Mein total genialer Doppelgaenger
Fisher reflexartig zusammen.
Die Wikinger.
Sie waren auf Beutezug und hatten Zwo im Visier. Allerdings hatten sie nicht ihren üblichen Jagdgesichtsausdruck aufgesetzt. Normalerweise sahen sie so aus, als hätten sie einen Riesenspaß, lachten, rempelten sich gegenseitig an mit einem Grinsen im Gesicht wie Sichelklingen. Aber heute wirkten sie absolut ernst. Sie marschierten auf wie Soldaten, schwärmten aus, um ihrem Opfer die Fluchtwege abzuschneiden.
Und sie kamen direkt auf Zwo zu.
Fisher kämpfte gegen das Verlangen, in Deckung zu gehen, ein Verlangen, das beinahe das Wissen darum, dass er bloß eine Übertragung verfolgte, verdrängte.
»Wikinger voraus!«, zischte er hektisch ins Mikro. »Die haben’s auf dich abgesehen. Hau ab, solange du noch kannst!«
»Ich seh sie«, kam Zwos halb geflüsterte Antwort. »Ich hau vor niemandem ab.«
»Was?«, japste Fisher. Die Wikinger kamen weiter auf Zwo zugestapft. Marvin ging in der Mitte, zu seiner Linken Justin, dessen Beine vorwärtsstampften, als hätte er sich das Laufen bei Lastwagenkolben abgeschaut. Und zu Marvins Rechter ging Kevin, dessen Stiefel sich auf den Fließen anhörten wie ein Schwert, das gegen einen Schild knallt.
Zwo blickte sich um und Fisher sah über die Kamera, dass der Gang menschenleer war. Keine Zeugen. Die drei blieben keinen halben Meter vor Zwo stehen und starrten finster auf ihn herunter. Lauf , dachte Fisher. Lauf-lauf-lauf-lauf-lauf-lauf-lauf-lauf-lauf.
»Sieht aus, als hätte sich unser Freund Fisher einen neuen Namen gemacht!«, höhnte Marvin und schlug ihm mit der Hand so heftig auf die Schulter, dass das Kamerabild hüpfte.
»J-jaa, er ist wirklich in aller Munde, was?«, warf Kevin ein.
»Er hat wirklich eine neue Kapsel aufgeschlagen«, fügte Justin mit einem selbstgefälligen Grinsen im Gesicht hinzu.
Marvin kniff genervt die Augen zusammen und wandte sich zu ihm um. »Ein neues Kapitel aufgeschlagen, Justin. Er ist … ach, was soll’s. Packt ihn euch!«
Die Kamera zeigte plötzlich einen Wirbel von Bildern wie durch ein Kaleidoskop: erst den Boden, dann die Decke, dann Marvins Gesicht und dann eine Reihe von ruckartigen Schwenks zur Seite.
Aber inmitten des Ganzen sah Fisher etwas, das ihm die Kinnlade runterfallen ließ. Er sah einen Ellenbogen vorschnellen und sich in Marvins Magengrube rammen. Er sah einen von seinen eigenen Turnschuhen, der Justins Nase traf, und hörte Justin vor Schmerz winseln.
Zwo schlug zurück. Und er schlug hart zu.
»Autsch! Haltet ihn fest, Jungs!«
»Meine Nase, Marvin! Er hat mir die Nase gebrochen! Was soll ich denn jetzt machen?«
»Du musst ihn ja nicht riechen, du Idiot, bloß festhalten! Wir haben’s fast!« Die drei mussten all ihre Kräfte aufwenden, um Fishers Doppelgänger ins Schulklo zu zerren. Als Zwo sich wehrte, sah er nach unten, und Fisher erblickte eine frisch geputzte Toilettenschüssel, in der noch Spritzer des blauen WC -Reinigers zu erkennen waren.
Es waren noch mehr Schmerzensschreie der Wikinger zu hören, bis es ihnen schließlich gelang, Zwos Kopf in die Schüssel zu drücken und die Kamera untergetaucht wurde. Fisher schloss die Augen und wandte den Blick vom Schreibtisch ab. Er hatte das Gefühl, als müsse er sich gleich übergeben.
Das sintflutartige Rauschen der Klospülung überflutete das Mikro. Einerseits war es ein Glück, dass die Ausrüstung an Zwos Hut wasserdicht war. Andererseits … Fisher wäre auch nicht traurig gewesen, wenn er vor dem Anblick, der sich ihm da bot, verschont geblieben wäre.
»Ich kann meine Nase nicht mehr spüren, Marvin«, kam Justins Stimme aus dem Hintergrund über die sich langsam entfernenden Schritte der Wikinger hinweg.
»I-ich glaub, er hat mir den Zeh gebrochen«, jammerte Kevin, der bei jedem Schritt vor Schmerz ächzte.
»Kommt schon, ihr zwei«, erwiderte Marvins immer leiser werdende Stimme. »Seid nicht solche Waschlappen. Verschwinden wir einf… aaagh, ich glaube, einer meiner Zähne ist locker …«
Die Schulklotür öffnete und schloss sich wieder.
»Bist … bist du okay?«, fragte Fisher in das Mikrofon. Er verspürte ganz neuen Respekt vor seinem Doppelgänger. Zwo mochte vielleicht leichtsinnig sein, aber er war auch mutig. Woher hatte er bloß diese Courage? Diesen Kampfgeist? Fisher, das Original, hatte sich nicht ein einziges Mal gegen die Wikinger zur Wehr gesetzt.
Wasser tropfte von der Kameralinse, als Zwo sich aufrappelte, und das Bild wackelte ein bisschen, als er noch
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