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Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben

Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben

Titel: Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lira Bajramaj
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war.
    Die Bundestrainerin wollte die wenigen Stellen für Fußballerinnen an talentierte Jungnationalspielerinnen vergeben. Gerade mal zwölf Spielerinnen ist das vergönnt und damit war das für mich schon eine Ehre. Man könne zudem von dem Gehalt ganz gut leben und sich voll auf den Sport konzentrieren. Das war mir das Wichtigste! Schließlich wollte ich im Fußball noch einiges erreichen. Die männlichen Kicker haben das übrigens nicht nötig, da verdient jeder Fünftligaspieler allein über den Verein weit mehr, als die Bundeswehr überhaupt zahlen kann, und so vergibt die Bundeswehr auch keine Stellen an männliche Fußballer.
    Simone Laudehr und ich waren die Kandidatinnen, die Silvia Neid und Ulrike Ballweg für die Sportfördergruppe der Bundeswehr vorgesehen hatten. Die Plätze sind rar gesät, ich stand also vor der Qual der Wahl: Ich musste mich zwischen Ausbildung und Bundeswehr entscheiden. Ich redete vorab mit meinen Eltern. Die Vorstellung, dass ich zur Armee gehen wollte, fanden sie gerade mit unserer Vorgeschichte nicht so toll. Aber sie wussten auch, dass ich nicht gleich in den Krieg ziehen oder tägliche Arbeit an der Waffe verrichten würde. Dennoch blieben Mama und Papa skeptisch.
    Die Ausbildung und den Sport unter einen Hut zu bekommen, war während meiner Arbeit in der Steuerkanzlei ein
ziemlicher Kraftakt. Weil ich häufig aus beruflichen Gründen nicht trainieren konnte, stagnierten meine Leistungen. Die Bundeswehr konnte mir sportlich einfach eine andere Alternative bieten. Als Sportler hat man auch dort den Auftrag, fit zu bleiben. Regelmäßig werden Trainingspläne abgefragt, selbstständige Übungseinheiten zweimal am Tag sind Pflicht. Ab und zu muss man zu Lehrgängen in der Bundeswehr fahren. Aber ansonsten kann man sich voll und ganz auf den Sport konzentrieren.
    Nach langem Abwägen habe ich mich für die Bundeswehr entschieden und mit meinem Kanzleichef gesprochen. Der war alles andere als begeistert. Er riet mir dazu, meine Ausbildung zu beenden. Vielleicht hätte ich mich überreden lassen, wenn mir die Arbeit wahnsinnig viel Spaß bereitet hätte. Aber dem war nicht so. Ich konnte mir diesen Job nicht bis zur Rente vorstellen. Alle Menschen rund um den Fußball, also auch die Trainergruppe vom FCR Duisburg, unterstützten mich und sagten: »Hey, das ist gut, mach das mit der Bundeswehr.« Keiner konnte sich die flippige Lira als solide Steuerfachangestellte vorstellen. Ich ja auch nicht. Meine Zukunft sehe ich eher im kosmetischen Bereich, aber dann hätte ich das mit der Fußballkarriere glatt vergessen können. In der Ausbildung auf einer Kosmetikschule nimmt keiner Rücksicht auf Sport. Mit der Bundeswehr hatte ich nun die Möglichkeit, mich komplett auf den Fußball zu konzentrieren. Meine Eltern konnte ich auch überzeugen. Sie sagten mir, dass ich alt genug sei und das im Endeffekt selbst wissen muss.
    Im April 2007 hatte mir Silvia Neid das Angebot unterbreitet, nach der WM im Oktober begann meine Grundausbildung. Eine Woche nach dem WM-Titel in China ging es rein ins Abenteuer Bundeswehr. Sechs Wochen lang wurde ich zusammen mit meinen Nationalmannschaftskolleginnen Simone Laudehr und Babett Peter gedrillt. Eigentlich waren wohl neun Wochen geplant, aber wir Fußballerinnen genossen einen Sonderbonus, wegen der Weltmeisterschaft wurde auf sechs Wochen verkürzt.

    Als wir in der Kaserne von Nienburg ankamen, waren Zucht und Ordnung angesagt. Da gab es für uns nichts zu lachen: Wir mussten jeden Tag um 5 Uhr aufstehen, stramm stehen, Dienstgrade auswendig lernen und bei Märschen fünf Kilogramm Gepäck mit uns rumschleppen. Das war so gar nicht meine Welt. Als ich den Mädels bei der Nationalmannschaft während der Weltmeisterschaft erzählte, dass ich zur Bundeswehr gehe, wurden Wetten auf mich abgeschlossen. Manche gaben mir nur einen Tag, andere eine Woche. »Die Lira wird es nicht aushalten, wenn jemand ihr sagt, dass sie ihre Lippenpflege nicht benutzen darf.« Solche Sprüche kamen täglich. Im Nachhinein muss ich sagen: So schlimm war die Grundausbildung dann gar nicht. Die Gemeinschaft mit Simone Laudehr, Babett Peter und Jugendnationalspielerin Nadine Kessler erleichterte alles etwas. Zudem absolvierten auch andere Leistungssportler diese Grundausbildung mit uns. Zu den bekannteren gehören Weltklasse-Weitspringer Sebastian Beyer und Top-Zehnkämpfer Michael Schrader. Die waren alle in meinem Alter. In der Truppe hatten wir schon unseren Spaß.
    Eines

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