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Mein Onkel Ferdinand

Mein Onkel Ferdinand

Titel: Mein Onkel Ferdinand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Möglichkeit, um Gertrud Drost in der unbekannten Gefahr beizustehen, in der sie meinem Gefühl nach ganz ohne Zweifel schwebte. Vielleicht hoffte ich insgeheim sogar, daß sie von Gefahren bedroht sei.
    Sofort nach dem Mittagessen stellte ich mich wieder bei Onkel Ferdinand ein. Der Brief an Murchison lag bereits fertig und von Onkel Ferdinand schwungvoll unterschrieben auf dem gelben Schreibtisch. Onkel Ferdinand hatte sich inzwischen sogar Firmenbogen drucken lassen. Links oben rollte eine Weltkugel durch das All, die von einem listigen, über einen Pistolenlauf schielenden Auge beobachtet wurde. Darunter stand: »Auskunftei Greif, Beobachtungen und Ermittlungen aller Art, langjährige Inlands- und Auslandserfahrungen!< Alles war von einer geradezu erschütternden Geschmacklosigkeit.
    In dem Schreiben an Murchison stand zu lesen, da Onkel Ferdinand in der Verfolgung eines Kunstraubes nach Hamburg abberufen worden sei, bäte er Murchison, den erwünschten Bericht über Fräulein Gertrud Drost von mir, seinem altbewährten und tüchtigen Mitarbeiter Dr. Martin, entgegenzunehmen. Allerdings habe die ungewöhnlich rasche Erledigung der Angelegenheit auch ungewöhnlich hohe Kosten mit sich gebracht. Da jedoch Kulanz zu den obersten Prinzipien seiner Geschäftsführung gehöre, sähe er davon ab, Forderungen über das vereinbarte Honorar hinaus zu stellen und ersuche Murchison, die restlichen einhundert Mark im Verlaufe der Woche an ihn zu überweisen.
    Ich erhob gegen den letzten Absatz des Briefes Einwendungen, aber Onkel Ferdinand faltete das Blatt, steckte es in den Umschlag und befeuchtete den Klebstreifen mit seiner geschwollenen Zunge.
    »Du mußt nicht vergessen, mein Junge, daß dieser Bursche uns einen Haufen Arbeit und eine schöne Stange Geld gekostet hat!« sagte er mit erhobenem Zeigefinger. »Allein im Savoy habe ich drei Steinhäger und drei Pils trinken müssen, bis sich mein Freund Emil, der Portier, für mich frei machen konnte. Die drei Zigarren, die ich Emil spendierte, will ich gar nicht in Rechnung stellen.«
    Ich sagte kein Wort mehr, und der Gedanke, daß Murchison jetzt für seine eigene Beobachtung zahlte, war für mich sogar nicht ganz ohne Humor. Onkel Ferdinand aber warf mich kurzerhand hinaus. Er hatte mich bei Murchison für drei Uhr angemeldet. Und absolute Pünktlichkeit gehörte nun einmal zur besten Tradition seines altrenommierten Unternehmens!

7

    Mister Murchison empfing mich ohne Verzug. Er bewohnte im Hotel ein Appartement, das aus einem Salon und einem Schlafzimmer mit Bad bestand. Er schien es sich leisten zu können, obwohl er trotz seines gepflegten Äußeren eigentlich nicht den Eindruck eines wohlhabenden Mannes machte. Er hatte meinen Namen inzwischen vergessen, ich nannte ihn noch einmal, als ich Platz nahm und ihm Onkel Ferdinands Schreiben überreichte.
    »Ich habe Sie gestern telefonisch zu erreichen versucht«, sagte er, »aber ich fand weder Ihr Institut noch den Namen Ihres Chefs im Telefonbuch.«
    »Es ist eine Geheimnummer«, sagte ich schlicht. »Herr Danckelmann gibt sie nur in den allerdringendsten Fällen preis. Er hat es nicht gern, wenn er andauernd aus seinen Meditationen gerissen wird.«
    »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?« fragte Murchison mißtrauisch. Er hatte den Brief inzwischen gelesen und das Gesicht beim letzten Satz verzogen, als hätte er ein angebrütetes Ei aufgeklopft. »Ich halte Ihren Chef für einen ausgekochten Halunken. Von mir aus können Sie ihm das ruhig ausrichten.«
    »Ich schmeichle mich ungern bei Vorgesetzten ein.«
    Murchison grinste flüchtig.
    »Jedenfalls zahle ich den Rest nur, wenn mich die Leistung befriedigt«, sagte er und sah mich an. »Also schießen Sie schon los! Was haben Sie mir zu berichten?«
    »Wollen Sie mir nicht lieber Fragen stellen?« meinte ich und hoffte, aus der Art seiner Fragestellung Schlüsse auf seine Absichten bei Fräulein Drost ziehen zu können.
    Er trommelte mit den Fingerspitzen ungeduldig und nervös auf der Sessellehne herum und warf mir einen Blick zu, der mich zur Vorsicht mahnte.
    »Haben Sie sich Fräulein Drost persönlich genähert?« fragte er und bot mir eine Zigarette an, die ich höflich ablehnte. Er selber zündete sich eine an und sag den Rauch gierig in die Lungen.
    »Ja«, antwortete ich, »ich habe mich ihr gegenüber als Interviewer einer Art von Gallup-Unternehmen ausgegeben... Dadurch habe ich einen gewissen Einblick in ihre persönlichen Verhältnisse

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