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Mein Offizier und Gentleman

Mein Offizier und Gentleman

Titel: Mein Offizier und Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE HERRIES
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sei.
    „Nein, nein“, wehrte Lucy gespielt munter ab, „mir war nur etwas ins Auge ge fl ogen. Ich rieb, und dann begann es zu tränen.“
    „Sollen wir ein wenig Puder au fl egen? Damit Ihre Nase nicht so rosa glänzt?“ Millie wusste, dass solche Maßnahmen bei Lucys klarem Teint sonst nicht nötig waren.
    „Ja, vielleicht ausnahmsweise“, stimmte Lucy zu und kramte das Puderdöschen hervor, doch nachdem sie mit der Quaste ein wenig auf ihrer Nase verteilt hatte, tupfte sie einen Teil wieder fort. „Das macht mich zu bleich, und ich mag es nicht besonders. Obwohl ich hörte, dass manche Damen es ständig benutzen – und Rouge sogar.“
    „Ja, aber es soll nicht gut für den Teint sein“, erklärte Millie wichtig. „Zum Glück brauchen Sie es nicht, Miss. Wenigstens ist Ihre Nase nun nicht mehr rot. Man sieht nicht, dass Sie geweint haben.“
    „Ich habe nicht geweint. Es war nur ein Staubkorn.“ Doch sie vermied den Blick des Mädchens. „Danke, Millie. Ich gehe dann hinunter.“
    Lucy erschien ausnahmsweise als Letzte, und die anderen schauten so erstaunt, dass sie froh war, Millies Rat gefolgt zu sein. Sie lächelte strahlend und entschuldigte sich für die kleine Verspätung, konnte jedoch nicht ganz verbergen, wie viel Überwindung das Lächeln sie kostete.
    Zwar wunderte Mrs. Horne sich, was geschehen sein könnte, doch sie fragte nicht. Wenn Lucy sich ihr anvertrauen wollte, würde sie schon kommen.
    Jack war nicht ganz so diplomatisch. Während er Mrs. Horne zu Tisch führte, sagte er stirnrunzelnd: „Lucy wirkt aufgebracht. Wissen Sie, warum?“
    „Nein, tut mir leid. Als sie heute Nachmittag zu einem Spaziergang aufbrach, war sie noch ganz heiter. Sie wollte, glaube ich, zum See – vielleicht sah sie dort etwas Unangenehmes. Lucy ist fröhlich und lebhaft, aber auch sehr emp fi ndsam, und verstummt dann manchmal. Ich weiß inzwischen, dass man sie am besten in Ruhe lässt, bis sie von sich aus spricht.“
    Jack nickte wortlos. Lucy war eindeutig entweder sehr aufgeregt oder sehr verärgert, und wie es schien, seinetwegen, denn sie mied bewusst seinen Blick. Während des Dinners hielt er sich zurück, um vor den andern keine Auseinandersetzung zu provozieren, doch nachdem die Herren sich wieder zu den Damen in den Salon begeben hatten, ging er zu ihr.
    „Würdest du mit mir eine Weile im Garten umherschlendern?“
    „Nein, danke, heute Abend nicht“, entgegnete sie höflich, aber kühl.
    „Dann komm doch mit, damit ich dir den Familienschmuck zeigen kann. Du sollst entscheiden, welche Stücke du vielleicht neu gefasst haben möchtest.“
    „Das überlasse ich ganz dir.“
    „Lucy!“ Etwas in seinem Ton warnte sie, und sie schaute zu ihm auf. Erstaunt sah sie das zornige Glimmen in seinen Augen. „Wenn du nicht mitkommst, sehe ich mich gezwungen, vor der Familie zu sprechen.“
    „Ganz wie du wünschst“, sagte Lucy mit zornsprühendem Blick. Sie hatte einen Streit vermeiden wollen, aber er sollte bekommen, was er wollte, obwohl er es vielleicht bereuen würde. „Dann gehen wir doch besser in den Garten, wo uns niemand hören kann.“
    Steif, mit stolz erhobenem Kopf, schritt sie ihm voraus die wenigen Stufen zum Garten hinunter. Er holte sie rasch ein und zog sie am Arm zu sich herum, damit sie ihn anschauen musste.
    „Was soll das, Lucy? Warum schmollst du die ganze Zeit?“
    „Ich schmolle nicht“, erwiderte sie aufgebracht, „ich verhalte mich förmlich, weil ich keinen Streit herausfordern will! Aber wenn du es denn hören willst: Ich mag weder Lügen noch Lügner. Du hattest gesagt, du seist heute Nachmittag in Geschäften unterwegs?“
    „Ja, genau.“ Argwöhnisch nahm er wahr, wie sie sich von ihm abwandte. „Lucy, sag, was hast du?“
    „Wenn deinen Bastard und seine Mutter zu besuchen ein Geschäft ist, spreche ich dich vom Lügen frei.“ Lucy war sehr blass, ihre Augen funkelten so wütend, wie er es bei ihrer sonst so liebenswürdigen Natur nie vermutet hätte.
    „Jene Frau ist nicht meine Geliebte!“, sagte Jack sehr ruhig. „Ich p fl ege nicht zu lügen, und ich sagte dir, dass Rosa die Nanny des Jungen ist.“
    „Sie sieht dich aber nicht so an! Und sie hasst mich! Warum sollte sie, wenn sie nicht deine Mätresse ist?“
    „Das weiß ich auch nicht. Außer …“ Jack schüttelte ratlos den Kopf, als Lucy ihn fragend ansah. Er hatte Rosa gesagt, dass sie fortgeschickt werden würde, wenn sie sich nicht dem Herrenhaus fernhielt. Vielleicht war es

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