Mein Mutiger Engel
ausgelassene Stimmung eher auf ihre Erleichterung zurückzuführen als auf meine Umarmung, dachte Nick bedauernd. Am liebsten wäre er mit den Fingern durch ihr aufgelöstes Haar gefahren. Ihr vor Aufregung erhitztes Antlitz bot einen reizenden Anblick, ebenso ihr halb entblößter Busen, der sich beim Lachen hob und senkte.
Er konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Er musste verrückt gewesen sein, als er ihr versprach, ihre Ehe auflösen zu lassen. Wenn er sie doch nur dazu bewegen könnte, ihre Meinung zu ändern, bevor sie sein Zuhause sah! Im Nachhinein würde sie ihm seine Täuschung sicherlich vergeben.
Anscheinend spiegelten sich seine Gedanken in seiner Miene wider, denn Katherine hörte auf zu lachen und blickte an sich herab. "Ach du meine Güte, sieh dir nur mein Kleid an!"
"Das tue ich bereits."
"Ich finde das überhaupt nicht lustig." Mit einer ausgesprochen weiblichen Geste schob sie ihren Ausschnitt hoch. "Reichst du mir bitte mein Schultertuch? Danke." Nachdem sie es sich umgelegt hatte, begann sie ihre Haarnadeln zusammenzusuchen. Großer Gott, wie anmutig sie die Arme hob, um ihr Haar hochzustecken! Wie gut diese Haltung ihre reizende Figur zur Geltung brachte! Schließlich wandte sie sich ihm zu und sah ihn erwartungsvoll an.
Nick rutschte unruhig auf seinem Sitz hin und her. Ausnahmsweise fehlten ihm, der sonst wahrlich nicht auf den Mund gefallen war, in diesem Augenblick die Worte. Wie sollte er es ihr bloß sagen? Im Geiste ging er verschiedene Möglichkeiten durch, das Gespräch zu eröffnen. Katherine, mein Zuhause ist ziemlich … Katherine, ich bin ein … Mein Vater … Katherine, dies wird dich vielleicht erstaunen …
"Wieso gehst du mir seit vier Tagen aus dem Weg?"
Katherines plötzliche Frage lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf sie zurück. "Ich gehe dir nicht aus dem Weg. Aber ich muss hin und wieder John beim Fahren ablösen."
"Kannst du dir nicht wenigstens abends die Mühe machen, mit mir zu reden?"
"Die Mühe machen? Nein, nein, das ist ein Missverständnis", beteuerte Nick. "Bitte verzeih meine Schweigsamkeit, mich beschäftigen zurzeit vielerlei Dinge … Außerdem sahst du an den vergangenen Abenden müde aus."
Noch während er dies sagte, erkannte er, dass letztere Bemerkung sie kaum besänftigen würde. In der Tat funkelte sie ihn mit wütend emporgerecktem Kinn an.
"Ich fühlte mich kein bisschen müder, als nach einer stundenlangen Fahrt in einer unbequemen Kutsche zu erwarten war! Es hätte mich auf keinen Fall daran gehindert, mich mit dir zu unterhalten. Im Gegenteil, mir liegt einiges auf dem Herzen, worüber ich gerne mit dir sprechen würde."
Nach diesem Tadel beschloss er, wenigstens einen Teil der Wahrheit zu sagen. "Ich hielt es für klüger, mich dir nicht aufzudrängen. Ich dachte, du als wohlerzogene junge Dame würdest das nicht schätzen. Willst du mir nicht sagen, was dich bedrückt?"
"Also gut!" Der wütende Blick, den sie ihm nun zuwarf, traf ihn völlig unvorbereitet. "In wenigen Tagen werde ich mittellos auf der Schwelle deines Elternhauses erscheinen. Über deine Familie weiß ich rein gar nichts – nur, dass deine Rückkehr bei allen Mitgliedern alte Wunden aufreißen wird. Du hast ohne den Segen deines Vaters eine Frau geheiratet, die er noch nicht einmal kennt. Darüber hinaus bringe ich hohe Schulden mit in die Ehe, und wenn wir uns trennen, droht deiner Familie Schande und ein öffentlicher Skandal, was deinen Vater gewiss nicht erfreuen wird!"
Hinter dem Zorn in ihren funkelnden Augen erkannte Nick deutlich die Furcht, die sie gleichzeitig empfand. Demnach richtete sich ihre Wut nicht gegen ihn, sondern gegen sich selbst, da sie diese Furcht nicht überwinden konnte.
"Außerdem habe ich keine Ahnung, wie ich mich und meine Diener ernähren soll, geschweige denn meine Schulden abzahlen." Nick setzte zum Sprechen an, doch sie schnitt ihm das Wort ab. "Ich bitte dich keineswegs um deine Hilfe. Ich will damit nur sagen, dass ich die Lage gerne mit dir erörtert hätte, um rechtzeitig eine Lösung zu finden. Dein Vater soll auf keinen Fall glauben, dass ich ihm zur Last fallen werde."
"Es ist dein gutes Recht, Hilfe von ihm anzunehmen, meinst du nicht auch?", bemerkte Nicholas sanft. "Immerhin hast du seinem Sohn das Leben gerettet."
"Aber doch nicht mit dem Hintergedanken, mich von ihm unterstützen zu lassen! Nur weil ich meine Christenpflicht erfüllt habe …"
Sie schien gar nicht zu bemerken, wie tief sie Nicholas mit
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