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Mein Name ist Afra (German Edition)

Mein Name ist Afra (German Edition)

Titel: Mein Name ist Afra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Dopfer-Werner
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der Gedanke an eine erbarmungslose Rache für sein geschlagenes Volk hielt ihn aufrecht.
    Sie hatten das Heer des Königs überraschend und unter unglaublichem Geschrei von hinten angegriffen und dabei die drei letzten Truppen fast vollständig niedergemacht, das gesamte Gepäck und den Proviant geraubt und viele Gefangene genommen, und es schien, als ob ihnen der Sieg sicher und nicht mehr weit entfernt wäre. In einem einzigen Gefecht hatten seine eigenen Leute über fünfzig Feinde getötet und darüber ein lautes Triumphgeheul angestimmt, doch dann hatte der König den Herzog von Lothringen, einen erfahrenen Kämpfer und wilden Streiter, mit einem Trupp junger und blutdürstiger Franken seinen Legionen zu Hilfe geschickt, und diese unerfahrenen, aber tapferen Krieger brachten es fertig, die Beute zurückzuholen und die Gefangenen zu befreien. Verwirrung und Panik brach nun unter den Ungarn aus, und nur die Mutigsten unter ihnen leisteten erbittert Widerstand und kämpften um ihr Leben. Trotz den  scharfen Peitschenhieben und dem aufmunternden Brüllen ihrer Anführer wichen manche Reiterkrieger mit ihren erschöpften Pferden zurück und suchten ihr Heil in der Flucht, und die Übriggebliebenen gerieten zwischen die Feinde und wurden von ihnen schonungslos niedergemetzelt.
    Nach Atem ringend ließ sich der hochgewachsene Mann auf die Erde fallen und ballte verzweifelt seine Finger zu Fäusten. Dieser Kampf und mit ihm die ganze Schlacht war verloren, das wußte er, und es galt nun, das eigene Leben zu retten, um in die Heimat zu gelangen und später grausame Rache für diese Niederlage nehmen zu können. Er dachte an die Frau, die voller Vertrauen auf ihn wartete, und an das unschuldige Kind in ihrem Bauch, und er spürte deutlich, daß nur seine Stärke und Lebenskraft diese beiden geliebten Menschen erretten konnte. Und so richtete er sich auf, mühsam und zerschlagen, und spähte zwischen dem Strauchwerk hervor, um zu sehen, wie der Kampf stand, und um einen Fluchtweg für sich ausfindig zu machen.
    Unten in der Talsenke metzelten die Männer des Königs die wenigen noch kämpfenden Ungarn gnadenlos hin, und ein breiter Strom von Flüchtenden rannte und stolperte und schwamm ans andere Ufer der Lecha, um dort Schutz und Rettung zu finden. Doch der wilde Fluß kannte kein Erbarmen mit den verzweifelten Menschen und verschlang die meisten von ihnen, wenn sie beim Hochklettern am Steilufer die Kraft verloren und in die schäumenden Fluten stürzten. Ringsum in den Dörfern des Flußtales loderten rotgelbe Flammen aus den hölzernen Scheunen und Ställen, in die wütende Bauern viele erschöpfte Ungarn samt ihren Pferden getrieben und bei lebendigem Leib verbrannt hatten, und nirgendwo schien es einen sicheren Weg aus diesem Ort der Verdammnis zu geben.
    „Steht mir bei, ihr alten Götter unseres Volkes,“ murmelte der Mann auf der Anhöhe verzweifelt, und seine scharfen Vogelaugen suchten das Tal und den Fluß und die Weiler ab, ohne einen Ausweg zu finden. In der Ferne sah er die bairischen Streiter auf gepanzerten Schlachtrössern näherkommen, bunte Fahnen und scharfe Lanzen in den Fäusten, und im flachen Tal kämpfte der fränkische Herzog inmitten seiner jungen Krieger und rückte dabei immer weiter auf die Anhöhe vor.
    Ein großer Mann mit der Kraft eines Bären war dieser rothaarige Franke, leidenschaftlich und mutig wie zehn Männer zugleich, und nachdem ein guter Freund von ihm von den ungarischen Reitern durch Pfeilschüsse getötet worden war, wütete der Franke voller Zorn wie ein reißendes Tier unter den Feinden und verschonte keinen einzigen, mochte er auch auf Knien vor ihm liegen und um sein Leben betteln. Im letzten Jahr hatte dieser einflußreiche Herrscher noch den Nomadenkriegern Freundschaft und Treue gegen den König gelobt, sie feierlich in seiner Residenz empfangen und einen förmlichen Vertrag mit ihnen abgeschlossen, hatte den Ungarn den Weg nach Norden gewiesen und mit ihnen getrunken und gelacht, und jetzt stand er auf der Seite des Königs und mordete die ehemaligen Verbündeten ohne jede Gnade. Immer wieder blitzte sein scharfes Schwert im Sonnenlicht auf und fuhr erbarmungslos hernieder, um einem Reiterkrieger den Garaus zu machen, und die Ungarn stoben in Scharen davon, um diesen schweren Hieben zu entgehen.
    Wut und blanker Haß verdunkelten die Augen des in den Büschen verborgenen Mannes, als er den gemeinen Verräter im Verlauf des Kampfes immer näher kommen sah, und

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