Mein Name ist Toastbrot (German Edition)
können.
„David, warum kommst du denn zu spät? Die Pausenglocke hat schon vor 15 Minuten geläutet.“
„Entschuldigung. Ich war verhindert.“
„Dann achte beim nächsten Mal darauf, sonst muss ich deinen Eltern einen Brief schreiben.“
„Ja werde ich machen.“
„David, dann können wir gleich mit dir beginnen. Du hastbei der Testaufgabe ein sehr gutes Ergebnis erzielt. Genauer gesagt, es ist die beste Arbeit.“
„Danke.“
„Die Restlichen kann ich leider nicht in dem Maße loben. Nehmt euch ein Beispiel an David. Er schafft es trotz seiner Behinderung, sehr gute Leistungen zu erbringen.“
Gut gemeint ist das Gegenteil von gut, wie der Volksmund zu sagen pflegt. Die Zielscheibe, die mir meine Lehrer damit auf den Arsch malten, sahen sie nicht, während ich sie zu spüren bekam.
Besonders litt ich unter meiner Rolle bei Gruppenarbeiten und Mannschaftsspielen. Hierbei stellten sich zwei Schüler abwechselnd ihre Gruppe zusammen. Ständig hoffte ich, dass mich irgendwann doch einer in seine Auswahl aufnehmen würde, was aber nie geschah. Während der Pausen und Ausflüge ignorierte man mich, wenn man mich nicht gerade quälte. Der Demütigung konnte ich mich einigermaßen entziehen, indem ich mich hinter den Mülltonnen versteckte, oder mich unauffällig neben eine Gruppe sich unterhaltender Schüler stellte. Bei den Selektionsverfahren war das anders. Wie ein begossener Pudel stand ich da und wartete, bis mich schließlich der Lehrer einer Gruppe unter den Buhrufen der anderen zuwies.
Daran schloss sich anfangs ein mit Plattitüden ausgeschmückter Vortrag des Lehrers an, der mich noch mehr in den Mittelpunkt stellte. In diesen Momenten, wollte ich einfach nur sterben.
Der ersehnte Wechsel ans Gymnasium nach Rosenheim brachte nicht die ersehnte Veränderung. In der neuen Klasse waren genauso viele Idioten wie in der Grundschulklasse.
Ich wurde wie gewohnt in der ersten Reihe vor das Pult gesetzt und neben mir musste Daniel sitzen. Er war durchschnittlich intelligent, fett und hässlich.
„Hi ich bin David, wer bist du?“
„Daniel.“
„Hi Daniel, bist du aus Rosenheim?“
„Du bist doch der Behinderte, von dem der Klassleiter beim Elternabend gesprochen hat, oder?
„Ja, das bin ich wohl. Du warst beim Elternabend?“
„Nein, meine Eltern waren da und haben mir das erzählt.“
„Meine Eltern hatten leider keine Zeit.“
„Mama meint, dass du eigentlich in eine Sonderschule gehörst. Warum darfst du hier zur Schule gehen?“
„Meine Eltern legen Wert darauf.“
„Aha.“
Sympathisch war Daniel nicht, aber trotzdem wünschte ich mir einen Freund. Die Chancen standen gut, da sich offenbar die Hänseleien der Klassengemeinschaft gegen ihn richteten. Ich glaubte mir seine Wertschätzung durch meinen Protest gegen die Gemeinheiten der Mitschüler, die gegen ihn gerichtet waren, erarbeiten zu können. Mutig stellte ich mich den Mitschülern in den Weg und verteidigte ihn gegenüber den üblichen falschen Anschuldigungen und ungerechtfertigen Rügen durch die Lehrer.
Da er nicht nur äußerlich, sondern auch intellektuell benachteiligt war, half ich ihm bei Klausuren und Hausaufgaben. Ohne es zu bemerken, rückte ich immer weiter ins Fadenkreuz der Klassenkameraden, denn inzwischen warf man Daniel vor, dass er sich von mir, einem Behinderten, helfen und verteidigen ließe. Die gebotene Chance nutzte Daniel und stellte sich gegen mich, wodurch er zum Rädelsführer aufstieg. Dies brachte mir den altbekannten Ärger ein, was mich dazu verleitete, ihn fortan Podex zu nennen.
In der achten Klasse war es mir tatsächlich gelungen von der Schule zu fliegen und das als Klassenbester, als Behinderter und als Sohn angesehener Eltern. Mein Rauswurf hängt untrennbar mit der Frage zusammen, ob es mangels anderer Optionen das Recht auf Selbstjustiz gibt, das über die reine Selbstverteidigung hinausreicht. Dies würde ich heute klar verneinen, obwohl mir bis heute für meine damalige Situation keine alternativen Handlungsmöglichkeiten einfallen.
Nach den Jahren in der Grundschule, die mich Bosheit begreifen, Schlechtigkeit spüren und Lumpenstücke zu ertragen lehrten, war die Zeit gekommen, zum Gegenschlag auszuholen. Gewalt sollte fortan mit Gewalt beantwortet werden, und Niedertracht mit Niedertracht.
Der Podex liebte es, mich auf dem Weg zur Sporthalle durch unabsichtlich absichtliches Anrempeln, von den Beinenzu holen. Als ich mich dann wieder hochgekämpft hatte und meine Ehre
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