Mein mutiges Herz
stand als Erstgeborener unserem Vater näher als ich. In gewisser Hinsicht war das vermutlich gar nicht schlecht für mich, da ich gezwungen war, rasch erwachsen zu werden und zu lernen, Eigenverantwortung zu tragen.“
Aber Lindsey vermutete, dass ihm die Liebe seiner Mutter gefehlt hatte. Wenn sie an sein verschlossenes Wesen dachte und den Abstand, den er zu Menschen hielt, wurde ihr bewusst, dass Thor sich innerlich nach der Liebe einer Frau sehnte, die er nie erhalten hatte.
Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Noch vor Kurzem hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht, als ihm diese Liebe zu geben.
„Ich habe lange nicht an meine Mutter gedacht“, fuhr er fort. „Mein Vater sagte gelegentlich, ich hätte ihr sanftes Wesen geerbt.“
Lindsey gab seinem Vater im Stillen recht. Thor war zwar ein sehr viriler und maskuliner Mann, doch sie hatte auch seine empfindsame und fürsorgliche Seite kennengelernt. Und diese Mischung war der Grund, warum sie sich unsterblich in ihn verliebt hatte.
Sie gab sich innerlich einen Ruck. Diese Zeiten waren endgültig vorbei.
Oder etwa nicht?
Versonnen schaute Lindsey aus dem Wagenfenster. Eine streunende Katze huschte in eine Seitengasse, dann hörte sie, wie ein Abfalleimer klappernd umgeworfen wurde.
„Bring mich bitte nach Hause. Ich muss mit Lieutenant Harvey sprechen und ihm diese Neuigkeiten berichten. Außerdem fragt sich mein Vater bestimmt, wo ich so lange bleibe.“
„Ich bringe dich nach Hause, aber noch nicht gleich.“
Sie fuhr zu ihm herum. „Wieso nicht?“
„Wir müssen reden. Ich bringe dich in meine Wohnung.“
Sie dachte an ihren letzten Besuch in seiner Wohnung, an ihr stürmisches Liebesspiel und errötete. „Ich betrete deine Wohnung nicht, Thor, nicht jetzt und nicht in Zukunft. Nie wieder. Ich bitte dich höflich, mich nach Hause zu bringen.“
Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Noch nicht.“
„Ich weigere mich, Thor.“
Doch er ignorierte sie einfach.
„Lass die Kutsche augenblicklich anhalten, oder ich schreie.“ Als er keine Anstalten machte, ihrer Bitte nachzukommen, atmete sie tief und öffnete den Mund, doch bevor sie einen Laut herausbringen konnte, hob er sie mit einem Schwung auf seine Knie und erstickte ihren Schrei mit einem Kuss.
Seine Lippen waren heiß, vertraut und berauschend. Es war ein fordernder, besitzergreifender Kuss, der allmählich sanfter und zärtlich wurde, ein Kuss, der sie an die glücklichen Zeiten mit ihm denken ließ.
Er teilte ihre Lippen mit der Zunge. Sein männlicher Duft, vermischt mit einem Hauch nach Sandelholz, erfüllte ihre Sinne. Sie wollte sich gegen ihn wehren, aber die Hitze seines sehnigen Körpers war unendlich wohltuend. Während er sie an seinen harten Brustkorb presste, setzte ein süßes Prickeln in ihren Brustspitzen ein.
Thor wölbte die Hände um ihr Gesicht und küsste sie erneut, innig und heftig zugleich.
„Du hast mir gefehlt“, raunte er zwischen gehauchten Küssen an ihrem Mund. „Ohne dich kann ich nicht glücklich sein.“ Und wieder erschauerte sie unter seinem betörenden Kuss.
Lindsey konnte nicht mehr denken, konnte kaum atmen. Sie wusste, dass sie dem sinnlichen Überfall ein Ende bereiten müsste, aber ihr Körper wollte nicht gehorchen, fieberte nach ihm, lechzte danach, mit ihm zu verschmelzen, und sie erwiderte seinen Kuss mit all der Glut, die in ihr loderte. Berauschendes Verlangen durchströmte sie, und als er seine Lippen von ihr löste und ihren Hals küsste, bog sie den Kopf in den Nacken.
„Du hast mich geliebt“, flüsterte er. „Das hast du selbst gesagt. Willst du es leugnen?“Wieder nahm er ihre Lippen in Besitz, tauchte seine Zunge in ihren Mund in einem langen, trunkenen Kuss. „Willst du das leugnen?“
Seine Zunge begann, mit der ihren zu spielen.
„Leugnest du?“
„Nein, ich … habe dich geliebt.“
Seine Zunge strich über ihre bebende Unterlippe. „Du wolltest mich heiraten.“
„Ja …“
Er hob ihr Kinn, um ihr in die Augen zu schauen. „Also wirst du mich heiraten.“
Sie wollte den Kopf schütteln, aber er hielt ihr Gesicht zwischen seinen Händen gefangen und küsste sie fordernd. Als er seine Lippen von ihr löste, war sie benommen. Erst jetzt bemerkte sie, dass er die Vorhänge an den Wagenfenstern zugezogen hatte. Verschwommen nahm sie wahr, wie Thor den Kutscher anwies, weiterzufahren.
Sie leistete keinen Widerstand, als er ihr das Mieder von den Schultern streifte, wehrte sich nicht, als er
Weitere Kostenlose Bücher