Mein Seelenauftrag

Thema.) Eines Samstagabends berichtete sie im Unterricht, dass sie stocksauer auf ihre Gäste sei. Sie seien sehr unordentlich, während sie sich viel darauf zugutehielt, dass bei ihr zu Hause immer alles picobello war. Die Schlamperei trieb sie in den Wahnsinn. Oder wie sie sagte: »Ich glaube, die wissen gar nicht, was Ordnung ist.«
    Susan wollte an ihrem inneren Aufruhr arbeiten. Sie fürchtete, wenn sie ihren Schwiegereltern aus einer Haltung des Unmuts heraus begegnete, würde sie Dinge sagen, die ihr später leidtäten. Sie war sogar in Sorge, sie könne ihren Mann damit in Verlegenheit bringen, und das wollte sie auf keinen Fall. Sie wollte seinen Eltern vielmehr aus einer ausgeglichenen, liebevollen inneren Einstellung heraus begegnen.
    Sie erledigte auf der Stelle ein wichtiges Stück innerer Arbeit und nahm Kontakt zu dem Teil von sich auf, der Unordnung verurteilte. Während dieses Prozesses wurde Susan eine tiefe Heilung zuteil, und sie erkannte, dass sich in ihrem zwanghaften Bemühen um Sauberkeit und Ordnung ihr Wunsch nach Kontrolle spiegelte. Als sie dieses Muster in ihrem Bewusstsein erkannte, empfand sie zunächst für sich selbst, dann auch für ihre Schwiegereltern Mitgefühl und Akzeptanz. Sie sagte, sie fühle sich nun im Hinblick auf die Eltern ihres Mannes sehr viel klarer und ausgeglichener.
    Darüber hinaus verstand sie den folgenden Sachverhalt nicht nur als Konzept, sondern erlebte ihn als ihre neue Realität: »Nur, weil ich glaube, dass sie Unordnung in mein Haus bringen, muss ich sie noch lange nicht verurteilen und ins Unrecht setzen. Ich kann die Angelegenheit meinem Mann gegenüber liebevoll zur Sprache und meine Bitte vorbringen. Ich bin zuversichtlich, dass er bereitwillig zustimmen wird, seinen Eltern die Unterbringung im Hotel zu zahlen, wenn sie meiner Bitte nicht entsprechen können, und muss ihn fragen, wie er dazu steht. Die Hauptsache aber ist, dass ich meinen Schwiegereltern nicht feindselig gegenübertreten muss. Ich muss sie nicht ins Unrecht setzen. Ich kann meine Bitte liebevoll vortragen.«
    Susan wollte »das Eisen schmieden, solange es heiß ist«, also solange sie diese neue Klarheit empfand. Sie beschloss, sofort nach dem Unterricht nach Hause zu fahren und die ganze Angelegenheit in Vorbereitung auf eine ehrliche Aussprache mit ihren Schwiegereltern zunächst mit ihrem Mann zu besprechen. Sie versprach, uns am nächsten Morgen davon zu berichten.
    Wie Sie sich sicher denken können, hob Susan am nächsten Tag als Erste die Hand, um ihre Geschichte zu erzählen. Als sie aufstand, waren wir alle ganz Ohr. »Ihr werdet es nicht glauben! Als ich gestern Abend nach Hause kam, war das Haus geputzt und sogar alle Dinge wieder an ihrem Platz!«
    Obwohl Susan bereit gewesen war, klar und mitfühlend mit ihren Schwiegereltern zu sprechen, war dies nicht mehr nötig gewesen. Irgendwie war die Botschaft bei ihnen angekommen und sie hatten von selbst entsprechend darauf reagiert.
    Manche Menschen würden ein solches Ereignis als glücklichen und erfreulichen Zufall bezeichnen. Wir dagegen sehen derartige Dinge so oft, dass das Wort Zufall einfach keine gute Erklärung dafür ist. Wir beobachten vielmehr: Wenn jemand einen Teil seiner inneren Arbeit erfolgreich abschließt, lebt er buchstäblich in einer neuen inneren Realität, der sich die äußere Wirklichkeit oft angleicht. Wir glauben, dass auch Ralph Waldo Emerson dies in seiner Rede vor den Mitgliedern der Phi-Beta-Kappa-Gesellschaft der Harvard University am 31. August 1837 zum Ausdruck bringen wollte. In einer der letzten Zeilen seiner ebenso berühmten wie beliebten Ansprache mit dem Titel »Der amerikanische Gelehrte« heißt es: »Sie haben noch nicht erkannt – und Tausende junger Menschen voller Hoffnungen, die im Begriff sind, eine Karriere zu starten, erkennen das noch nicht –, dass, wenn ein einzelner Mensch fest auf seine Instinkte vertraut und nicht davon ablässt, die große Welt sich ihm zur Seite dreht.« 27
    Ein innerer Aufruhr bedarf der inneren Klärung
    Um festzustellen, wie dieser Ansatz ins System der Spirituellen Psychologie passt und weshalb er so wichtig ist, müssen wir die Formulierung: »Ich bin verärgert, weil …« aus der Perspektive der einzelnen Bewusstseinsebenen betrachten:
    • Ich bin ist die einzig wahre Aussage, die man überhaupt treffen kann. Es ist eine Erklärung, durch die sich die Seele zu erkennen gibt. Alles andere sind Kommentare zu dem, was sie gerade erlebt,