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Mein Mutiger Engel

Mein Mutiger Engel

Titel: Mein Mutiger Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Allen
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hatte sie nicht gerechnet!
    "Guten Morgen", sagte er freundlich, während er den beiden jungen Frauen gegenüber Platz nahm. "Hoffentlich habt ihr gut geschlafen?"
    Da er diese Frage an Jenny gerichtet hatte, antwortete diese mit einem arglosen Lächeln: "Oh ja, Sir. Kein Wunder, bei den ausgezeichneten Federbetten."
    "Ich habe nicht sonderlich gut geschlafen", bemerkte Katherine.
    Er warf ihr einen glühenden Blick zu, der sie zutiefst verwirrte. "Tatsächlich? Ich auch nicht. Vielleicht aus ähnlichen Gründen."
    Eigentlich hatte sie ihn aus der Fassung bringen wollen, doch er hatte geschickt den Spieß umgedreht. "Mit Sicherheit sogar", bestätigte sie hitzig.
    "Worauf führst du unsere Schlaflosigkeit zurück?"
    Sie brachte ein honigsüßes Lächeln zustande. "Ich bin aufgeregt, weil ich bald meine neue Familie kennenlernen werde, und dir geht es wahrscheinlich ähnlich, da du heute nach jahrelanger Abwesenheit wieder heimkehrst, Nicholas."
    Ihr Gatte machte keine Anstalten, ihr Mut zuzusprechen, was ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigte. Eine Weile lang schwiegen beide, ja, es schien Katherine, als habe Nick sich ganz in sich selbst zurückgezogen. Wie konnte sie seinen Panzer durchbrechen? Ihm stand eine schwierige Begegnung bevor, und dennoch ließ er sich nichts von seiner inneren Unruhe anmerken.
    Stolz, dachte Katherine grollend. Oder hätte ich seine Unruhe vielleicht schon an seiner leidenschaftlichen Aufwallung gestern Abend erkennen müssen?
    Kaum war ihr dieser Gedanke gekommen, da bemerkte Jenny: "Was für eine lange Mauer!"
    Katherine sah aus dem Fenster. Auf ihrer Seite der Kutsche erhob sich eine scheinbar endlose, hohe Sandsteinmauer mit in regelmäßigen Abständen aufragenden Stützpfeilern. Als sie zehn Minuten später immer noch kein Tor erblickt hatte, meinte sie: "Dieser Park muss wohl zu einem großen Anwesen gehören."
    "Ja, zum Besitz des Duke of Marlowe", ließ sich Nick vernehmen.
    "Kennst du den Herzog?" Die Antwort auf diese Frage würde ihr einen Hinweis auf den gesellschaftlichen Rang seiner eigenen Familie geben.
    Nach einer Pause erwiderte Nick ruhig: "Ich bin dem jüngeren Sohn einmal sehr nahegestanden."
    Über die nächsten zwei Meilen hinweg schwiegen sie. Die stets gleichförmige Mauer zog Katherine so sehr in ihren Bann, dass sie kaum den Blick von ihr abwenden konnte. Als der Wagen endlich seine Fahrt verlangsamte, fiel ihr auf, dass Nick plötzlich angespannt wirkte. Zu ihrer Überraschung bog John nicht nach links ab, sondern nach rechts; statt sich von der Mauer zu entfernen, fuhr er durch ein hohes Tor hindurch.
    Durch das unerwartete Wenden der Kutsche verlor Katherine das Gleichgewicht und fiel nach vorne, in Nicks Arme. Wegen dieses kurzen Zwischenfalls verstand sie die Worte nicht, die John dem Pförtner zurief, während das große Tor aufschwang und die Chaise in den Park hineinfuhr.
    Unter weit verzweigten Kastanienbäumen weidete eine Herde Damwild. Die Hirsche hoben ihre Köpfe, um die vorbeifahrende Kutsche ohne große Neugier mit ihren großen, sanften Augen zu betrachten, dann wandten sie sich wieder dem Gras zu.
    "Miss Katherine …", begann Jenny, doch ihre Herrin brachte sie mit einem unmissverständlichen Blick zum Schweigen. Daraufhin wandten sich beide junge Frauen gleichzeitig Nicholas Lydgate zu.
    Er sah sie gar nicht, sondern blickte mit undurchdringlicher Miene aus dem Fenster, wo die weite Parklandschaft an ihnen vorbeizog. In seinen weit aufgerissenen Augen glänzten ungeweinte Tränen.
    Katherine wollte ihm am liebsten die Hand auf den Arm legen, doch sie befürchtete, er könnte dann seine mühsam aufrechterhaltene Selbstbeherrschung verlieren.
    Es drängten sich ihr so viele Fragen und Theorien auf, dass sich ihre Gedanken förmlich überschlugen. Wieso besuchten sie den Sitz des Duke of … was hatte Nick doch gleich gesagt? Marlowe? War sein Vater der Verwalter des Herzogs? Oder fühlte sich Nick vielleicht verpflichtet, zuallererst dem Duke seine Aufwartung zu machen? Nein, mit Sicherheit nicht … Sie stand vor einem Rätsel, doch Nicks düsterer Blick bewog sie, zu schweigen.
    Dann erschien das Schloss vor ihren Augen, das sich auf zauberhafte, geradezu unwirkliche Weise in dem davor liegenden See spiegelte. Mit einem Schlag vergaß Katherine alle Fragen, die sie beschäftigten. "Oh, wie schön!", murmelte sie.
    Nick räusperte sich. "Ich fand immer, dass das Haus von dieser Stelle aus betrachtet eher einem Traumgebilde gleicht als

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