Mein perfekter Sommer
paar Baumwurzeln und einem auf Abwege geratenen Kaninchen zaubern kann, gelingt mir doch wohl …
»Lass mich raten: Pasta Carbonara.«
Bei meiner vergeblichen Suche nach frischen Kräutern stoße ich beinahe mit Reeve zusammen. Er trägt ein schwarzes Unterhemd, deshalb wirken seine Augen noch dunkler als sonst, und seine verschossenen Jeans hängen tief auf der Hüfte – an einem schlichten Nylongürtel.
»Öh.« Ich weiß nicht, was ich sagen soll, mein Kopf ist ganz leer. Seit dieser merkwürdigen Szene am See sind wir nicht mehr allein gewesen. Ich folge seinem Blick in meinen Korb zu Speck, Sahne und Käse und sammele mich. »Oh, ja, stimmt! Jedenfalls ist das der Plan. Heute ist Susies und Adams Jahrestag«, erkläre ich. »Ich finde, sie haben was Besonderes verdient. Nur, meine Kochkünste …«
»Werden nur noch übertroffen von deinen Fähigkeiten im Kajakfahren?« Er lächelt vor sich hin. Ein Lächeln! Ich bin so froh darüber, dass er freundlich ist, ich fühle mich nicht mal auf den Schlips getreten.
»So was in der Richtung«, sage ich, ehe ich schüchtern bemerke: »Und was ist mit dir los – Appetit auf eingelegtes Gemüse?« Sein Korb ist voll davon, saure Gurken und eingelegte Rote Bete.
Reeve verzieht das Gesicht. »Ich nicht, meine Mutter. Sie hat Gelüste. Letzte Woche hat sie uns total angeekelt mit ihrer morgendlichen Übelkeit, jetzt will sie Essig und Zwiebeln.«
»Sie ist schwanger? Ist ja toll, Glückwunsch.«
»Danke.« Er nickt, dann sieht er sich um und sagt: »Ist noch lange nicht so weit, deshalb die irren Lebensmittelkombinationen.
« Er macht eine Pause. »Hab gehört, heute steigt ein Rock-Band-Abend.«
»Du kommst auch? Toll!« Meine Stimme klingt viel zu begeistert. Also huste ich. »Wird bestimmt ganz lustig.«
»Kann sein.« Er mustert mich eingehend. »Das Gruppending da hat doch wohl nichts mit den Plänen für dieses Abendessen zu tun …«
»Hast mich erwischt«, gebe ich zu. »Für Essen und Fiona ist gesorgt, jetzt muss ich mich nur noch um die Location kümmern. Sieht übel aus im Haus. Ich glaub, ich werde den Nachmittag damit verbringen, Sägemehl zusammenzufegen.«
»Viel Spaß dabei.« Er lacht, fast spöttisch, aber doch gerade noch so gutmütig, dass ich mich nicht angegriffen fühle.
»Ich tu mein Bestes«, antworte ich, dabei fällt mir die Hühnerbrühe hinter ihm ins Auge. »Darf ich mal?« Ich zeige drauf. Er rückt zur Seite und ich greife an seinem Kopf vorbei und hole das Päckchen aus dem Regal.
»Na, ich sollte das hier langsam mal abliefern, ehe sie was ganz anderes haben will. Wir sehen uns ja heute Abend?«
Ich nicke. »Ich schleife Fiona mit, auch wenn sie schreit und um sich tritt.«
»Also, das möchte ich gern miterleben.« Er grinst mir noch mal zu, dann schlendert er zur Kasse, aber irgendwas treibt mich dazu, ihm nachzurufen.
»Reeve?«
Er dreht sich um und guckt fragend.
»Ich – äh – es tut mir leid, falls ich dir irgendwie zu nahe
getreten sein sollte oder so.« Die Worte kommen wie ein Schwall heraus und ich spüre die Hitze, die mir in den Kopf steigt. »Mit all dem Zeug über die Umwelt. Ich wollte nicht … ich meine, ich hab nicht …« Ich lass es im Sand verlaufen, völlig ohne Plan. Ich weiß einfach nicht, wie ich es sagen soll. Ich weiß noch nicht mal, was ich eigentlich sagen will, ich hab nur das Gefühl, ich müsste etwas sagen.
Reeve schaut verlegen weg. »Ach, mach dir keinen Kopf. Ich hätte nicht …«
»Aber ich …«
»Hast du nicht …« Verlegen tritt er von einem Bein aufs andere, beim Schwenken des Korbes zuckt ein Muskel in seinem Arm. »Weißt du, war nicht dein Fehler. Irgendwie hab ich überreagiert.«
»Oh. Aber trotzdem …«
Wir stehen da, gucken eine Weile sonst wohin, nur nicht einander ins Gesicht. Dann hab ich mich wieder im Griff. »Ich – äh – sollte jetzt wahrscheinlich mal zurück nach …« Ich wedele mit meinem Korb herum, als wäre damit alles erklärt.
»Ich auch!« Er blinzelt und geht rückwärts weiter. »Also, ich …«
»Bis später!«
»Genau. Äh, bis dann.«
Ich verschwinde hinter einem Regal mit Dosentomaten und meiner Verzweiflung. Na toll, das hat die Dinge ja entscheidend vereinfacht.
18. Kapitel
Keiner zu Hause, für den Rest des Nachmittags gehört das Haus mir. Ich fege, wische Staub und putze, um zumindest die unteren Räume in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen. Bald ist das Esszimmer sägemehlfrei und die
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