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Mein Offizier und Gentleman

Mein Offizier und Gentleman

Titel: Mein Offizier und Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE HERRIES
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kluge Frau. Und von daher hatte sie Rosa und Anthony irgendwann bemerken müssen; allein so rasch hatte er damit nicht gerechnet. Allerdings durfte er Lucy zu seinem Leidwesen immer noch nicht die Wahrheit sagen. Zwar hatte er überlegt, ihr das Geheimnis noch vor der Eheschließung zu enthüllen, und tatsächlich hätte er schon vor der Verlobung sprechen müssen, doch im letzten Augenblick hatte er geschwiegen, weil er ihr keine Halbwahrheiten erzählen wollte – genau das war nun leider geschehen, und es lastete schwer auf seinem Gewissen und bildete eine Mauer zwischen ihnen, denn Lucy hatte gespürt, dass er log, und er konnte zurzeit nichts dagegen tun.
    Immerhin hatte er sein Wort gegeben, dass er stets für das Kind sorgen würde. Dieses Versprechen würde er ebenso halten, wie er das Geheimnis um die Geburt des Jungen wahrte. Inzwischen hatte er Zuneigung zu ihm entwickelt und besuchte ihn gerne von Zeit zu Zeit. Das musste natürlich aufhören. Vielleicht hätte er, ehe Lucy zu Besuch kam, Rosa und den Knaben anderweitig unterbringen sollen. Als er der Frau jedoch vorschlug, ein anderes, ebenso schönes Haus für sie zu suchen, hatte sie geweint und gebettelt, er möge sie nicht fortschicken. Dem hatte er vorerst nachgegeben.
    Hier, unter seinen eigenen Augen, wuchs das Kind behütet auf, glücklich und gut versorgt, aber was geschah, wenn er es fortschickte, war ungewiss. Er steckte in einer Zwickmühle, denn er würde sein gegebenes Wort nicht brechen, wodurch es aber möglicherweise zum Bruch zwischen ihm und seiner geliebten Lucy käme.
    Wie versprochen holte Jack sie nach dem Frühstück ab, und sie fuhren zum Verwalterhaus, um nach den Welpen zu sehen. Entzückt betrachtete Lucy die fl auschigen Fellbündelchen, die sich bald schon zu kräftigen Jagdhunden auswachsen würden.
    Jack erkundigte sich nach den Labradors, die Lucy zuvor erwähnt hatte, und Briggs, der Verwalter, erklärte, die Rasse sei inzwischen sehr in Mode gekommen. Er wisse übrigens, dass ein benachbarter Landbesitzer zwei Welpen abgeben wolle, wenn auch gegen einen stolzen Preis. „Aber“, fügte er hinzu, „berechtigt, denn die Rasse ist sowohl als Haushund wie zur Jagd zu gebrauchen. Sind lebhaft und doch ausgeglichen, die Tiere, Sir.“
    „Kaufen Sie sie, Briggs“, wies Jack ihn an, „und melden Sie sich, wenn Sie sie hier haben.“
    Sie verabschiedeten sich und machten sich auf den Rückweg, als Lucy plötzlich am Straßenrand den Mann entdeckte, den sie am Morgen am Seeufer gesehen hatte. Er war, wie sie nun bemerkte, jung, Anfang zwanzig, mit oliv getönter Haut, schwarzen Haaren und dunklen Augen.
    „Jack, sieh nur“, drängte sie. „Wer ist das? Er war heute Morgen am See, da bin ich mir sicher.“
    Jack konnte den Mann, der sich hastig abwandte, nur fl üchtig mustern, da das Gespann zu rasch vorbeifuhr. „Ich kenne ihn nicht. Er scheint nicht zu meinen Leuten zu gehören. Aber es kommen häu fi ger Fremde her. Hat er sich ungehörig verhalten?“
    „Nein, nein, das nicht.“ Sie war sich sicher, dass Jack dieses Mal die Wahrheit gesprochen hatte. „Ich fand nur, er sieht fremdländisch aus. Spanisch vielleicht?“
    „So genau konnte ich ihn nicht betrachten“, erklärte Jack, ein wenig verstimmt. „Ich werde meinen Leuten sagen, sie sollen die Augen besser offen halten. Im Allgemeinen weise ich Handwerksburschen nicht ab. Briggs hat des Öfteren Arbeit für sie, nur sollte man es mir melden. Ich glaube, während meiner langen Abwesenheit hat sich hier der Schlendrian breitgemacht, das muss sich ändern. Deine Sicherheit geht vor, Lucy.“
    „Ach, ich glaube nicht, dass der Mann Böses vorhatte. Ich fand nur, er wirkte nicht wie ein Landarbeiter oder Handwerker. Eigentlich machte er auf mich den Eindruck, als wäre er …“, sie zögerte, „… ein ehemaliger Soldat?“
    „Wie auch immer, ich will wissen, was der Geselle hier zu suchen hat. Niemand soll auf meinem Land kommen und gehen, wie es ihm passt. Das muss geklärt werden. Briggs soll sich darum kümmern.“ Jack furchte nachdenklich die Stirn. Langsam glaubte er, an der Sache müsse mehr dran sein, als zuerst vermutet.
    Nachdem Jack sie vor dem Haus abgesetzt hatte, sah Lucy ihn schon wenig später wieder fortreiten. Sie glaubte zu wissen, dass ihn etwas bedrückte, stärker als er zugeben mochte. Von einer merkwürdigen Rastlosigkeit ergriffen, stand sie auf. „Ich werde einen Spaziergang machen. Marianne? Amelia? Will jemand mit?“ Doch die

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