Mein skandaloeser Viscount
lieben Gott mit ihr und ihrem wunden Herzen zu spielen?
Victoria sprang erbost auf und stieß mit einem Zeigefinger gegen seine Krawatte. „Sie … Sie haben es darauf abgesehen, mich ins Unglück zu stürzen.“
„Aus Unglück gelangt man zur Erleuchtung.“
Wütend funkelte sie ihn an. „Seit wann sind Sie Philosoph geworden?“
Er schnalzte mit der Zunge. „Werden Sie erwachsen, Victoria. Im Leben bekommt man nicht immer, was man sich wünscht. Und auch wenn es Ihnen nicht bewusst ist: Sie leben nicht in der Wirklichkeit.“
Benommen trat sie einen Schritt zurück. Seine Worte stachen ihr wie ein Messer ins Herz. Denn er hatte recht. Sie hatte nie das bekommen, was sie sich gewünscht hatte. Das war das Leben. Das war die Realität. „Sie müssen sich bei mir entschuldigen.“
Moreland schüttelte den Kopf. „Ich muss gar nichts“, entgegnete er gedehnt mit leiser Belustigung.
„Oh, doch, das tun Sie. Sie haben mir versprochen, wenn ich Ihnen meine Geschichte mit Remington erzähle, vergessen Sie Ihre Bedenken und überlassen mir die Entscheidung. Und nun wollen Sie sich aus dem Staub machen!“
„Ich weiß, wann ich gehen und wann ich bleiben muss.“ Er tippte ihr mit einem Finger an die Nasenspitze. „Und Sie, meine Liebe, müssen die Kunst des Bleibens noch lernen, denn die Kunst des Fortlaufens haben Sie bereits perfektioniert. Gute Nacht.“ Mit einer galanten Verneigung wandte er sich zur Tür.
Victoria war völlig verwirrt, wusste nicht, ob sein bemerkenswerter Scharfsinn sie bis zur Atemlosigkeit verblüffte, oder ob sie in einen lautstarken Schreikrampf ausbrechen sollte über die maßlose Ungerechtigkeit, wieder in Remingtons Arme geworfen zu werden.
Mit dem Türgriff in der Hand drehte Moreland sich noch einmal um, schien ihre tiefe Bestürzung zu spüren und kam zu ihr zurück. „Victoria.“
Sie blickte auf und begegnete seinem dunklen Blick.
„Eines Tages werden Sie mir dankbar sein“, sagte er leise.
„Nicht in diesem Leben“, fauchte sie erbittert. „Ich wünsche Ihnen, als Frau wiedergeboren zu werden, Moreland, und den niederträchtigen Machenschaften eines Mannes wie Remington ausgesetzt zu sein.“
Er lachte laut und nahm sie in die Arme. „Männer haben es nicht leichter im Leben, auch wenn Sie anderer Überzeugung sind. Mann. Frau. Wir alle müssen leiden. Wir leiden nur auf unterschiedliche Art und Weise.“
Bei seinen verständnisvollen Worte schloss Victoria die Augen, barg die Wange an seiner Hemdbrust und schlang die Arme um seine Mitte, suchte verzweifelt Rückhalt und sehnte sich nach einem Wunder, das ihr ganzes verpfuschtes Leben wieder in Ordnung bringen würde.
Die Tür schlug krachend gegen die Wand hinter ihnen, worauf Moreland die Arme von ihr löste. Victoria unterdrückte ein trockenes Schluchzen und taumelte rückwärts.
Remington stand drohend auf der Schwelle, als die Kaminuhr die volle Stunde schlug. Er verengte seine eisig blau blitzenden Augen und ballte die Fäuste. „Ich hielt es für angebracht, mich anzukündigen“, sagte er scharf, „da Sie beide offenbar zu sehr miteinander beschäftigt sind, um zu bemerken, dass Ihre Zeit um ist.“
Mr Parker tauchte seitlich hinter Remington auf.
Victoria starrte von einem zum anderen.
Moreland räusperte sich. „Remington, ich kann Ihnen versichern …“
„Ich will es lieber nicht hören“, schnitt Remington ihm das Wort ab und suchte Victorias Blick. In seinen Augen loderte glühender Zorn. „Victoria.“ Seine Stimme klang rau und gehetzt. „Ich möchte mit Lord Moreland sprechen. Allein.“
Damit er den bedauernswerten Mann tötete? Das konnte sie auf keinen Fall zulassen. Remingtons merkwürdige Auffassung von Leidenschaft, seine blind rasende Leidenschaft, die er nicht zu steuern wusste, hatte ihr Leben bereits unerträglich unvorhersehbar und unglücklich gemacht. Das reichte.
Victoria stemmte die Hände in die Hüften. „Ich rate Ihnen, keine falschen Schlüsse zu ziehen, Remington. Es ist nicht so, wie Sie denken.“
„Nein. Es ist vermutlich weit schlimmer.“ Remington betrat steifbeinig den Salon und ging direkt auf Lord Moreland zu. „Ich gebe sie nicht frei. Nicht für Sie. Und für keinen anderen.“
Moreland zog die Brauen hoch und warf Victoria einen Blick zu. Und er zwinkerte, wie sie verdutzt feststellte. Dann feixte er, wandte sich an Remington und sagte gelassen: „Ich bitte um Verzeihung, aber Lady Victoria hat mir soeben die Zusage gegeben, alle meine
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