Mein skandaloeser Viscount
unserer Hochzeit zu erhalten und damit auch Remington aus seiner verzweifelten Finanzlage zu retten. Mein Vater lehnte entschieden ab und drohte mir mit Enterbung, was mir völlig einerlei war. Ich hätte mit Remington auch in bitterer Armut gelebt. Aber … Remington verschwand plötzlich aus meinem Leben, ohne mir auch nur ein Wort der Erklärung zukommen zu lassen.“
Sie verschränkte die Hände im Schoß. „Und nun taucht er nach fünf langen Jahren wieder auf und ist der Meinung, ich müsse ihm die gleichen Gefühle entgegenbringen wie damals.“ Ein verächtlicher Laut entfuhr ihr. „Pardon. Aber mir wird übel bei diesem Gedanken.“
Lord Moreland bedachte sie mit einem ernsten Blick. „Jeder Mensch verdient eine zweite Chance.“
„Hier geht es nicht um eine zweite Chance.“
Er verdrehte die Augen. „Papperlapapp. Im Leben geht es ständig um zweite Chancen. Wer macht denn schon beim ersten Mal alles richtig? Oder beim zweiten oder dritten Mal?“
Sie rang die Hände. „In diesem Punkt stimme ich Ihnen zu. Kein Mensch ist fehlerlos, und niemand weiß das besser als ich. Aber es gibt Dinge, die schlichtweg nicht wiedergutzumachen sind. Remington schüttete ein ganzes Füllhorn von Versprechungen und Schmeicheleien über mich aus, und ich in meiner Arglosigkeit glaubte ihm jedes Wort. Obwohl ich mir beim Tod meiner Mutter geschworen hatte, mich niemals zu blinder Liebe hinreißen zu lassen, nachdem ich ansehen musste, wie mein Vater in seinem Schmerz um ihren Verlust beinahe den Verstand verlor. Und als ich nach Remingtons Trost und Zuwendung dürstete, verweigerte er sich mir, ließ mich herzlos im Stich. Das ist der Grund, warum ich …“ Sie schüttelte hilflos den Kopf, war unfähig, den Satz zu vollenden. Sie hatte ihre Gefühle nie zuvor in Worte gefasst, und dieses Geständnis schmerzte. Es schmerzte unsagbar, darüber zu sprechen und daran zu denken, welche Qualen sie ausgestanden hatte. Aber das war vorbei.
Moreland legte seinen starken Arm um sie und zog sie zärtlich an sich, ohne dass sie im Geringsten in Verlegenheit geriet. Sie schmiegte ihr Gesicht an seine Brust, fühlte sich in seiner Wärme geborgen. Der schwache Hauch von Kardamom, der seiner Kleidung entströmte, wirkte tröstlich. Er strich ihr sanft übers Haar wie ein gütiger Vater und schließlich murmelte er: „Heiraten Sie ihn.“
Victoria zuckte zusammen, als hätte er ihr einen Schlag versetzt. „ Ihn heiraten? Was …?“
„Victoria.“ Moreland nahm sie bei den Schultern, damit sie ihn ansehen musste. „Sie können nicht leugnen, dass er immer noch hoffnungslos in Sie verliebt ist. Und eine Flamme, die nicht verlöscht, stellt eine wertvolle Gabe dar. Er ist nur gekommen, weil er ohne Sie nicht leben kann und wird leiden und niemals Frieden finden, wenn Sie ihm nicht vergeben. Und Sie lieben ihn, auch wenn Sie es sich nicht eingestehen wollen. Geben Sie ihm die Chance, seine Fehler wiedergutzumachen. Jeder Mensch verdient eine zweite Chance.“
Sie bekam große Augen. „Das hat nichts mit meiner Unfähigkeit zu tun, ihm eine zweite Chance zu gewähren. Es geht vielmehr um meine Unfähigkeit, die Frau zu sein, die er sich wünscht. Die Frau, die er sich immer gewünscht hat, die ich ihm nie sein konnte. Ich habe mich einst darum bemüht und unsagbar darunter gelitten. Ich will und kann nicht mehr leiden. Remington ist nicht wie Sie oder jeder andere Mann. Er greift noch immer nach den Sternen und lebt in einer Traumwelt wie ein Kind, das keine Kontrolle über seine Gefühle und Gedanken hat.“
„Sie wissen um die Dinge, die euch trennen, und dieses Wissen bringt euch wieder zusammen.“ Moreland streichelte ihre Arme. „Zu meinem Bedauern sehe ich mich gezwungen, meinen Antrag für null und nichtig zu erklären.“
Victoria stockte der Atem. „Nein, nein, das dürfen Sie nicht. Moreland. Wenn Sie sich zurückziehen …“
„Ja, genau das tue ich.“ Er erhob sich mit ernster Miene. „Sie haben ihn einmal geliebt, Victoria, also lassen Sie zu, ihn wieder zu lieben. Trotz aller Bedenken.“
Verzweifelt schlug Victoria die Hände vor das Gesicht. Wieso hatte sie sich darauf eingelassen, ihm alles zu erzählen?! Ihr war, als hätte er sie absichtlich dazu verleitet, ihm ihre Geschichte anzuvertrauen, nur um ihre Beichte gegen sie zu verwenden.
Moreland lächelte sie aufmunternd an. „Sie werden ihn ebenso lieben wie früher. Sie werden sehen.“
Dieser elende Schuft! Was bildete er sich ein, den
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