass Emilio den blöden Teppich vergaß. Obwohl er bestimmt aus Prinzip an allem herummeckern würde.
Das Dinner
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