Mein Name ist Afra (German Edition)
Stube, und mit Genugtuung fuhr Rasso laut und deutlich fort. „Gottes allmächtige Hand beschützt die Gerechten und nicht die Sünder und Aufrührer, darum betet für eure Brüder, damit sie ihr unrechtes Handeln einsehen und bereuen und vom Bischof nicht allzu hart bestraft werden! Denn Graf Adalbert von Marchtal und Dietpald von Wittislingen kamen mit ihrer Mannschaft den im Castellum Belagerten zu Hilfe und nahmen Heremann gefangen, den Bruder des Pfalzgrafen, und Udalrich errang einen glänzenden Sieg über Graf Arnulf und kehrte mit seinen Männern und dem Leichnam seines tödlich verwundeten Freundes Adalbert von Marchtal nach Augusburc zurück. Dort hält er jetzt ein strenges Gericht über alle, die Beute aus dem Besitz der heiligen Kirche gemacht haben, und nur wer sich die Verzeihung des Bischofs erkaufen kann, kommt ungestraft davon.“
Erregte Stimmen füllten nun den ganzen Raum, alle redeten wild durcheinander und wollten von Rasso Genaueres über diesen Kampf und den Sieg der Königstreuen erfahren. Richlint und ich konnten hinter der Stalltür kaum noch ein einzelnes Wort verstehen, so sehr schrien und triumphierten die Männer, und erst nach geraumer Zeit verschaffte sich Chuonrad mit seiner herrischen Stimme Gehör. „Ich werde Utz beistehen und sein Lösegeld bezahlen, auch wenn er gefehlt und Schande über unsere Familie gebracht hat, so ist er doch mein Bruder! Bei Gott und allen Heiligen, ich bin überaus froh, daß dieser unselige Aufstand vorüber ist und wieder Einigkeit in unserem Land herrscht!“
Zustimmendes Gemurmel ertönte von den Bauern, die in Frieden ihr Land bestellen und nicht in einen Krieg ziehen wollten, und Richlint legte bei Chuonrad´s Worten ihren Arm um meine Hüften und drückte mich voller Erleichterung fest an sich. Da schepperte und polterte es plötzlich, wie wenn eine Holzbank mit Bechern und Schüsseln umgestoßen wurde, und wir zuckten voller Schreck zusammen, als wir den lauten Ruf von Wichard vernahmen.
„Hoho! Haltet ein, ihr Leute! Was hört ihr auf diesen kraftlosen Mönch, der nichts von Kampf und Sieg versteht und besser in seinem stillen Kloster beim Beten geblieben wäre, als hier die Sache seines Bischofs zu vertreten! Nichts ist vorbei, der Aufstand geht weiter, und wenn auch Mantahinga und Augusburc für den Augenblick wieder verloren sind, so ist doch die große und reiche Pfalz Regnesburch sicher in den Händen von Herzog Liudolf. Ich komme aus Altdorf mit den Befehlen unseres Grafen Roudolf, der sich wie Herzog Heinrich von Baiern und viele andere mächtige Männer nun dem Enkel von König Heinrich und wahren Erben des Reichs, Liudolf von Schwaben, angeschlossen hat und gegen die Willkür und Herrschsucht des Königs Otto und seines ehrgeizigen Weibes Adelheid kämpft. Unser Graf befiehlt, daß wir Bauern aus Pitengouua und dem ganzen Gau die Aufständischen unterstützen und ihnen Unterkunft und Verpflegung verschaffen, wenn sie durchs Land ziehen, und er selbst wird mit seiner Mannschaft an der Seite der Herzöge gegen Otto kämpfen und einen sicheren Sieg davontragen, der uns allen im Ambragau mehr Wohlstand und Recht verschaffen wird!“
Meine Freundin und ich schauten uns an, unsicher, ob wir Wichard´s Rede richtig verstanden hatten. „Gehören wir nun zu den Aufständlern?“ flüsterte Richlint in mein Ohr, „müssen wir uns jetzt auch mit den Ungarn verbünden, wie Liudolf und Graf Arnulf es getan haben?“ Ich konnte nur hilflos mit den Schultern zucken, denn ich verstand genauso wenig wie sie, was eigentlich vorging, und nach der Totenstille in der Stube draußen zu schließen, dachten auch die Männer erst einmal über die Aussage des Burgvogts nach.
Schließlich ergriff mein alter Vater Wezilo das Wort. „Wenn ich dich richtig verstanden habe, Wichard, dann verlangt Graf Roudolf also, daß wir uns gegen die Kirche stellen und unseren eigenen Bischof bekämpfen! Nie und nimmer werde ich das tun, auch wenn der Welfengraf es mir befiehlt, denn die Kirche ist heilig und steht über den irdischen Händeln der Menschen!“ Beifällige Stimmen erhoben sich in der Stube, und einige Bauern klatschten zu Wezilo´s Rede sogar anerkennend in die Hände.
Wichard aber schrie die Männer an. „Ihr Tölpel! Hört lieber auf euren Herrn, den Grafen Roudolf, als auf das dumme Gerede eines schwachen Greises und eines weltfremden Mönchs! Der Bischof von Augusburc ist nicht die heilige Kirche, sondern nur ein willfähriger Mann des Königs,
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