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Mein Tag ist deine Nacht

Mein Tag ist deine Nacht

Titel: Mein Tag ist deine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rose
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aufklopfte und die Bettdecke glattstrich. »Ich wollte gerade Dr.Shakir anpiepsen, damit er einen Blick auf Sie wirft. Seit mindestens zwei Stunden versuche ich, Sie aufzuwecken. Mir ist noch nie jemand mit solch einem tiefen Schlaf begegnet, Lauren!«
    »Wie viel Uhr ist es denn?«
    Sie blickte auf die Uhr hinunter, die an ihrer Uniform befestigt war. »Schon zwanzig nach neun. Und Sie haben noch nicht gefrühstückt.«
    »Um wie viel Uhr wurde mein Tropf abgestöpselt?«
    »Da bin ich mir nicht ganz sicher, die Nachtschwester meinte, sie habe den Tropf irgendwann in den frühen Morgenstunden abgeklemmt, nachdem die letzte Kochsalzlösung durchgelaufen war.«
    »Könnten Sie es in meinen Krankenakten nachsehen?«, beharrte ich. »Bitte?«
    Sie sah mich forschend an, als würde sie sich fragen, wieso mich das interessierte, nickte jedoch nur und eilte hinaus. Sobald sie draußen war, durchstöberte ich den Nachtkasten, der wieder da war, wo er hingehörte: auf der rechten Seite des Bettes. Ich entdeckte eine der Zeitungen, die Grant mir am vorangegangenen Nachmittag mitgebracht hatte. Es war ein Sonntagsblatt, entsprechend war der Vortag wirklich der neunzehnte Oktober gewesen. Falls die Zeit nicht wie alles andere durcheinandergeraten war, musste es nun Montagmorgen sein.
    War
dies
ein Traum … oder hatte ich mein Leben als Jessica geträumt? Mein Mund war ausgedörrt, und meine Hände waren auf einmal schweißnass vor Angst. Ich atmete so flach ich konnte und hoffte, irgendwie mit dem Bett zu verschmelzen und von diesem alptraumartigen Ort zu verschwinden.
    Schwester Sally kehrte mit einem Frühstückstablett und der Information zurück, mein Tropf sei vom Nachtpersonal um halb drei abgeklemmt worden.
    »In einer halben Stunde kommen Ihr Mann und Ihre Kinder zu Besuch«, fuhr Sally fröhlich fort, ohne sich bewusst zu sein, dass mir bei ihren Worten übel wurde. »Ich hatte gehofft, ich könnte Sie bis dahin gebadet haben, aber ich glaube, das müssen wir verschieben, bis Ihre Lieben wieder fort sind. Heute werden Sie aufstehen können, Monitore und Bettpfannen brauchen wir nicht mehr. Ein Schritt in die richtige Richtung, nicht?«
    »Ja«, murmelte ich ohne Begeisterung und zerkrümelte den trockenen Toast auf meinem Teller. Ich wollte schreien, ihr sagen, dass ich in meinem anderen Leben gar nicht so krank, dem Blitzschlag praktisch unversehrt entkommen war und Jessica sich zu Hause erholte. Und dass dies hier ein Schritt in eine Richtung war, die ich überhaupt nicht einschlagen wollte.
    Grant traf ein, noch als ich mir mit Hilfe einer weißen Plastikschüssel auf dem Nachttisch die Zähne putzte.
    »Sie waren gestern so erschöpft, dass ich nicht dachte, Sie würden ihn brauchen«, erklärte die Schwester, als sie den Tisch hereingerollt hatte.
    »Und Sie wollten nicht, dass unnötig etwas im Raum herumsteht, falls mein Herz wieder aussetzt«, murmelte ich und dachte dabei an den Monitor, mit dem ich verbunden gewesen war.
    Eine Hand in die Hüfte gestemmt, starrte sie mich an. »Nun, das auch, nehme ich an.«
    »Könnten Sie mir einen Spiegel bringen?«, hatte ich gefragt, Augenblicke bevor Grant und die Kinder gekommen waren. »Ich habe mich seit dem Unfall nicht mehr angeschaut, und dabei muss ich doch wissen, ob ich gut aussehe … für meine Familie.«
    Die Familie traf ein, ehe der Spiegel es tat, aber es sah so aus, als hätte Grant seine Hausaufgaben bezüglich Patienten mit Gedächtnisverlust gemacht. Er marschierte mit einem großen Fotoalbum unter dem Arm herein.
    Ich gestattete ihm, mich züchtig auf die Wange zu küssen, und lächelte jedes Kind nacheinander an. Was immer auch geschah, dachte ich, sie konnten ja schließlich nichts dafür. Immerhin hielten drei von ihnen mich für ihre Mutter, und ich hatte nicht das Herz, ihnen etwas anderes zu sagen – selbst wenn ich dahinterkam, was es war.
    Sophie, das ältere Mädchen, trug bestickte Hüfthosen und ein kurzgeschnittenes Top, das ihren flachen Achtjährigenbauch enthüllte. Als ich ihren Blick einfing, starrte sie fast herausfordernd zurück, steckte sich dann die Ohrstöpsel ihres iPods in die Ohren und entzog sich so auf wirksame Weise jeglicher Unterhaltung. Ich fragte mich, welcher Art die Beziehung zu ihrer Mutter war. Nicole dagegen scharwenzelte besorgt um mich herum und setzte sich so nahe, wie es nur ging, zu mir, ohne sich tatsächlich neben mich ins Bett zu legen. Wenn ich sie anschaute, lächelte sie mich hoffnungsvoll an, als

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