Mein total genialer Doppelgaenger
weiterhelfen würden.
Dann umschlossen seine Finger ein kleines Fläschchen. Ja! Er hatte wohl aus Versehen eine Dosis des Windpocken-Simulationsmittels in der Tasche vergessen. Es war zwar verrückt, aber seine einzige Möglichkeit.
»Also los«, sagte er und hob FF mit beiden Händen hoch.
Kurz darauf sah Marvin, wie ein kleiner Junge mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze und Sonnenbrille auf der Nase an ihm vorbeiging und dabei theatralisch hustete. Er hatte einen wabbelnden Speckbauch und seine Ärmel waren bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt.
»Hey, du!«, bellte Marvin. »Nimm die Kapuze ab, du Freak.«
»Mir ist nicht gut«, antwortete Fisher mit tiefer, heißerer Stimme. »Ich muss zur Schulschwester.«
»Nicht so schnell«, sagte Marvin. »Was soll der Aufzug?« Er packte Fisher am Arm und zog seine Hand dann sofort wieder zurück. Fishers Haut war übersät von Dutzenden roter Pusteln. »Was zum …!«, rief Marvin erschrocken. »Was ist das?«
»Ich glaube, ich bin ansteckend«, sagte Fisher immer noch mit verstellter Stimme und dann krümmte er sich und hielt sich den Bauch. Ein angewiderter Laut hallte über den Gang. Jetzt sah Marvin so aus, als würde ihm gleich schlecht werden.
»Bleib bloß weg von mir!« Marvin stürzte in die entgegengesetzte Richtung davon.
Gerade noch rechtzeitig, denn die vierte Stunde würde gleich vorbei sein.
Es gongte. Fisher holte FF wieder unter seinem T-Shirt hervor, machte schnell zwei Schritte und hechtete in einen unbenutzten Spind. Der Gang füllte sich mit Schülern. Durch die schmalen Belüftungsschlitze, sah Fisher ein zerrissenes altes T-Shirt und einen grauen Filzhut aus einem Klassenzimmer kommen. Er hatte Zwo gefunden! Er drückte sein Gesicht näher an die Schließfachschlitze, um mehr erkennen zu können. Zu groß und die Haarfarbe war nicht die richtige … Außerdem fiel ihm wieder ein, dass Zwos Filzhut ja noch in einem Spind in der Sportumkleidekabine vor sich hin gammelte.
Irgendjemand war genauso angezogen wie Zwo. Fisher war einen Moment lang irritiert, dann sah er einen weiteren Schüler im selben Aufzug und eine Minute später noch einen. Er sank zurück und schlug seinen Hinterkopf wiederholt gegen die Schließfachwand.
Sein Doppelgänger hatte einen neuen Modetrend gesetzt.
Nachdem es ein zweites Mal gegongt und der Gang sich wieder geleert hatte, krochen Fisher und FF aus dem Spind und sahen sich aufmerksam um, ob die Luft auch wirklich rein war. Fisher schob sich gebückte an der Wand entlang vorwärts, damit man ihn nicht durch die kleinen Fenster in jeder Klassenzimmertür sehen konnte.
Er hatte das Treppenhaus beinahe erreicht, als direkt vor ihm mit Schwung eine Tür aufflog und Fisher zu einem Wandpfannkuchen machte.
»Urrmpfff«, entwich es ihm, als er vor Schreck zusammenzuckte und die Tür ihn gegen die Wand presste.
»Was haben Sie gesagt?«, hörte er die Stimme eines Lehrers fragen.
»Ich? Nichts«, antwortete ein anderer, als sie aus dem Lehrerzimmer kamen. »War wahrscheinlich mal wieder die Lüftung.«
Sie entfernten sich den Flur entlang. Die Tür schwenkte wieder zurück und ließ Fisher einen Moment benommen zurück, bevor er sich wieder rühren konnte. FF , das sich schnell hinter eine Topfpflanze verdrückt hatte, kroch nun wieder aus seinem Versteck hervor und gesellte sich zu Fisher.
Das Englischklassenzimmer war groß und hatte zwei Türen, und weil die Klasse immer durch eine davon marschierte, nutzten Fisher und FF das Gewusel beim Stundenwechsel zu ihrem Vorteil und schlichen sich durch die andere hinein.
Sie versteckten sich hinter einer Schiebewand, mit der der Raum manchmal geteilt wurde. Frau Weisz begann mit dem Unterricht, nachdem die Schüler ihre Plätze eingenommen hatten. Als sie anfing, mit eintöniger Stimme über Romeo und Julia zu sprechen, wurden die Augen der meisten ihrer Schüler glasig. Einige blickten sehnsüchtig aus dem Fenster, in der Hoffnung draußen irgendetwas Interessantes zu entdecken, andere starrten hochkonzentriert auf die Wanduhr und versuchten, die Zeiger Kraft ihrer Gedanken vorzurücken.
Frau Weisz dozierte gerade über Romeos besten Freund Mercutio, mit ihrer Stimme, die nach Götterspeise in einer Müllzerkleinerungsmaschine klang, als in der Mitte des Klassenzimmers eine Hand hochschoss. Oh, nein. Zwo.
Warum musste Zwo bloß unbedingt immer die Aufmerksamkeit auf sich ziehen? Wann lernte er es endlich?
»Ja, Fisher?«
»Ich versteh das nicht, Frau Weisz.
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