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Mein Tag ist deine Nacht

Mein Tag ist deine Nacht

Titel: Mein Tag ist deine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rose
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gestorben und ich stattdessen hier war? Die Kinder brauchten eine Mutter, und so allmählich gewöhnte ich mich an den Gedanken, dass ich sie vielleicht, ganz vielleicht auch brauchen würde.
    Ich stieg aus der Wanne, hüllte mich in ein vom Heizkörper warmes, weiches Badehandtuch und machte Frankie die Tür auf. Sie stürzte herein und jaulte auf, als das Wasser den Abfluss hinuntergurgelte. Ich kraulte ihren seidigen Kopf und merkte, dass ich die ganze Sache inzwischen viel positiver sah. Ich fühlte mich nicht mehr ganz so allein. Nicht nur hatte ich mir ins Gedächtnis gerufen, dass ich Teil eines viel größeren Ganzen war, sondern auch, dass ich in Karen eine Verbündete gefunden hatte. Zusammen würden wir beide Grant schon in den Griff bekommen, und ich würde lernen, wenn schon nicht seine Frau, so doch seinen Kindern zumindest eine Mutter zu sein. Mir kam es so vor, als sollte das mein Schicksal sein.
    An diesem Abend schlief ich besser ein als gedacht, und bald wachte ich in Laurens Bett dadurch auf, dass Elsie am Freitagmorgen vor dem Schlafzimmer den Flurteppich staubsaugte.
    Eine rasche belebende Dusche wusch jegliche Spur von Grants Berührungen von Laurens Körper. Ich nahm die feuchten Verbände ab und beschloss, auf den Arzttermin zu pfeifen, da die Brandwunden, wie Karen tags zuvor schon bemerkt hatte, unglaublich schnell von allein heilten. Es war nur noch eine entzündete Hautstelle zu sehen, von Wundblasen oder einer Infektion dagegen keine Spur. Ich kleidete mich an und ging in die Küche, wo Karen und die Kinder sich gerade Pfannkuchen bereiteten.
    »Mami!«, rief Nicole, umarmte mich und schmiegte den Kopf an den weichen Stoff meines Rockes. »Können wir das Untergestell, das wir für Ginnys und Blackies Stall gekauft haben, heute in den Schuppen bringen?«
    »Ja, klar können wir das«, lachte ich, beugte mich hinunter und küsste ihr glänzendes Haar.
    »Tante Karen hat die Pinnwand angebracht«, meinte Sophie mit einem Lächeln. »Komm und schau’s dir an.«
    Ich reichte ihr die Hand und ließ mich ins Spielzimmer ziehen, wo das große Brett nun auf der Wandmitte hing.
    »Können wir unsere Bilder dranheften?« Sie beobachtete mich, als würde sie befürchten, ich könnte es mir plötzlich anders überlegen.
    »Natürlich. Wo sind denn die Reißzwecken abgeblieben, die wir gekauft haben? Ah, danke, Toby. So, Teddys Bild zuerst!«
    Bald hatte ich alle Zeichnungen der Kinder befestigt, und das Spielzimmer wirkte auf einen Schlag viel fröhlicher.
    »Und jetzt backen wir mal die Pfannkuchen fertig«, sagte ich und jagte die Mädchen und Toby zurück in die Küche. Teddy saß schon an der Frühstückstheke und goss sich Sirup auf seinen Teller. Ich zauste ihm durchs Haar, und er sah auf und grinste mich schief an. Mir fiel auf, dass sein Ball neben ihm auf dem Boden lag anstatt auf seinem Schoß. Es war das erste Mal, dass ich ihn anderswo als in seinen Händen erblickte.
    Auch Karen hatte es bemerkt, und wir lächelten einander verschwörerisch an.
    Ich merkte, dass ich mich an diesem Morgen trotz der Geschichte mit Grant am Abend zuvor in Laurens Haut glücklicher und wohler fühlte, und wollte gerade vorschlagen, dass wir am neuen Spielzimmertisch die Fingerfarben ausprobierten, als Grant in der Küchentür erschien.
    »Lauren, hättest du eine Minute Zeit?«
    Ich muss ziemlich erschrocken gewirkt haben, denn er war sofort zerknirscht.
    »Um Himmels willen, ich tue dir schon nichts!«
    Ich warf Karen einen Blick zu und sie nickte. Und so folgte ich ihm widerstrebend in die Diele hinaus.
    »Ich hatte heute Morgen eine Unterhaltung mit deiner Schwester«, begann er zögernd. Er knackste nervös mit den Fingerknochen, aber er sah, dass ich ihn beobachtete, und steckte die Hände in die Hosentaschen. »Sie hat mir erklärt, was es für dich bedeuten muss, das Gedächtnis verloren zu haben. Ich glaube, ich habe gar nicht begriffen, wie schwierig das für dich gewesen ist. Für mich bist du einfach die Frau, mit der ich seit den letzten zehn Jahren verheiratet bin. Und ich wollte es einfach nicht glauben, dass du dich wirklich an nichts mehr erinnern kannst …«
    »Das hast du ja sehr deutlich gezeigt«, rutschte es unwillkürlich aus mir heraus.
    Er hielt die Hand hoch. »Aber Karen hat mir klargemacht, dass ich dir wie ein völlig Fremder vorkommen muss, und wir uns völlig neu kennenlernen müssen.«
    Er starrte auf eines der Gemälde an der Wand, als hätte er es noch nie gesehen, und

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