Mein Name ist Toastbrot (German Edition)
möchte nicht, dass das nochmal vorkommt. Ich habe keine Lust, für dich irgendwelche Sonderregelungen zu finden. Das nächste Mal bekommst du einfach eine Sechs.“
Ich gehorchte, leistete die unnötige Mehrarbeit und fügte mich den Schikanen meiner Mitschüler. Ich dachte, dass meine Klassenkameraden irgendwann aufhören würden, wenn ich einfach nichts tun würde und erkannte, dass ich im Irrtum war. Mir fehlte die Kraft zu Handeln. Ich war leer, ein leeres Gefäß, das am Tischrand stand und fallen wollte, um endlich in Tausend Stücke zu zerbrechen.
Als ich 13 war, fand eine Präventionskampagne zum Thema Sucht statt. Die Polizei besuchte unsere Schule. Nach einem einleitenden Vortrag über die verheerende Wirkung von Drogen machte uns der Beamte mit seinem Drogenhund Govinda bekannt. Der Hund wirbelte wild durch die Aula und irgendwie erschien mir das Tier gefährlich, wobei mir Hunde ganz allgemein Angst machen. Was würde geschehen, wenn man bei einem Schüler Drogen finden würde? Nein, kein Schüler würde so blöd sein und den Mist in die Schule mitnehmen. Schließlich könnte er sich Zuhause, oder in einem abgelegenen Waldstück in aller Ruhe abschießen. Da kam mir eine Idee. Ich könnte etwas Gras zwischen Marcels Sachen verstecken. Das war natürlich nur ein Gedankenexperiment, da ich nicht die leiseste Ahnung hatte, wo ich überhaupt Drogen kaufen konnte.
Als wir wieder in unseren Klassen waren, öffnete sich die Tür und der Beamte mit dem Hund Govinda trat ein. Wie von der Tarantel stürzte sich das verrückte Vieh in meine Richtung, was mich aufschreien und verängstigt zurückweichen ließ. Sofort erkannte ich, dass nicht ich das Ziel dieser Bestie war, sondern mein Schulranzen. Der Beamte zog seinen Hund zurück, nahm meinen Schulranzen und bat mich ihm zu folgen.
Tatsächlich hatte jemand die gleiche Idee wie ich gehabt, mit dem Unterschied, dass er sie in die Tat umgesetzt hatte. Man fand Pfeife und eine kaum erwähnenswerte Menge einer verstreckten synthetischen Droge. Die Herkunft konnte ich nicht schlüssig erklären und mein Vorwurf, dass man mir das Zeug absichtlich in den Rucksack gelegt hätte, war unglaubwürdig. Was für ein irrwitziges Gefühl, wenn man die Wahrheit sagt und einem Niemand glaubt und man Zweifel Dritter an der eigenen Geschichte nachvollziehen kann. Ich wurde erneut von den Beamten nach Hause begleitet und zu einer ärztlichen Untersuchung verpflichtet. Wäre das Drogenscreening positiv ausgefallen, hätte ich während eines stationären Klinikaufenthalts entziehen sollen.
Am nächsten Tag erwachte ich mit zwei gebrochenen Fingern, einer erneuten Platzwunde an der Schläfe, die mit acht Stichen genäht wurde, sowie zahlreichen Prellungen am Po und an den Oberschenkeln in einem Einzelzimmer des Krankenhauses. Meiner Mutter war es als Ärztin gelungen die Verletzungen als Ergebnis einer Schlägerei darzustellen, was aufgrund meiner Akte geschluckt wurde. Das angeordnete Drogenscreening blieb, wie gesagt, bis auf erhöhte Spuren von Schmerzmitteln, ohne Befund. Der Klinikaufenthalt entfiel deshalb, und stattdessen sollte ich bei einem Psychiater vorsprechen, der mich hinsichtlich meiner Gewaltbereitschaft und Suchtgefährdung begutachten sollte. Der Gutachter war ein Idiot und den Grund hierfür, werde ich noch ausführen. Ich schämte mich von meinem schlagenden Vater zu erzählen und wälzte die Verletzungen auf Streitigkeiten in der Klassengemeinschaft ab. Da ich meine Situation nicht noch verschlechtern wollte, hielt ich die Namen geheim. Der Therapeut kaufte mir diese Geschichte ohne großes Nachfragen ab und attestierte mir geringe Gewaltbereitschaft und normale Suchtgefährdung. Ein Streitgespräch zwischen mir und meiner Mutter offenbarte, dass sie körperliche Überzeugungsarbeit geleistet hatte. Mit anderen Worten hatte Sie mit ihm zum Zweck der Vertuschung geschlafen.
Ich war verdammt und allein, total allein. Da war niemand der mich verstand oder verstehen wollte. Ich glaube, dass die Menschen kaum verstehen können, wie schmerzhaftEinsamkeit sein kann. Es gibt zwei Formen der Einsamkeit, ist sie selbst verschuldet hat man die Möglichkeit sich oder sein Handeln für die unglückliche Situation verantwortlich zu machen. Man kann etwas verändern, oder sich wenigstens am Gedanken, dass es anders wäre, wenn man etwas ändern würde, festhalten. Meine Form der Einsamkeit hatte ich nicht selbst verschuldet. Ich wurde in eine Gesellschaft hineingeboren, die
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