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Mein Name ist Afra (German Edition)

Mein Name ist Afra (German Edition)

Titel: Mein Name ist Afra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Dopfer-Werner
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grauenerregend in den Nachthimmel hinauf, blutige Fetzen von Haut und ganze Haarbüschel wirbelten mit Steinen und Zweigen durch die stauberfüllte Luft und ließen mich nicht erkennen, wie der Kampf endete. Ich schrie und schrie mit meiner tonlosen Stimme, ohne von Richlint oder den Raubtieren gehört oder gesehen zu werden, und als ich endlich aus diesem Alptraum erwachte und mich auf meinem Strohlager wiederfand, war meine Kehle trocken und rauh und meine Haut triefendnaß.
    Über diesen Traum habe ich damals mit keinem Menschen gesprochen, weder mit Leonhard noch mit Richlint oder Justina, denn ich wollte ihn so schnell wie irgend möglich wieder vergessen und nicht mehr daran erinnert werden. Aber als Leonhard einige Wochen später meinem alten Vater und uns Frauen vom Aufstand des jungen Herzogs Liudolf und seiner Anhänger gegen den König berichtete, fielen mir die miteinander bis aufs Blut kämpfenden Wölfe wieder ein, und mir erschien das Verhalten der Raubtiere im Traum ähnlich wie das der Menschen in meinem Land. Denn die Wölfe lagen friedlich vor ihrer Höhle und achteten Rang und Ordnung ihres Stammes, bis plötzlich eines der Jungen aufbegehrte und um die Führung zu kämpfen begann, und damit brach das Rudel auseinander und es herrschte Krieg.
    König Otto hatte zwar seinen Sohn Liudolf als Herzog von Schwaben eingesetzt und ihn zu seinem Erben und Nachfolger erklärt, aber auf einem Feldzug nach Italien vermählte sich der König mit der reichen Adelheid von Burgund, der Erbin des Landes, die achtzehn Jahre jünger als er war und ihm noch weitere Kinder gebären konnte. Liudolf war mit dieser Eheschließung nicht einverstanden und fürchtete um seinen Erbanspruch als legitimer Nachfolger des Königs, falls Otto weitere Söhne geboren werden sollten, und der wachsende Einfluß der neuen Stiefmutter und seines Onkels Herzog Heinrich von Bayern, dem Bruder des Königs, beunruhigte ihn schon seit geraumer Zeit. Otto hatte dem bayerischen Herzog für seine Unterstützung das langobardische Herzogtum Friaul und damit alle Wege nach Mittelitalien verliehen, und die große Macht von Heinrich war dem ehrgeizigen Liudolf ein Dorn im Auge. Offen erklärte er seinem königlichen Vater die Fehde, zusammen mit Konrad von Lothringen und dem Erzbischof von Mainz, und der bairische Pfalzgraf Arnulf mit seinem Sohn Perchtold und vielen bairischen und schwäbischen Adeligen schloß sich diesem Aufstand an. Die Königsgegner hielten die Pfalz Regnesburch besetzt und verbündeten sich sogar gegen König Otto mit den Feinden unseres Landes, den heidnischen und beutegierigen ungarischen Reiterkriegern, und dieser Aufstand spaltete das bairische und schwäbische Volk in Königstreue und Anhänger des Aufrührers Liudolf.
    Zuerst begriffen weder Richlint noch ich, was dieser Bruderkrieg mit uns schlichten Bauern in Pitengouua zu tun haben sollte, denn die Königspfalz Regnesburch lag drei Tagesritte weit von unserem Dorf entfernt, und von den Machtkämpfen unter den adeligen Familien erfuhren wir immer erst dann, wenn ein neuer Graf oder Herzog für Baiern eingesetzt worden war. Aber nachdem Utz von Haslach und Aistulf von Dornau wie so viele zweitgeborene Söhne ohne eigenen Besitz zu begeisterten Anhängern des Herzogs von Schwaben geworden waren, weil sie sich im Falle eines Sieges Reichtum, eigenes Land und große Ehre versprachen, kehrte der Unfriede auch in Pitengouua ein, und wir alle waren davon betroffen.
    Erbitterter Streit brach zwischen den Brüdern im Haslach und in der Dornau aus, und auch der Burgvogt Wichard und der Meier des Dorfes, mein Mann Leonhard, waren wie Chuonrad und Arbeo auf der Seite des Königs und verurteilten die Aufständischen aufs Schärfste.
    „Bruder gegen Bruder, Vater gegen Sohn, Onkel gegen Neffe, das wird der Untergang dieses Reiches sein!“ prophezeite uns der alte Wezilo mit düsterer Stimme, „wir einfachen Menschen müssen zur heiligen Kirche und ihren ewig gültigen Gesetzen stehen, und dem König die versprochene Treue halten, genauso wie unser ehrwürdiger Bischof!“
    Denn Udalrich von Augusburc stand entschlossen auf der Seite des Königs, er hatte seinen Bischofsstab mit dem Schwert getauscht und war mit einem großen Aufgebot an Kriegern und seinem Bruder Dietpald nach Regnesburch geritten, um den König bei der Belagerung der von den Aufständischen eingenommenen Stadt zu unterstützen.
    Vor allem die Nachricht, daß Liudolf von Schwaben mit den Ungarn gemeinsame

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