Mein schwarzer Hengst
ihn zu bremsen – ich kniff ihm in den Po oder versuchte, ihn mit beiden Händen zurückzuhalten – waren zum Scheitern verurteilt. Nico wollte rammeln.
Es fühlte sich nicht schlecht an, das möchte ich doch s agen. Ich hatte wesentlich schlechtere Liebhaber in meinem Leben. Aber der Zweck der Nacht war für mich gewesen, mir einen gewissen schwarzen Adonis aus dem Kopf zu schlagen. Das funktionierte kein bisschen. Ich schloss die Augen und versuchte mir vorzustellen, Marcus wäre in diesem Moment über mir und würde mich nehmen. Aber da ich wusste, dass es himmelweite Unterschiede gab zwischen Nicos bestem Stück und dem Wunder der Natur, das Marcus zwischen den Beinen hatte, konnte diese Illusion einfach nicht gelingen.
Höflich wie ich nun mal bin, täuschte ich einen mittleren Orgasmus vor, als es Nico kam, und als er mich in der zweiten Runde von hinten nahm – seine Augen natürlich auch diesmal konstant in Richtung Spiegel – war ich bereits im Geiste wieder weg. Ich würde nicht über Nacht bleiben, und ich wusste, dass ihm das auch am liebsten war. Männer sagen das zwar nie, weil sie glauben, dass uns Frauen das aus der Bahn wirft, aber wir wissen es doch alle.
Wir verabschiedeten uns mit einem Kuss an seiner Wo hnungstür, der uns beide langweilte. Er sagte, er würde anrufen, und ich wusste, dass das nicht passieren würde. Er brauchte mich nicht, für ihn tat es jede x-beliebige, die vor seinem Spiegel den Sparringspartner geben konnte. Ich frage mich heute noch, ob er vielleicht schwul war und inzwischen vielleicht mit irgendwelchen knackigen Typen regelmäßig nach Teneriffa fuhr, aber es interessiert mich nicht weiter.
Im Taxi nach Hause zog ich Bilanz. Ich hatte eine für mein Alter wohl durchschnittliche Zahl von Liebhabern gehabt, von verschiedenem Alter, verschiedener Statur und verschi edenen Talenten. Und nicht einer hatte es je geschafft, mich wirklich glücklich zu machen.
Wahrscheinlich lag es an mir.
Und da stand er
Es verging noch einige Zeit, aber letzten Ende hatte es ja keinen Sinn, sich noch mehr in Selbstmitleid zu ergehen. Dann würde eben Sex keine nennenswerte Rolle in meinem Leben spielen. Es gab anderes, so glaubte ich zu wissen, das mich glücklich machen konnte, auch wenn ich nicht sicher war, was das sein konnte. Vielleicht gab es ja einen Mann, dem Sex auch nicht so viel bedeutete, der sich eine Seele angeeignet hatte, die über das Physische hinaus Substanz hatte. Bislang war mir zwar so jemand noch nicht begegnet, sondern nur große Schuljungs und emotional verkrüppelte Spießer – aber da war doch sicher noch irgendein Zwischending? Sogar in Deutschland?
Ich wollte nicht aktiv nach ihm suchen. Stattdessen b eschloss ich, endlich mit der Faulenzerei aufzuhören und etwas in meinem Leben auf die Beine zu stellen. Vielleicht würde ich ja dann von ganz alleine jemandem begegnen. So was sollte es ja auch noch geben. Man lernt neue Leute kennen, die kennen andere Leute, und die lernt man dann auch kennen, und am Ende hat man jemandem, mit dem man bis an sein Lebensende auf Flohmärkte und Kabarett-Abende geht. Ja, das klang doch nett.
Ich sah mich mit Hilfe Alexas und anderer Freundinnen nach Möglichkeiten um. Die Volkshochschule suchte jema nden, der Deutsch-Sprachkurse für Immigranten geben konnte. Diverse Wohltätigkeitsorganisationen brauchten immer Personal. Ich zog sogar in Erwähnung, in Kitas zu arbeiten. Da herrschte ständig Personalnot, seit der Anspruch auf einen Kita-Platz gesetzlich verankert war. Und so könnte ich zumindest mal bei der Erziehung von Kindern mitwirken. Auch wenn ich vielleicht nie eigene haben würde.
Ich war mit der U-Bahn auf dem W eg nach Hause. Es ist eine komische Sache mit dem Bezirk Neukölln: Der südliche Bereich war recht bürgerlich und gemütlich, und dazu gehörte auch Britz, wo ich wohnte. Der Norden jedoch, der an Mitte und Kreuzberg angrenzte, war genau jener Gulag, den man sich deutschlandweit so vorstellte. Und so musste jeder, der von der Innenstadt nach Britz oder das noch südlichere Rudow wollte, die U-Bahn mit einer Vielzahl äußerst bunter Gestalten teilen.
Die Bahn war ziemlich voll, der Feierabendverkehr kam hinzu. Ich hatte noch einen Sitzplatz ergattert neben einer Frau in einem den ganzen Körper bedeckenden schwarzen Gespensterkostüm. Ihr gegenüber räkelte sich genüsslich ein Jungspund, der vermutlich derselben Religion angehörte, nur trug er ein Netzhemd und Jeans und brüllte in
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