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Mein Offizier und Gentleman

Mein Offizier und Gentleman

Titel: Mein Offizier und Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE HERRIES
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verkünden?“
    „Natürlich, Henry“, antwortete die junge Dame mit, wie Lucy fand, gezwungenem Lächeln.
    „Miss Tremaine … Angela … erwies mir die Ehre, mir ihre Hand zu gewähren“, erklärte er. Während verblüfftes Schweigen entstand, plusterte er sich außerordentlich selbstzufrieden auf. „Ich bin der glücklichste Mann der Welt … hätte nie gedacht, dass sie mich nimmt.“
    Entgeistert fragte Lucy sich, warum das Mädchen, das doch von Lord Harcourt so angetan gewesen war, Rawlings’ Antrag angenommen und sich mit so viel weniger zufriedengegeben hatte.
    Als sie später hinauf in ihr Zimmer gehen wollte, fand sie sich plötzlich mit Miss Tremaine allein in der Halle.
    „Gewiss wundern Sie sich über diese Verlobung“, sagte sie mit einer Offenheit, die Lucy seltsam fand. „Zuerst dachte ich, Lord Harcourt wäre ganz annehmbar, doch meine Mama hörte da peinliche Gerüchte, deshalb entschied ich mich lieber für einen Ehemann mit tadellosem Ruf.“
    Lucy blieb nur aus Hö fl ichkeit stehen, am liebsten wäre sie davongelaufen. „Oh … ich habe mich nicht gewundert“, murmelte sie.
    Die junge Dame fuhr fort: „Mir scheint, Sie mögen ihn selbst recht gern, deshalb wollte ich Sie warnen. Man kann ihm nicht trauen. Mama hörte es aus verlässlicher Quelle – er ist ein Frauenheld und …“, sie sah sich verstohlen um, „… es ist noch schrecklicher. Man sagt, er hat …“
    „Bitte nicht“, fi el Lucy ihr ins Wort. „Sie sind sehr gütig, mich zu warnen, aber es ist unnötig – und ich möchte keinen Klatsch hören.“ Rasch wandte sie sich ab und lief die Treppe hinauf in ihr Zimmer, und jetzt war es ihr gleichgültig, ob Miss Tremaine sie für unhö fl ich hielt.
    Sie bebte vor Empörung. Wie konnte Miss Tremaine solche Andeutungen wagen, wenn Lord Harcourt nicht da war, um sich zu verteidigen! Und das, nachdem sie sich vor ihm derart hervorgetan hatte.
    Wenn Lucy anders geartet gewesen wäre, hätte sie Miss Tremaine der Bosheit verdächtigt, so glaubte sie nur, das Mädchen müsste sehr gekränkt sein.
    Später fragte sie ihre Schwester, was sie von dieser Verlobung halte.
    „Ich weiß nicht so recht“, meinte Jo. „Sie ist mittlerweile wohl ziemlich enttäuscht. Ihre Mutter hatte große Hoffnungen auf sie gesetzt, und sie bekam auch gleich in der ersten Saison mehrere Anträge, die sie aber alle ablehnte. Seitdem … nun, sie hat eine scharfe Zunge und kann recht boshaft sein. Vielleicht ist General Rawlings ihr letzter Strohhalm. Meiner Ansicht nach hatte sie fest auf einen Antrag von Lord Harcourt gezählt.“
    „Er schien wirklich recht angetan von ihr.“ Lucy krauste grübelnd die Stirn. „Meinst du, er neigt zum Schäkern?“
    „Ja, das schon. Man sagt, er sei ein Frauenheld, aber ob das wahr ist? Beide, Drew und Hal, schätzen ihn, und ich würde ihrem Urteil trauen.“
    „Ja, das dachte ich auch. Wenn die beiden ihn mögen, kann er so arg nicht sein.“ Heiter hakte sie sich bei ihrer Schwester ein, und sie gingen gemeinsam zu Tisch.
    Aufgeregt schaute Lucy umher, als der Reisewagen durch die Londoner Straßen ratterte. Da sie schon im Morgengrauen ihren Gasthof, der nur wenige Meilen vor der Stadt lag, verlassen hatten, herrschte noch nicht viel Verkehr. Schließlich hielt die Chaise vor Lord Marlbecks Stadtpalais, und sie stiegen aus. Ein stattlicher Butler hieß sie am Portal willkommen und führte sie und ihre Mama ins Haus. Dort erschien sogleich Mrs. Williams, die Wirtschafterin, und erklärte, die Räume der Damen seien bereit. „Der Hausdiener wird sich um Ihr Gepäck kümmern, Madam“, fügte sie, an Mrs. Horne gerichtet, hinzu. „Vielleicht möchten Sie und die junge Dame später einen Imbiss? Im Frühstückssalon ist angerichtet.“
    „Wir haben nur wenig Gepäck, denn meine Tochter soll hier in der Stadt ganz neue, modische Garderobe bekommen.“
    „Sehr weise, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf. Soll ich vielleicht auch eine Näherin besorgen, die für einige Arbeiten ins Haus kommen kann?“
    „Ja, auf jeden Fall, bestellen Sie, wenn möglich, gleich für morgen jemanden her.“
    Nachdenklich ruhte Mrs. Hornes Blick auf ihrer jüngsten Tochter, die, wie sie fand, den beiden Schwestern an Schönheit nicht nachstand. Und – welch glücklicher Umstand – Marianne als Marchioness of Marlbeck würde es Lucy erleichtern, in der Gesellschaft Fuß zu fassen, und ihr wahrscheinlich ermöglichen, trotz einer verhältnismäßig geringen Mitgift

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