Mein Monat mit dem Millionär
Besseres.
„Sag mal, wie heißt diese Dame, für die du arbeitest?“, erkundigte sich Mrs Winthrop.
Hm. Isabelle suchte krampfhaft nach einem Namen. „Mrs … Smith“, log sie dann halbherzig.
„Und wo wohnt diese Mrs Smith?“
„Nicht weit von unserem alten Zuhause entfernt.“
Mrs Winthrop runzelte die Stirn. „Der Name ist mir unbekannt. Ich dachte, ich kenne alle Leute in der Nachbarschaft.“
„Sie ist sehr nett. Du würdest sie bestimmt mögen.“
„Ich möchte sie kennenlernen. Vielleicht könnte ich mal vorbeikommen?“
Bloß nicht, dachte Isabelle. Wie kam sie aus dieser Sackgasse jetzt wieder raus?
„Ich spreche mit den Kindern. Wenn sie nichts dagegen haben, kannst du mich gern besuchen.“ Jetzt musste sie ihre Mutter einen ganzen Monat lang hinhalten.
„Hast du von dem Unfall bei Western Oil gehört?“, fragte ihre Mutter, und Isabelles Atem stockte. Hatte ihre Mutter etwa einen Verdacht? Wieso sprach sie plötzlich von Emilios Firma?
„Nein“, log sie. „Ich schaue zurzeit kein Fernsehen.“
„In den Nachrichten kam ein Beitrag von einer Pressekonferenz mit Emilio und seinen Geschäftspartnern. Er sieht gut aus. Anscheinend hat er Karriere gemacht.“
„Kann gut sein.“
„Vielleicht solltest du mal mit ihm reden?“
„Warum?“
„Er könnte bei seinem Bruder, dem Staatsanwalt, ein gutes Wort für dich einlegen.“
„Das kannst du vergessen. Außerdem will ich es nicht. Ich muss ins Gefängnis, da führt kein Weg dran vorbei.“
„Das kannst du nicht wissen.“
„Doch, das weiß ich.“
Ihre Mutter schüttelte den Kopf. „Lenny hätte das niemals zugelassen. Er mag ein Betrüger gewesen sein, aber er hat dich geliebt.“
„Lenny ist tot.“
„Trotzdem glaube ich, dass noch nicht aller Tage Abend ist. Irgendetwas kommt da noch. Neue Beweise werden auftauchen, und alles wird wieder gut.“
Ihre Mutter sah so traurig aus, dass Isabelle in Versuchung geriet, ihr doch noch die Wahrheit zu sagen, damit sie sich wenigstens um ihre eigene Zukunft keine Sorgen mehr zu machen brauchte. Doch sie hatte Emilio versprochen, zu schweigen.
Sie schaute auf ihre Armbanduhr. „Ich muss zurück an die Arbeit.“
„Natürlich. Danke für die Lebensmittel. Das war doch nicht nötig.“
„Da ich zurzeit keine Ausgaben für Lebenshaltung habe, kann ich es mir leisten. Du hast doch gerade selbst gesagt, dass ich gerne anderen Menschen helfe.“
Ihre Mutter brachte sie zur Tür.
„Hübsches Auto“, bemerkte sie und wies auf den schwarzen Saab, der vor dem Eingang parkte.
Das stimmte. Der Wagen unterschied sich stark von den rostigen Autos, die daneben parkten. „Ich besuche dich bald wieder.“
Adriana umarmte sie fest. „Ich bin so stolz auf dich, Sweetheart.“
Die Schuldgefühle drohten Isabelle zu übermannen, doch sie sagte nur: „Danke, Mom.“
Als sie davonfuhr, sah sie ihre Mutter im Rückspiegel winken und wurde traurig. Sie hatten jetzt nur noch einander, und wenn Isabelle ins Gefängnis wanderte, war ihre Mutter ganz allein. Niemand konnte das verhindern, denn es sah nicht so aus, als wolle Emilio ihr helfen. Und selbst ihr Anwalt ging davon aus, dass die Beweislage erdrückend war.
Doch sie durfte sich nicht hängen lassen. Schließlich hatte sie einen Job. Der Haushalt machte sich nicht von allein. Allerdings gab es Fortschritte. In den vergangenen Tagen hatte sich Emilio kein einziges Mal über das Essen beschwert. Dafür fand er sonst an allem etwas auszusetzen, anscheinend war er Perfektionist. Alles hatte seinen festen Platz. Gestern hatte er sogar beklagt, dass sie die Milch auf die Ablage und nicht in das Fach in der Tür des Kühlschranks gestellt hatte. Mittlerweile war sie kühn genug, ab und zu etwas absichtlich zu verrücken, nur um Emilio zu ärgern.
Die Hausarbeit wurde schnell zur Routine, das hatte sie schon gemerkt. Die Tätigkeiten wiederholten sich, und sie gingen ihr jeden Tag flinker von der Hand. Es musste gestern gewesen sein, da hatte sie sogar Zeit für eine Pause und eine Tasse Tee gefunden. Einfach mal die Füße hochlegen und Zeitung lesen, zwanzig Minuten lang. Himmlisch.
Fast erschien ihr das Ganze mittlerweile zu einfach, und sie wurde misstrauisch. Was hatte Emilio noch geplant?
Emilio stand neben dem Fenster in Adams Büro und hörte den Gesprächen seiner Kollegen zu. Es ging um die Bewertung des Unfalls durch die Kontrollorganisation OSHA. Anscheinend würde es eine Anzeige wegen Fahrlässigkeit geben. Die
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