Mein Mutiger Engel
essen? Nein? Aber einen Krug Limonade werde ich dir bringen."
"Wein."
"Limonade." Bei der Tür drehte sie sich um, die Hand auf der Klinke. "Wir haben keinen Wein im Haus."
"Schwindlerin", bemerkte er liebenswürdig.
"Ach, na schön. Aber er wird dir überhaupt nicht guttun."
Katherine schloss die Tür hinter sich und ging die Treppe hinunter. Ihr war durchaus bewusst, dass sie in dieser Auseinandersetzung den Kürzeren gezogen hatte. Nick wusste nun über ihr Abenteuer in Hertfordshire Bescheid, trotz ihres festen Vorsatzes, ihm gewisse Einzelheiten zu verschweigen. Er hatte sie geküsst, bis sie sich beinahe vergaß und jeden Sinn für Würde und Anstand verlor. Und darüber hinaus weigerte er sich, ihre Ehe für ungültig erklären zu lassen.
Unten in der Eingangshalle traf sie auf Arthur, der gerade mit einer hübschen französischen Uhr und einem Schmuckkästchen vom Pfandhaus zurückkehrte.
"Vielen Dank", sagte Katherine von ganzem Herzen, während sie über die kunstvoll verzierte vergoldete Oberfläche der Uhr strich. "Wie viel schulde ich dir?"
"Ach, das eilt doch nicht", meinte Arthur verlegen. "Wie gesagt, ich wollte Philip das Geld ohnehin leihen."
"Aber ich will es nicht von dir borgen", entgegnete Katherine in recht schroffem Ton. "Bitte nenn mir den Betrag."
Widerstrebend gab Arthur nach. "Hundertzwanzig Pfund."
"Mehr nicht? Also wirklich, ich hätte Philip für klug genug gehalten, einen besseren Preis auszuhandeln." Einerseits ärgerte sich Katherine über Philips geschäftliche Untüchtigkeit, andererseits war sie erleichtert, denn sie besaß durch den Verkauf des Kolliers noch genug Geld, um Arthur die Summe zurückzuerstatten.
Nach einer schlaflosen Nacht und einem einsamen Frühstück machte sich eine ziemlich niedergeschlagene Katherine daran, das wahre Ausmaß ihrer Geldnöte zu ermitteln. Mit ihren eigenen, sorgfältig geführten Wirtschaftsbüchern bewaffnet, begab sie sich in Philips Arbeitszimmer.
Die letzte Forderung des Geldverleihers entdeckte sie ohne Schwierigkeiten. Wesentlich länger dauerte es, bis sie alle anderen Rechnungen, Mahnbriefe und Schuldscheine zusammengesucht hatte.
Als sie gerade einen Strich unter eine lange Zahlenreihe zog, ging hinter ihr die Tür auf. "Hier bist du also", hörte sie Nick sagen.
Katherine stand auf und betrachtete ihn besorgt. Er wirkte erholt, zumindest hatte sein Gesicht wieder eine gesunde Farbe. Unter den Manschetten der Jacke, die er von John geborgt hatte, schauten die Ränder seiner Verbände hervor, und um den Hals trug er sein gepunktetes Halstuch.
"Hältst du es für richtig, heute schon aufzustehen?"
"Ich habe geschlafen wie ein – beinahe hätte ich gesagt: wie ein Toter –, wie ein Murmeltier. Im Gegensatz zu dir, wie mir scheint." Mit einem einzigen langen Schritt trat er vor sie hin und fuhr mit dem Daumen sanft unter ihren Augen entlang. "Du siehst müde aus."
"Nach all der Aufregung von gestern fand ich einfach keinen Schlaf", gab Katherine zurück, der bei seiner zarten Berührung ein Prickeln über den Rücken fuhr.
"Und womit beschäftigst du dich gerade?" Nick griff nach dem Blatt, auf dem Philips Schulden aufgelistet waren. Nachdem er die Zahlen überflogen hatte, stieß er einen leisen Pfiff aus. "Dein Bruder?"
"Ja." Katherine atmete tief durch. "Um diese Posten soll er sich nach seiner Rückkehr selbst kümmern, falls er denn zurückkehrt. Wenn ich meine eigenen Rechnungen bezahle, bleiben uns noch etwa dreißig Pfund. Davon können wir eine Zeit lang leben, aber was den eigentlichen Schuldenberg betrifft, wird es uns nicht weiterhelfen."
"Wir müssen die Stadt verlassen." Nick trat vor den Kamin und legte die Hände auf den Sims, allem Anschein nach ganz in den Anblick der Asche versunken.
"Wohin können wir denn gehen?"
"Nach Hause", sagte er schlicht. "Ich werde meine Braut heimführen." Als er sich wieder umdrehte, bemerkte Katherine den bitteren, enttäuschten Ausdruck in seinen Augen.
"Du willst in Wirklichkeit nicht nach Hause", stellte sie fest.
Nick zuckte die Achseln. "Nein, aber es ist an der Zeit, dass ich mich mit meiner Familie aussöhne."
"Deiner Familie?"
"Mit meinem Vater und meinem Bruder, wobei ich manchmal glaube, dass Robert mir nahezu alles verzeihen würde."
"Wo leben sie?"
"In Northumberland."
Katherine sah ihn mit großen Augen an. Northumberland! Das lag ja hoch im Norden, an der Grenze zu Schottland! "Was werden sie zu unserer Ehe, die keine richtige Ehe ist, und zu
Weitere Kostenlose Bücher