Mein mutiges Herz
schneller schlagen.
„Guten Morgen“, erwiderte sie munter.
„Was führt dich hierher?“ Thor schwang sich aus dem Sattel. Saber nahm ihre Witterung auf, warf seinen edlen Kopf hoch und begrüßte sie mit einem sanften Wiehern.
Lindsey hielt ihm auf der flachen Hand ein Stück Zucker vor die Nüstern, das er genüsslich verspeiste. „Was bist du nur für ein prachtvoller Junge.“ Saber warf wieder den Kopf hoch.
Sie wandte sich an Thor. „Ich möchte mit dir reden. Gut, dass ich dich hier antreffe, bevor du zur Arbeit gehst.“
„Du hast mir gefehlt.“ Er neigte den Kopf und gab ihr einen zärtlichen Kuss. Lindsey öffnete den Mund und gewährte seiner Zunge Einlass. Thor stöhnte leise. Doch dann richtete er sich auf und straffte die Schultern. „Was hast du auf dem Herzen?“
Sie räusperte sich. „Ich habe über diese Tilly Coote nachgedacht. Heute Nachmittag gehe ich zur Polizeiwache, was ich eigentlich gestern schon vorhatte.“ Sie warf ihm einen bedeutsamen Blick zu, in Gedanken an ihr stürmisches Liebesspiel in der Kutsche, und versuchte, nicht zu erröten.
Voller Glut erwiderte er ihren Blick, was Lindsey geflissentlich übersah.
„Ich muss Constable Bertram berichten, was Tilly Coote uns über Stephen erzählte.“
„Denkst du wirklich, du kannst ihn davon überzeugen, dass Merrick ein Mörder ist?“
Lindsey senkte den Blick. „Daran zweifle ich. Bertram hat sich in den Kopf gesetzt, in Rudy den Mörder zu sehen. Solange wir keine stichhaltigen Beweise vorlegen, wird die Polizei ihn beschuldigen.“
Thor beäugte sie mit wachsendem Argwohn. „Und weshalb willst du ihnen dann überhaupt von Tilly Coote erzählen?“
„Es geht nicht wirklich um Tilly. Es geht mir vielmehr um die Tücher, die sie erwähnte. Sollte Stephen tatsächlich der Covent Garden Mörder sein, besteht die Möglichkeit, dass ein Tuch, mit dem er die Frauen erwürgt hat, irgendwo in seinem Haus zu finden ist, vielleicht auch noch andere Beweise. Wenn wir uns Zugang verschaffen, könnten wir vielleicht …“
„Nein.“
„Wir müssen sein Haus durchsuchen, Thor. Wir brauchen ein Beweisstück.“
„Selbst wenn wir Tücher finden, wie sollen wir beweisen, dass sie Merrick gehören?“
Lindsey überlegte fieberhaft. Die Polizei hatte sich bislang geweigert, irgendeinen ihrer Hinweise ernsthaft in Betracht zu ziehen. Es wäre Aufgabe der Ermittlungsbeamten, nach Beweisen zu suchen. Aber wie sollte sie die Polizei dazu bringen, das Haus des Viscounts zu durchsuchen? Und wenn sie nichts fanden, was dann?
„Du hast recht. Wir müssen noch einmal mit Simon Beale sprechen. Vielleicht hat er irgendwo Tücher gesehen. Ich könnte mir denken, dass es sich um Tücher handelt, die kein Mann tragen würde. Beale weiß vielleicht, wo Stephen so etwas aufbewahrt.“
Thor führte Saber in den dunklen Stall, und Lindsey begleitete ihn. „Auch ich habe über Beale nachgedacht und mich gefragt, ob er noch mehr weiß. Deshalb habe ich ihm gestern eine Botschaft geschickt. Die Antwort kam von Merricks Haushälterin, die schrieb, Simon Beale stehe nicht länger in Lord Merricks Diensten.“
Lindseys Augen weiteten sich vor Schreck. „Mr. Beale hat viele Jahre für Stephen gearbeitet. Wieso sollte er seine Stellung aufgeben? Ausgerechnet jetzt, da er sich darum bemüht, dass den Opfern Gerechtigkeit widerfährt?“
Ratlos schüttelte Thor den Kopf. „Ich sage es ungern, aber ich befürchte, es könnte ihm etwas zugestoßen sein. Nachdem ich die Nachricht erhielt, begab ich mich umgehend zum Haus des Viscounts. Von seiner Haushälterin Mrs. Woodruff erfuhr ich, dass Merrick sie davon unterrichtet hatte, Mr. Beale habe wegen einer dringenden Familienangelegenheit die Stadt verlassen. Der Kammerdiener habe sein Bedauern ausgedrückt, gezwungen zu sein, seinen Dienst fristlos zu kündigen.“
Lindsey war bestürzt. „Gütiger Himmel, du denkst doch nicht …, denkst du etwa, Merrick könnte ihn getötet haben?“
„Sollte der Viscount herausgefunden haben, dass sein Kammerdiener persönliche Dinge über ihn ausplauderte, weiß ich nicht, wozu er imstande wäre.“
Lindsey geriet ins Taumeln, und Thor umfing ihre Mitte, um sie zu stützen. „Dieser Mann ist gefährlich, Lindsey. Das weißt du so gut wie ich.“
Sie nickte. Aber sie wusste auch, dass es wichtiger war denn je, in sein Haus zu gelangen. Vielleicht würde Michael oder Bertram diesmal auf sie hören.
Die Zeit lief Rudy davon. Es musste etwas unternommen
Weitere Kostenlose Bücher