Mein Offizier und Gentleman
hergekommen! Sie wandte sich halb ab, indes fl ammte unvermittelt ihr Zorn wieder auf, und mit neu erwachtem Mut fragte sie: „Sind Sie Antonios Mutter?“
„Aber natürlich“, sagte Rosa und hob stolz den Kopf. „Sieht er mir nicht ähnlich?“
„Doch, ein wenig“, gab Lucy zu. Dass Jack tatsächlich gelogen hatte, versetzte ihr einen schmerzhaften Stich. „Und wer ist sein Vater?“
„Aber das wissen Sie doch“, sagte Rosa hämisch. „Sie sahen ihn mit dem Jungen spielen. Sahen Sie nicht, dass er ihn liebt? Würde er ihn besuchen, wenn er nicht sein Vater ist?“ Sie warf trotzig den Kopf zurück. „Er wird Sie heiraten – wegen seines Namens und seiner Familie, aber er wird immer wieder zu mir zurückkommen, weil er nur mich liebt!“
„Nein, er liebt mich“, rief Lucy beinah panisch. „Sie lügen! Jack liebt Sie nicht! Nur wegen des Kindes kommt er her!“
„Jetzt gehört er Ihnen vielleicht; eine Weile wird er Ihre bleiche Haut und die fahlen Haare faszinierend fi nden, wird er in ihr Bett kommen und vielleicht sogar sagen, dass er Sie liebt. Aber er kennt meine heiße Leidenschaft. Er wird Ihrer müde werden, und dann kommt er zu mir zurück. Sie können ihn nicht halten, er gehört mir … nur ich kann ihm geben, was er braucht.“
„Nein! Sie lügen!“, schrie Lucy, dabei hatte sie das Gefühl, das Herz müsste ihr brechen. Rosa glühte in diesem Moment in einer wilden Schönheit, die einen Mann fesseln konnte. Das werde ich Jack nie bieten können, sosehr ich ihn liebe. „Ich glaube Ihnen nicht! Er liebt mich …“ Sie kehrte um und rannte davon, während Rosas gellendes Lachen ihr in den Ohren hallte.
„Lauf nur, kleine englische Rose! Aber eine Rose verwelkt schnell. In meinem Blut glüht das Feuer des Flamenco! Deshalb wird Jack zu mir zurückkommen!“
Tränen rannen Lucy über die Wangen, während sie den Weg zurückrannte. Rosa hatte ja recht! Und so wie die Frau sprach, war Jack ihr verfallen, so sehr, dass sie selbst nie dagegen ankommen konnte. Wie konnte sie ihn heiraten, wenn sie wusste, dass sie ihn nicht auf Dauer halten konnte? Und dennoch, wie konnte sie sich ihm verweigern, wenn doch ihr Herz ganz ihm gehörte?
Wem konnte sie sich in ihrem Kummer nur anvertrauen? Mama – Mama würde sie unterstützen. Sie würde Jack nie wieder sehen müssen – nur würde ihr dabei das Herz brechen. Jack sollte sie lieben! Manchmal meinte sie, dass er sie liebte, nur wie konnte sie jetzt noch seinen leidenschaftlichen Beteuerungen Glauben schenken?
Das Kind war sein Sohn, und Rosa war dessen Mutter. Bestimmt hätte er sie nicht hier leben lassen, wenn die beiden ihm gleichgültig wären … Sie konnte den Gedanken nicht abschütteln, sosehr er sie quälte. Was sie auch tat, sie würde unglücklich werden.
Jack, der seine Räume aufgesucht hatte, um sich zum Reiten umzukleiden, sah von seinem Fenster aus, wie Lucy dem Haus entgegenhastete. Natürlich bemerkte er, dass sie völlig außer Fassung war. Sie musste wieder beim Witwensitz gewesen sein! Was hatte Rosa ihr dieses Mal vorgeschwindelt?
Während er hinunterging, um sie abzufangen, ehe sie im Haus verschwand, ver fl uchte er sich wegen seiner Narrheit. Diese Geschichte musste beigelegt werden, so oder so.
Lucy sah ihn aus dem Haus kommen und versuchte, ihm auszuweichen, doch er lief ihr nach und wirbelte sie am Arm zu sich herum. Er war zornig und spürte, dass gleich sein Temperament mit ihm durchgehen würde. Warum glaubte sie seinem Wort nicht? Sie sollte doch wissen, dass er sie zu sehr liebte, um sie zu hintergehen.
„Du warst also wieder dort!“, sagte er harsch. „Was hat Rosa dir erzählt? Was auch immer, du solltest nicht auf sie hören! Sie lügt ständig! Wenn Anthony sie nicht brauchte, hätte ich sie schon längst fortgeschickt.“
„So, sie lügt?“, fauchte Lucy; verletzt wie sie war, ließ sie jede Vorsicht fahren. „Und warum versteckst du sie dann vor mir? Ich hätte hingenommen, dass er dein Sohn ist, wenn du es nur gesagt hättest. Aber hinzunehmen, dass du eine Mätresse hast, kannst du nicht von mir erwarten. Rosa sagt, du liebtest sie und würdest zu ihr zurückkehren, wenn du meiner müde bist.“
„Und du glaubst ihr?“ Jacks Augen glühten vor Zorn, wenn er auch nicht sicher war, worüber er wütender war – Rosa, Lucy oder seine eigene Dummheit. „Lucy, so geht es nicht weiter. Offensichtlich glaubst du ihr mehr als mir. Mir glaubst du nicht ein Wort! Das ist keine Grundlage für
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