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Mein perfekter Sommer

Mein perfekter Sommer

Titel: Mein perfekter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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als wären wir die einzigen Menschen auf der Welt. Meine schwindelerregende Euphorie ist mittlerweile zu ängstlicher Unsicherheit geschrumpft. Er hat mich immer noch nicht angerufen.
    »Kannst du das mal lassen?«, blafft Fiona, als ich zum fünfunddreißigsten Mal an diesem Nachmittag auf mein Handy gucke. »Wer soll dich eigentlich anrufen?«
    »Keiner«, antworte ich schnell und klappe das Display zu. Ich versuche nicht zu seufzen. »Nur … Olivia.«
    »Deine kleine Ökofreundin?« Geübt stopft Fiona ein Daunenkissen in einen frisch gebügelten Kissenbezug, boxt ihn schnell und wirft ihn auf den Haufen. Endlich haben wir eine Arbeit für sie gefunden, die ihr entgegenkommt. »Was ist los mit der? Du dröhnst gar nicht mehr so von ihr rum.«
    »Nichts«, sage ich ein bisschen abwehrend. »Sie hat … nur viel zu tun. Ich ja auch.«

    »Ja klar.« Fiona grinst süffisant. »Diese Laken falten sich schließlich nicht von selbst.«
    Ich falte weiter. Ganz gleich, was ich Fiona erzählt hab, in den letzten Tagen habe ich Olivias Abwesenheit noch stärker gespürt als sonst. Sie geht nicht an ihr Handy und ich hab es satt, Nachrichten zu hinterlassen und dann doch nur eine Drei-Wort-SMS als Antwort zu kriegen. In Augenblicken wie diesen brauche ich meine beste Freundin am meisten, damit sie mir erzählt, dass alles klargehen wird mit Reeve und dass das nur so ein blödes Jungsding ist und nicht der Beweis dafür, dass er alles bereut und nie wieder mit mir reden will. Oder schlimmer noch, dass ihm alles total egal ist.
    Mein Handy klingelt. Ich stürze mich drauf.
    »Hallo?«, sage ich aufgeregt, aber meine Begeisterung wird schnell gedämpft. »Oh, Mom, hi.«
    »Ist es gerade ungünstig, Schatz?«
    Ich schau mich um zu Fiona und der vollgepackten Wäschekammer.
    »Nee, das passt schon.« Die Laken lasse ich in einem warmen Haufen liegen und schlendere hinaus auf den Flur, barfuß. Die Fliegentür ist nur angelehnt, ich setze mich also auf die Verandastufen und schaue auf die Rhododendronbüsche im Garten. »Was gibt’s denn?«
    »Ach, eigentlich nichts Neues. Ich wollte nur mal hören, wie es dir so geht.« Ihr Ton ist angespannt, irgendwie müde, aber es ist trotzdem schön, ihre Stimme zu hören. Das ist das erste Mal, dass ich so lange von ihr getrennt bin.
    »Mir geht’s gut. Die Sache mit der Pension kommt jetzt
ins Laufen, wir arbeiten also alle wie verrückt.« Ich mache eine Pause und reibe ein bisschen an dem Nagellack an meinem großen Zeh, ehe ich frage: »Wie geht’s Dad?«
    »Deinem Vater geht es gut. Mailt er dir nicht?«
    »Doch. Schon.« Ich will ihr nicht erzählen, wie er von schwedischen Essen, schwedischer Kunst und diesen bekloppten Fjorden schwärmt. Aber vielleicht weiß sie das längst und wechselt deshalb plötzlich das Thema.
    »Deine Großmutter lässt dich lieb grüßen. Sie ist gerade beim Friseur, du solltest sie später mal anrufen. Sie würde gern deine Stimme hören.«
    »Okay.«
    »Gestern Abend waren wir in diesem italienischen Restaurant hier. Weißt du noch? Das mit den Fotos von all diesen Schauspielern an der Wand und …«
    Sie plaudert und ich sage mir, dass ich völlig paranoid bin wegen dieser Sache mit dem »Sommer getrennt«. Ihre Antworten sind total normal, es hat nicht den Anschein, dass irgendwas nicht in Ordnung sein könnte.
    »Wie sind die Kids in deinen Kursen?«, frage ich betont munter.
    Sie lacht. »Ganz schön heftig, gelinde gesagt. Aber ich genieße es. Vielleicht nehme ich einen Teilzeitjob an, wenn wir wieder zu Hause sind.« Sie macht eine Pause. »Was würdest du davon halten?«
    »Klar, ist doch cool. Was meint Dad dazu?«
    Schweigen. »Dein Vater hat so viel zu tun, ich hab noch nichts davon gesagt.«

    »Oh.«
    Früher haben sie immer über alles geredet.
    »Nun ja, Schatz, ich wollte mit dir über etwas reden.« Ihre Stimme wird leiser, plötzlich klingt sie ernst. »Es geht um das nächste Jahr. Da stehen ein paar … Veränderungen an …« Sie lässt den Satz ins Leere laufen, ist nervös, und da ist sie wieder: die Angst ganz tief in meinen Eingeweiden. Ich kann mir schon vorstellen, welche Veränderungen sie meint.
    »Tut mir leid, Mom, ich muss Schluss machen!«, zwitschere ich, ehe sie noch ein Wort mehr sagen kann. »Das ist echt hektisch hier und ich hab noch was vor. Bis bald!«
    »Okay.« Sie seufzt ein wenig. »Pass auf dich auf. Ich hab dich lieb.«
    »Ich dich auch.«
    Langsam klappe ich mein Handy zu, dann springe ich auf.

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