Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein total genialer Doppelgaenger

Mein total genialer Doppelgaenger

Titel: Mein total genialer Doppelgaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. E. Castle
Vom Netzwerk:
Schulzeit auf der Straße sah. Die Leute würden sonst Fragen stellen, und er hatte jetzt keinen Nerv, sich weitere neue Ausreden auszudenken. Dieses ganze Lügenszenario war so schon groß und kompliziert genug geworden. Um sich selbst Mut zu machen, rief er sich legendäre Helden in Erinnerung, die sich ins Lager des Feindes geschlichen hatten: Odysseus in Troja, Robin Hood auf Schloss Nottingham, Vic Daring, der mit einem gestohlenen Patrouillen-Raumschiff von der Venus auf dem Verbotenen Trabanten landete.
    Zwo war extrem clever, und wenn er Fisher absichtlich abgeschüttelt hatte, dann führte er bestimmt nichts Gutes im Schilde. Er konnte sich in alle möglichen Schwierigkeiten bringen. Er könnte das ganze Untergeschoss mit Hühnersuppe überschwemmen. Er könnte den Lehrern nicht wieder abnehmbare Clownsnasen verpassen. Fisher könnte auch zur Schule kommen und sie komplett niedergebrannt vorfinden oder in Alufolie eingewickelt oder auf die dunkle Seite des Mondes verlegt.
    Als Fisher sich dem Schulgebäude näherte, beschleunigten sich seine Schritte, bis er praktisch zu rennen anfing. Seine Lunge brannte, und seine Beine fühlten sich an, als würden tausend Ratten in Golfschuhen darauf herumtrippeln. FF wetzte so schnell hinter ihm her, wie es ihm seine Beinchen erlaubten, und seine Hufe patschten auf das Pflaster. Ein Windstoß, der von einem vorbeifahrenden Bus ausging, riss es einmal mit sich und es taumelte in der Luft vor Fischer nach links und rechts, in dem Versuch, quiekend wieder auf Kurs zu kommen. Fisher, der es nicht mehr schaffte, ihm auszuweichen, stieß mit ihm zusammen, und FF landete mit der Nase voraus in hohem Bogen in einer Hecke. Fisher zog es im Vorbeirennen heraus und das Ferkel nahm seinen halb rennenden, halb fliegenden Kurs wieder auf.
    Die Schule stand noch, als sie in Sicht kam, und Fisher stieß einen kleinen Seufzer der Erleichterung aus. Bis jetzt sah es nicht nach einer Riesenexplosion aus. Es war kein seltsames Glühen durch die Fenster zu sehen und es quollen auch keine bunten Rauchwolken aus dem Dach. In Gedanken strich Fisher ein paar Worst-Case-Szenarios.
    Ihm war klar, dass er nicht einfach durch den Haupteingang stürmen konnte. Schließlich befand sich bereits ein Fisher im Gebäude, auch wenn dieser völlig anders als das Original agierte. Glücklicherweise hatte Fisher jede Menge Übung darin, sich unbemerkt durch die Schule zu bewegen.
    Er ging geradewegs zu einem wenig genutzten Verwaltungseingang, dessen Schloss schon vor Jahren kaputt gegangen war. FF wetzte hinter ihm her und sah sich, den Kopf nach rechts und links wendend, um. Das Ferkel und der Junge schlüpften hinein und gelangten in einen Lagerraum, der vermutlich seit der Erfindung des Farbfernsehens nicht mehr benutzt worden war. Fisher fing an, sich den Weg durch seit Jahrzehnten ausrangierte Gerätschaften zu bahnen, bis er die Tür zum Kellergeschoss erreichte.
    »Quiiieeek!«
    FF quietschte vor Entsetzen und ging hinter einer Schachtel in Deckung, als es sich plötzlich Auge in Auge mit etwas wiederfand, das aussah wie eine riesige Bestie mit Fangzähnen. Fisher fuhr mit wild hämmerndem Herzen herum – und fing an zu lachen
    »Schon gut, Kleiner«, sagte er beruhigend und winkte FF zu sich herüber. »Das ist doch bloß das alte Schulmaskottchen. Zeigt’s ihnen, Dachse!«, sagte er ironisch und machte mit dem Finger eine kreisende Bewegung in der Luft.
    Der Keller der Wampanog-Schule war ein Ort, mit dem Fisher bereits unerfreuliche Bekanntschaft geschlossen hatte – allerdings nicht freiwillig. In der sechsten Klasse hatten die Wikinger ihn einmal in den Heizungsraum geworfen und dann die Tür zugehalten. Als ein Lehrer vorbeikam und fragte, warum sie sich gegen die Tür stemmten und woher das Klopfen innen kam, hatten sie behauptet, der Radiator sei kurz davor, den Geist aufzugeben, und sie würden aus Sicherheitsgründen dafür sorgen, dass niemand hineinkäme.
    Fisher erinnerte sich, dass er damals einen Fluchtweg entdeckt hatte: einen alten Speiseaufzug, mit dem früher Vorräte zur Kantine hinaufbefördert wurden. Die Tür ließ sich noch immer bewegen. Fisher nahm die Kappe und die Sonnenbrille ab und zog auch die Kapuze herunter, dann kroch er in das kleine Fach und langte hinter sich, um auch FF hineinzuheben. Anschließend packte er das Seil und zog die ganze Vorrichtung Hand über Hand nach oben, bis er im Erdgeschoss angekommen war.
    Fisher und FF schlüpften aus dem Speiseaufzug.

Weitere Kostenlose Bücher