Mein Name ist Afra (German Edition)
und dann den reichen Arbeo von Dornau geheiratet hat! Sie ist es nicht gewohnt, lange Strecken zu Fuß zu gehen oder sich selber zu versorgen, und jeder Hügel war ihr zu hoch und jeder Schritt über Steine und Geröll zu anstrengend, und wenn Afra und ich am Abend in einem Bach unsere schlammbespritzten Kleider wuschen und unsere Schuhe flickten, dann saß sie klagend daneben und ließ ihre Arbeit von den Mägden verrichten. Mit der trägen Liutbirc kamen wir nur langsam vorwärts und brauchten statt der drei Tage, in denen wir nach Augusburc gelangen wollten, eine ganze Woche für diesen Weg! In der kleinen Kirche der Heiligen vor den Toren Augusburcs war sie dann wieder ganz die Herrin von Dornau, beanspruchte den Vortritt vor mir und Afra und versuchte durch frommes Gebaren und reiche Geschenke bei den Priestern und Klosterfrauen Eindruck zu machen. Nachdem wir einen ganzen Tag lang auf den Knien gebetet hatten, Liutbirc und ich für eine Empfängnis und Afra für die Gesundheit ihrer beiden Kinder, erhielten wir Wachs von den Kerzen der Grabstätte als persönliche Reliquien und machten uns wieder auf den Heimweg.“
Richlint stieß den Händler auf der Bank neben ihr scherzhaft in die Seite. „Ob du es glaubst oder nicht, Hildeger, dieser Weg zurück nach Pitengouua war noch schlimmer als der Hinweg zur Kirche! Wir hatten angenommen, daß Liutbirc durch die Gebete, die weihevolle Stimmung in der vom Licht vieler Kerzen durchfluteten kleinen Steinkirche und durch die Begegnung mit so gläubigen und frommen Frauen wie meiner Bruderfrau Kunissa demütiger und bescheidener werden würde, aber sie jammerte und klagte auf dem Rückweg noch mehr als vorher und war so langsam und behäbig im Gehen, daß wir kaum vorwärtskamen. Das Schlimmste aber waren ihre überheblichen Worte, ständig erzählte sie von ihrem starken und mutigen Gemahl Arbeo, von ihrem teuren Schmuck und der kostbaren Kleidung und von der großen Bedeutung der Dornauer Familie für den Herzog und den gesamten Gau. Zwei Tage lang hörte ich mir auf dem Rückweg ihre ununterbrochene Angeberei und die Sticheleien gegen Afra und das einfache, bäurische Leben eines Meiers an, und dann riß mein Geduldsfaden und ich sagte ihr mitten in ihr feistes Gesicht, daß Arbeo der Vater eines schönen und gesunden Knaben war und die Unlust ihres Mannes, mit ihr das Lager zu teilen, wohl der Grund für ihre bisherige Kinderlosigkeit wäre. Da war sie dann endlich still für den Rest des Weges und schaute mich nur immer wieder böse aus ihren kalten, blauen Augen an.“
Der Händler räusperte sich, nachdem Richlint geendet hatte. „Das war nicht sehr klug von dir, Richlint, die Hausfrau von Dornau und Tochter des Burgvogts von Pitengouua so gegen dich aufzubringen! Liutbirc und ihre Mutter Uoda haben Einfluß, auch bei Graf Arnulf und anderen Männern des Herzogs, und Arbeo ist sogar mit dem Königssohn Liudolf, der jetzt Herzog von Schwaben geworden ist, eng befreundet, die jungen Männer waren zusammen mit dem Bischof auf Pilgerfahrt in Rom und treffen sich häufig. Liutbirc kann dir schaden, vor allem in deiner jetzigen Lage, und du solltest diesen Fehler wieder gutmachen und sie um Verzeihung bitten!“
Richlint lachte höhnisch auf. „Falsches Geplänkel liegt mir nicht, Hildeger, und wie mir Liutbirc jetzt noch schaden kann, nachdem ich nicht mehr die Haslachbäuerin, sondern nur eine einfache freie Frau in einem kleinen Dorf bin und keine Ansprüche stelle, das kann ich mir nicht vorstellen! Sie wird damit zufrieden sein, daß Chuonrad mich verstoßen hat, und sie wird mich in Ruhe lassen und scheinheilig wie alle anderen bedauern. Wenn sie mich in der Kirche weit hinter den Bänken der Meierfamilie und der Burgleute als arme Vertriebene stehen sieht, wird ihr das genügen, und ich habe nicht den Ehrgeiz, wieder zu heiraten und Liutbirc ihre Stellung streitig zu machen.“
Die junge Frau stand auf und kletterte auf die Holzbank, um auf Zehenspitzen über den hohen Zaun zu schauen, der das ganze Dorf umgab. „Ich hab´ mir doch gedacht, daß ich etwas gehört habe! Sie kommen vom Feld zurück, Händler, und du wirst bald die Gelegenheit haben, deine Ware vor Leonhard und Afra zu zeigen und einen guten Handel zu tätigen! Du solltest dich auf den Weg zum Meierhof machen, denn die Ernte ist in diesem Jahr reichlich ausgefallen, da sind sicher noch ein paar Goldstücke übrig für süßen Wein und teure Gewürze!“
Hildeger betrachtete die nackten,
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