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Mein Name war Judas

Mein Name war Judas

Titel: Mein Name war Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. K. Stead
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über
    meinem Kopf zusammen
    und wird Feuer.
    Ich ertrinke,
    verbrenne, ersticke,
    hänge am Feigenbaum,
    während Raben mir
    die Augen auspicken und
    eine Himmelsstimme
    schreit: »Das ist
    der blinde Verräter
    meines Sohnes Jesus.«

Kapitel 17
    Zuerst gingen wir nach Kapernaum zurück, wo uns, wie nicht anders zu erwarten, eine Menge häuslicher Ärger erwartete. Die Frauen der verheirateten Jünger weinten, die Männer sollten bei ihren Kindern bleiben. Manche Väter und Brüder der Jünger beschwerten sich, weil ihnen schon wieder zusätzliche Arbeit aufgebürdet wurde, wenn die Auserwählten ihrem Meister in die Heilige Stadt folgten. An Unterstützung mangelte es Jesus in dem kleinen Städtchen jedoch nicht. Hier war er ein regelrechter Held. Viele sahen in ihm den Messias, der dem Volk Israel alles nur erdenklich Gute bringen und es durch eine göttliche Fügung vom römischen Joch befreien werde. Das war aber lediglich eine Zukunftsvorstellung, etwas, das gewiss nicht in Kürze geschehen würde. Dieselben Menschen, die in Jesus den Sohn Gottes sahen, sich das Ende der Welt und Gottes feurigen Wagen vorstellen konnten, waren bodenständig genug, um zu fragen, wer in der Zwischenzeit die Kinder ernähren, die Ernte einholen, Rechnungen und Steuern zahlen würde.
    Es waren also schwierige Tage. Es wurden zähe Kompromisse ausgehandelt, und selbst Jesus beteiligte sich daran. Währenddessen ging ich schon voraus und machte einen Umweg über Nazareth, um mich von meiner Mutter und Andreas zu verabschieden. Eine innere Stimme sagte mir, dass wir uns lange nicht – wenn überhaupt je – wiedersehen würden. Meine Mutter schien sich mit dem Alleinsein und der Verantwortung für alles abgefunden zu haben, auch wenn es ihr nicht leichtfiel. Der Sabbat war ihr ein willkommener Ruhetag. Sie schien gealtert zu sein, hatte aber nichts von ihrer Würde und Eleganz verloren. »Die Jahre vergehen so schnell«, sagte sie, »ich komme kaum hinterher.«
    Es machte ihr Sorgen, dass ich immer noch Jesus folgte. Zuerst hatte sie es akzeptiert, weil sie dachte, es würde mir über Judiths Tod hinweghelfen, aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass ich so lange bei ihm bleiben würde.
    »Er war so ein liebenswerter Junge«, sagte sie. »Aber weißt du …« Sie machte eine Pause.
    Ich wusste nicht, worauf sie hinauswollte, und sagte nichts.
    Dann fragte sie mich, ob es stimme, dass er Tote zum Leben erwecke und »unter die Leprakranken geht«. Ich sagte, er sei ein bemerkenswerter Mann. »Er bringt viele dazu, ihm die Treue zu halten.«
    »Aber bringt er auch viele dazu, an ihn zu glauben?«, fragte sie.
    »Ja, seine Anhänger.«
    »Und dich, Judas?«
    Eine gute Frage, aber ich wich ihr aus. »Er verlangt es«, sagte ich.
    Meine Mutter erzählte, sie habe auf dem Markt mit einer Frau gesprochen, deren Cousine eine Freundin hatte, die zu einer öffentlichen Predigt von Jesus gegangen sei. »Ihr Knie war schon seit sechs Wochen geschwollen, und sie konnte kaum noch gehen. Am nächsten Tag war das Knie wie neu.«
    »Na, da siehst du mal«, sagte ich und küsste sie auf die Stirn.
    Meine Kleider waren ausgeblichen, zerschlissen und schmutzig, und meine Mutter bestand darauf, mit mir zum Basar zu gehen. Dort kaufte sie mir einen neuen Burnus, dunkelrot mit goldenen Stickereien, und solide Sandalen. Es war ein gutes Gefühl, wieder sauber und gut gekleidet zu sein, und es gelang mir nicht recht, mich meiner Eitelkeit zu schämen. Als es Zeit wurde, mich zu verabschieden, sagte meine Mutter: »Lass deine arme alte Mutter nicht mehr so lange allein! Und wenn ihr das nächste Mal in der Gegend seid, bring Jesus mit!«
    Ich wollte ihr nicht sagen, dass er Nazareth im Zorn den Rücken gekehrt hatte und nie mehr zurückzukehren gedachte.
    »Lade ihn zum Essen ein«, sagte sie.
    Auch Andreas sah älter aus, ein würdevoller, weiser Greis. Er hatte sich immer auf dem Laufenden gehalten, was Jesus betraf, und kannte alle Neuigkeiten und Gerüchte. Vieles davon war, wie ich ihm versicherte, maßlos übertrieben, manches schlichtweg unwahr. Andreas hatte seinen früheren Lieblingsschüler immer noch gern, aber inzwischen hatte er einen neuen Günstling, sodass er Jesu Wohl und Wehe nun leidenschaftsloser verfolgen konnte.
    »Muss er denn unbedingt nach Jerusalem gehen?«, fragte er. »Und wenn er es schon muss, brauchst du doch nicht mitzugehen, Judas!« Ich müsste die Risiken bedenken. »Du sollst ja nicht illoyal sein, ihn nicht

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