Mein Mutiger Engel
ich. Verflucht, beide Pistolen liegen bei John auf dem Kutschbock! Hoffentlich sind er und Jenny vernünftig genug, keinen Widerstand zu leisten. Wir müssen gute Miene zum bösen Spiel machen und unser Geld hergeben", begann er, doch plötzlich trat ein Lächeln auf sein Gesicht. "Nein, vielleicht doch nicht. Zieh deine Pelisse aus, Katherine … Gut, und jetzt auch noch dein Schultertuch, und schiebe deinen Ausschnitt etwas nach unten."
"Wie bitte?"
"Nein, noch weiter. So." Seine warmen Finger legten einen schockierend großen Teil ihres Busens frei. "Weg mit deinem Hut, er wirkt viel zu ehrbar. Lass dein Haar herunter. Gut, und jetzt folge meinem Beispiel."
Er stieß die Tür auf und sprang hinaus, dann hob er Katherine schwungvoll aus der Kutsche, ohne sich von den bedrohlich auf sie gerichteten Waffen aus der Ruhe bringen zu lassen. Einer der Männer kam auf sie zu, während der andere John und Jenny mit vorgehaltener Pistole an den Straßenrand trieb.
"Hallo!", rief Nick mit einem Lächeln. "Das nenne ich einen Überfall, was, Katy?"
"Lassen Sie die Mätzchen, und rücken Sie die Moneten heraus!", herrschte ihn der erste Wegelagerer an.
"Aber, aber … So behandelt man kein Mitglied der eigenen Zunft."
Der Mann stutzte. "Was soll das heißen? Ich kenne Sie nicht!"
"Noch nie von Black Jack Standon gehört?"
Vor Schreck stockte Katherine der Atem. Bildete er sich etwa ein, dass er damit durchkommen würde?
"Doch. Den kennt ja jeder. Er soll in Newgate lebend vom Galgen geschnitten worden sein. Wieso … Na, da soll mich doch der Teufel …!"
Nick zerrte an seinem Halstuch und öffnete seinen Hemdkragen. Wenn auch die Schwellung an seinem Hals zurückgegangen war, verfehlte der dunkelrote Bluterguss seine Wirkung nicht.
"Black Jack! Wie bist du davongekommen?"
"Dank meiner schlauen kleinen Katy hier." Nick legte den Arm um Katherines Schultern. "Sie hat den Pfarrer gefunden, der vor Gericht gegen mich ausgesagt hatte, und ihm eine unvergessliche Nacht beschert, nicht wahr, mein Schatz?"
Notgedrungen brachte Katherine ein keckes Lächeln zustande.
"Ach – und schon wurde er weich und nahm seine Aussage zurück?", höhnte der Größere der beiden Wegelagerer.
"Nein", räumte Nick mit einem boshaften Grinsen ein. "Sie hat damit gedroht, in seine Kirche zu gehen und der versammelten Gemeinde, einschließlich seiner Frau, alles haarklein zu erzählen – bis hin zu dem Muttermal auf seinem Allerwertesten. Daraufhin lief er schnell wie der Wind zum Richter."
"Donnerwetter!" Der Mann warf Katherine einen anerkennenden Blick zu, der gleichzeitig unverhohlen seine Bewunderung für ihre großzügig enthüllten Reize ausdrückte. Zu ihrer Erleichterung steckten beide Wegelagerer endlich ihre Pistolen weg und schüttelten Nick die Hand. "Ein Muttermal auf dem Allerwertesten!" Der Kleinere von ihnen lachte glucksend. "Sehr erfreut, Jack Standon, ich bin stolz, deine Hand schütteln zu dürfen. Ich heiße Will Buckley, genannt Will the Fly, und das ist Long Harry Potts." An Katherine gewandt, fügte er anzüglich hinzu: "Du kannst jederzeit im White Horse nach uns fragen."
"Danke schön", gab sie zurück.
Nach ein paar weiteren Scherzen auf Kosten des unglückseligen Pfarrers stiegen die Wegelagerer auf ihre Pferde und verschwanden im Wald, der die Straße säumte.
"Jenny, John – geht es euch gut?" Den beiden schien nichts geschehen zu sein, denn sie lächelten erleichtert, während sie auf die Kutsche zukamen.
"Sie haben mir ein Loch in den Hut geschossen", murrte John. "Na ja, knapp vorbei ist auch daneben."
"Oh, Nick!", rief Katherine, wobei sie ihrem Gatten stürmisch um den Hals fiel. "Du warst wundervoll!" Erst jetzt wurde ihr bewusst, welche Ängste sie während dieses Überfalls ausgestanden hatte.
Unwillkürlich schloss Nick die aufgewühlte, dankbare junge Frau fester in seine Arme. Sein Blut geriet heftig in Wallung, bis die Welt um ihn herum versank und er nichts mehr wahrnahm außer den lieblichen Kurven, die sich an ihn drückten, dem weiblichen Duft und den bebenden, weichen Armen um seinen Nacken. Er bemerkte kaum, wie John und Jenny sich taktvoll auf den Kutschbock zurückzogen.
"Ähm … Wollen Sie nicht wieder einsteigen, Sir?"
Nick schreckte auf. "Äh, doch, doch, John." Rasch half er Katherine in die Kutsche, dann stieg er selbst ein und ließ sich auf das verschlissene Polster sinken.
Katherine nahm lachend und mit geröteten Wangen neben ihm Platz. Vermutlich ist ihre
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