Mein Monat mit dem Millionär
Polizei war ihrer Erfahrung nach nie sonderlich hilfreich. Außerdem hatte sie selber genug Probleme, da musste sie sich nicht auch noch in Estefans Angelegenheiten einmischen.
„Sieht so aus, als liefe es mit Emilio nicht ganz so, wie Sie sich das vorgestellt haben“, bemerkte er.
Was hatte Emilio ihm erzählt? Oder hatte sich Estefan selber etwas zusammengereimt?
„Mit vierunddreißig noch Jungfrau.“ Estefan lachte leise und schüttelte den Kopf. „War Ihr Ehemann impotent, oder hat er sich bei Ihrer unterkühlten Art einen Schnupfen eingefangen?“
Die Situation war ihr unendlich peinlich, doch gleichzeitig brannten ihre Wangen vor Wut. Wie kam Emilio dazu, seinem Bruder gegenüber diese intimen Dinge auszuplaudern? Was für eine Unverschämtheit!
Erneut schenkte Estefan ihr sein zweideutiges Grinsen. „Wenn Sie es so nötig hatten, dann wäre es doch einfacher gewesen, zu mir zu kommen. Ich habe mehr Stehvermögen als mein Bruder.“
„Niemals, und wenn Sie der einzige Mann auf der Welt wären.“
Seine Miene verdüsterte sich. „Das werden wir ja noch sehen“, erwiderte er und ging.
Was er damit meinte, wusste sie nicht genau, aber sie spürte, dass es eine Drohung war.
Morgen war Thanksgiving, und Estefan würde das Haus verlassen. Bis dahin musste sie sich vorsehen.
Es sah nicht so aus, als würde Thanksgiving für Emilio ein schöner Tag.
Er hatte geduscht und wollte ein Hemd anziehen, das Isabelle gerade für ihn gebügelt hatte, als er bemerkte, dass es am Ärmel versengt war. „Dieses Seidenhemd hat dreihundert Dollar gekostet, Isabelle.“
„Tut mir leid“, sagte sie leichthin.
„Ich wollte es gebügelt haben, und nicht geröstet! Für so einen feinen Stoff muss man niedrige Temperaturen auswählen.“
„Ich hatte nicht bemerkt, dass das Bügeleisen so heiß war. Wenn du willst, ersetze ich das Hemd.“
„Nachdem du für den Teppich bezahlt hast? Und für die Auflaufform, die du zerbrochen hast? Und für die weiße Wäsche, die du rosa eingefärbt hast? Ganz abgesehen davon, dass die Ausgaben für Nahrungsmittel immens gestiegen sind, seit du hier bist.“
„Vielleicht könnte ich noch ein oder zwei Wochen mehr arbeiten, bis alles abbezahlt ist?“
Bloß nicht, dachte er. Je schneller er sie loswurde, desto besser. Er konnte den Tag kaum erwarten, an dem seine Haushälterin wiederkommen würde. Resigniert knüllte er das Seidenhemd zusammen und warf es in den Abfalleimer. „Halte dich in Zukunft von dem Bügeleisen fern, das ist für alle Beteiligten besser so.“
Sie nickte.
Als er ein frisches Hemd und eine Hose aus dem Kleiderschrank geholt hatte und gerade das Handtuch fallen lassen wollte, das er um die Hüften geschlungen hatte, sah er, dass Isabelle immer noch dastand.
Er zog eine Augenbraue hoch. „Willst du mir beim Anziehen zugucken?“
„Mir war nicht ganz klar, ob du fertig bist.“
„Womit?“
„Damit, mich anzuschreien.“
„Ich habe dich nicht angeschrien.“
„Na gut, dann eben damit, mich fertigzumachen.“
„Wenn ich dich fertigmachen wollte, würde ich ganz andere Dinge tun.“
„Wie wär’s dann mit maßregeln?“, fuhr sie erhitzt fort. „Oder mit einschüchtern?“
„Du übertreibst. Ich habe ruhig und sachlich mit dir geredet.“
„Wenn du meinst.“
Emilio wunderte sich über ihre plötzliche Widerborstigkeit. Wenn hier einer das Recht hatte, sauer zu sein, dann doch wohl er?
„Ist sonst noch was?“, fragte Isabelle.
„Richte meinem Bruder aus, er soll in zwanzig Minuten fertig sein.“
Sie salutierte und marschierte nach draußen.
Was ist denn mit der los? dachte Emilio. Vielleicht ist sie wütend, weil ich rausgekriegt habe, dass ihre Ehe ein Schwindel war und sie Betts nur wegen des Geldes geheiratet hat. Dann geschieht es ihr recht.
Er kleidete sich an, streifte eine Kaschmirjacke über und nahm seine Geldbörse. Estefan erwartete ihn in der Eingangshalle. Er trug Jeans, dazu ein halb offenes Hemd und eine dicke, glänzende Goldkette. Völlig unpassend sowohl für ein Familienfest als auch für einen Feiertag, doch Emilio gab keinen Kommentar ab. Immerhin bemühte sich Estefan redlich. Seit einer Woche konnte er nicht über ihn klagen.
„Können wir?“, fragte er.
„Lässt du mich den Ferrari fahren?“, fragte Estefan.
„Kommt nicht infrage.“
Mit grimmiger Miene folgte Estefan ihm in die Garage. Als Emilio einsteigen wollte, blieb sein Blick an dem daneben parkenden Saab hängen. „Was zum Teufel
Weitere Kostenlose Bücher