Mein Seelenauftrag

Erzählungen zum Ausdruck gebracht, da die Künste das analytische Denken und die kleine, ichbezogene Wirklichkeit umgehen. Ein wunderbares Beispiel dafür ist, dass Jesus oft in Gleichnissen sprach. Die spirituelle Realität lässt sich nicht unmittelbar mit Worten beschreiben. Oder wie der persische Dichter und Mystiker Hafiz schrieb:
    Ich kenne tausend tolle Lügen
    Auf die Frage:
    Wie geht es dir?
    Ich kenne tausend tolle Lügen
    Auf die Frage:
    Was ist Gott?
    Wenn du denkst, die Wahrheit ließe sich
    Mit Worten beschreiben,
    Wenn du denkst, die Sonne und das Meer
    Würden durch die winzige Öffnung
    Namens Mund passen,
    Ach, dann sollte jemand in Gelächter ausbrechen!
    Dann sollte sofort jemand in schallendes Gelächter ausbrechen! 15
    6. Das Problem der Hektik und des Lärms
    Haben Sie sich schon einmal gefragt, weshalb es in Gotteshäusern meist ganz still ist? Oder warum man Ihnen rät, ganz genau hinzuhören, um die leise Stimme in Ihrem Inneren zu hören? Oder wieso sich manche Menschen in Schweigeklausur begeben? Könnte ein Zusammenhang zwischen Erwachen, Einsamkeit und Stille bestehen?
    Wie sich herausstellt, findet sich die Liebe in der Stille. Leider ist das Leben laut, hektisch und voller Ablenkung. Alles muss schnell gehen. Nirgends wird dieser Trend deutlicher als bei der Konzentrationsspanne der Menschen im Allgemeinen und der Kinder im Besonderen. Das Phänomen hat sogar einen Namen: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Multitasking, also mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, ist das Gebot der Stunde. Seit es Mobiltelefone gibt, die Textnachrichten versenden und empfangen können, gibt es auch so leicht kein Entkommen, ohne gleich verantwortungslos zu wirken. Doch es zweifelt inzwischen auch niemand mehr daran, dass ein sogenanntes erhöhtes Stressniveau eine erhebliche Rolle bei vielen, wenn nicht gar allen, Erkrankungen spielt.
    Der Erwachende sehnt sich vermehrt nach Stille. Er hat den Eindruck, Zeit und Raum für Kontemplation, Meditation, Naturspaziergänge und schlicht das Alleinsein zu brauchen. Momente der Ruhe helfen uns, uns auf den inneren Kanal göttlicher Liebe einzustellen.
    Leichter gesagt als getan, wie die Tatsache beweist, dass manch einer im Urlaub nichts mit sich anzufangen weiß. Wir hören auch von Menschen, die zwar in den Ferien erfolgreich kürzertraten, dann aber bei der Rückkehr ins »normale« Leben vor der entmutigenden Aufgabe standen, das Tempo wieder erhöhen zu müssen.
    7. Das Problem des »Heiligkeitswahns«
    Sobald man sich spirituell auf die Suche begeben und sich ein wenig mit dem entsprechenden Fachjargon vertraut gemacht hat, läuft man Gefahr zu glauben, man sei durch dieses sogenannte Wissen augenblicklich zu einem erleuchteten Guru geworden. Da kann es einem schwerfallen zu erkennen, dass hier in Wirklichkeit das Ego in selbsterklärter Überlegenheit arrogant den Wunsch zur Schau stellt, seine Überheblichkeit zu wahren. Man neigt dazu, die neuen Überzeugungen jedem aufzudrängen, der bereit ist zuzuhören, in dem oft alles andere als dezenten Versuch, andere Menschen für den neuen Glauben zu gewinnen.
    Wer an Heiligkeitswahn leidet, möchte, dass sich alle Menschen in seinem Leben seinen Überzeugungen anschließen und seine spirituelle Überlegenheit anerkennen. Diese Krankheit zeigt sich meist bei Novizen, die Allwissenheit heucheln, obwohl ihr Wissen erst durch die Erfahrung des Erwachens zur Weisheit reifen muss. Es ist charakteristisch für den Heiligkeitswahn, dass die Betroffenen intellektuelles Verständnis mit wahrem Wissen verwechseln und nicht erkennen, dass wahres Wissen nur aus der unmittelbaren Erfahrung entstehen kann. Die Sucht des Ego nach Perfektion macht es ihm, dem falschen Selbst, leicht, sich als etwas Besonderes auszugeben, wenngleich der wahre Pfad der Erleuchtung darin besteht, die eigene Normalität – die eigene Menschlichkeit – zu akzeptieren.
    8. Das Problem der spirituellen Abkürzung
    Wie der Heiligkeitswahn tritt dieses Phänomen für gewöhnlich in den frühen Stadien des Erwachens auf. Man erhebt Anspruch auf eine Stufe der Meisterschaft, die man noch nicht erreicht hat, und verleugnet damit im Grunde seine ungelösten Probleme. Der Versuch der spirituellen Abkürzung entsteht oft dadurch, dass man glaubt, keine Gefühle haben zu dürfen. Man kommt zu dem Schluss, negative Emotionen seien nicht spirituell, und umgeht sie, statt sie zu klären. Die Folge ist, dass man spirituelle Prinzipien vom Stapel