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Mein Tag ist deine Nacht

Mein Tag ist deine Nacht

Titel: Mein Tag ist deine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rose
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wieder neu kennenlernen. Gehen wir’s langsam an, einverstanden?«
    Wie ich ihm so in die Augen blickte, erfasste mich eine Woge der Zuneigung für ihn. Mochte er auch reichlich pingelig und ein kleiner Perfektionist sein, das Herz schien er dennoch auf dem rechten Fleck zu haben. Schließlich war nichts von alledem seine Schuld, und er gab unter äußerst schwierigen Umständen sein Bestes. Mir war klar, dass ich den Bogen überspannt hatte, als ich die penible Ordnung kritisiert hatte, immerhin war es sein Zuhause, nicht meines.
    Ich nickte, und als er sich vorbeugte, um mich wieder zu küssen, ließ ich es zu, dass seine Lippen meine streiften. Seine Haut fühlte sich kühl an und roch schwach nach Zimt, und ich fragte mich, was zwischen uns beiden geschähe, wenn ich hier auf Dauer als seine Frau bliebe. Ein Bild von Dan erschien vor meinen Augen, und ich bekam Gewissensbisse. Mir war, als würde ich beide betrügen, und doch konnte ich nicht viel dagegen tun.
    »Und du kommst auch bestimmt klar, wenn ich in die Praxis gehe?«
    »Geh ruhig. Ich kriege das schon hin.«
    Ich stand da und sah zu, wie er sein Jackett nahm und das Haus verließ. Ich hörte, wie er den Motor in der Garage anließ, dann, wie sich das Garagentor öffnete, das Quietschen von Reifen, danach Stille.
    Ich ließ mich auf einen Stuhl fallen, umfasste die heiße Tasse und nippte an dem schwachen Tee und bemühte mich, nicht an die Zukunft zu denken.
    »Wo ist Papa hingegangen?«, wollte Sophie wissen und rüttelte mich mit ihrer Frage aus meiner Träumerei. Sie funkelte mich von der Spielzimmertür aus an.
    »Er ist ein Weilchen arbeiten gegangen.«
    »Dann bekomme ich mein Kaninchen jetzt wohl doch nicht«, sagte sie. »Ich hab gewusst, ihr würdet mich nicht wirklich eines haben lassen. Und du hast Papa wütend gemacht, und deshalb ist er wieder zur Arbeit gegangen. Ich hasse dich!«
    Sie knallte die Tür hinter sich zu, so dass ich zusammenfuhr, die Porzellantasse auf ihrer Untertasse klirrte und diese mir beinahe aus der Hand gefallen wäre.
    Wie viel von den Worten ihres Vaters hatte sie mit angehört?, fragte ich mich, stellte die Tasse auf der blank geputzten Arbeitsfläche ab und rieb mir müde die Augen. Hoffentlich hatte sie nicht mitbekommen, wie er das mit den Jungen gesagt hatte. Es gab so vieles, das mir über diese Familie unbekannt war, so vieles, was ich in Erfahrung bringen musste. Ein ungeheurer Berg an Problemen schien sich vor mir aufzutürmen.
    Ich ging niedergeschlagen in den Wirtschaftsraum und sah, dass jemand die Laken bereits aus der Waschmaschine genommen und in den Wäschetrockner gesteckt hatte. Aha, Grant war also durchaus zu gebrauchen.
    »Alles in Ordnung, Mrs.Richardson?«
    Ich drehte mich um und sah eine ältere Frau hinter mir stehen, die in der einen Hand ein Staubtuch hielt, Möbelpolitur in der anderen.
    »Ah, Sie müssen …?«
    »Elsie sein, meine Liebe. Mr.Richardson sagte, Sie hätten Probleme mit Ihrem Gedächtnis. Hoffentlich stört Sie’s nicht, dass ich die Waschmaschine geleert habe. War dem kleinen Teddy wieder übel?«
    »Ah«, dachte ich … die Zugehfrau, natürlich. »Leider ja«, erwiderte ich.
    Sie musterte mich eingehend und schnalzte dann mit der Zunge. »Sie sehen erschöpft aus, meine Liebe. Soll ich Ihnen eine schöne Tasse Tee machen?«
    Lächelnd schüttelte ich den Kopf. Elsie hatte ähnliche Therapievorstellungen wie ich. Wann immer ich Zeit zum Nachdenken brauchte oder mich etwas quälte, stellte ich den Wasserkessel an. »Ich hatte gerade einen, danke, Elsie. Aber erzählen Sie mir von Teddy, ist ihm oft schlecht?«
    »Soviel ich weiß, hat er oft Alpträume. Aber übel wird ihm nur, wenn er völlig durcheinander ist.«
    »Vielen Dank, dass Sie seine Bettwäsche in den Trockner gesteckt haben. Ich dachte, Grant hätte das getan.«
    Elsie lächelte.
    »Ich glaube nicht, dass Mr.Richardson überhaupt weiß, wo der Trockner steht, was meinen Sie?«
    Ich lächelte ebenfalls. »Vermutlich nicht.«
    »So, ich gehe jetzt mal rauf, und Sie frühstücken etwas. Mr.Richardson meinte, Sie müssten sich ausruhen. Sobald ich das Bett gemacht habe, rufe ich Sie. Dann können sie hochkommen und sich gemütlich hinlegen.«
    Aus dem Spielzimmer ertönte Geschrei und Gekreische, und sie zog eine Grimasse.
    »Danke, Elsie, aber ich gehe mit den Kindern gleich raus«, sagte ich. »Machen Sie mal weiter, wir sehen uns später.«
    Ich öffnete die Tür zum Spielzimmer gerade rechtzeitig, um zu

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