Mein Traummann die Zicke und ich
farblich perfekt aufeinander abgestimmt. Dazu trage ich die tropfenförmigen Brillantohrringe meiner Mutter, die einmal meiner eleganten Großmutter gehört haben, und ihre altmodische Markasit-Uhr, die im Abendlicht, das durch die Fenster fällt, dezent glitzert.
Ich muss es einfach sagen, auch wenn Eigenlob stinkt: Ich sehe heiß aus. Und das soll auch so sein, weil ich nämlich unbedingt will, dass Sollie stolz auf mich ist.
Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr kommt es mir eigentlich gelegen, dass mein Kleid hinüber ist, denn so sehr ich es auch mochte, es war längst nicht so atemberaubend schön wie das, das ich jetzt trage.
Nun gibt es nur noch einen Gegenstand, und mein Outfit ist vollständig.
Obwohl ich geschworen habe, ihn niemals abzunehmen, kann ich es doch nicht riskieren, seinen Glanz zu ruinieren, indem ich ihn beim Baden oder unter der Dusche anbehalte. Erst recht nicht heute, wo Bodylotion und Haarkuren eine wichtige Rolle bei meiner Verwandlung vom Mädchen um die Ecke in die glamouröse Verlobte gespielt haben.
Und daher steckt der Ring im Moment noch in seinem wundervollen blutroten Lederkästchen auf dem Schminktisch. Mich durchströmt ein warmes Gefühl, als ich es betrachte, als würde ein Schluck von Onkel Silas’ Rum durch meine Brust fließen.
Es wäre schön, wenn Sol jetzt hier wäre, um ihn mir anzustecken, aber wenn er hier wäre, könnte ich nicht die Treppe
hinunterschweben und meinen großen Auftritt haben, den ich so perfekt vorbereitet habe. Also mache ich das Kästchen selbst auf. Ich tue es langsam, um den Moment auszukosten, genieße den Widerstand des leicht schwergängigen Scharniers in Erwartung des großartigen lila Glitzerns.
Und dann sterbe ich fast an einer Herzattacke, als ich sehe, dass das Schmuckkästchen leer ist.
Mir fällt erst die Kinnlade und dann das Kästchen herunter, und dann krieche ich auf dem Boden herum und suche nach beidem, obwohl ich weiß, dass der Ring nicht an seinem Platz ist. Aber ich kann nicht glauben, dass der kleine Schlitz im Samt leer ist.
Er muss da sein. Er kann einfach nicht weg sein.
Ich habe die Tür abgeschlossen, nachdem Sollie das Zimmer verlassen hat, und dann habe ich den Ring sicher in dem Kästchen verstaut, bevor ich wieder ins Bad gegangen bin.
Aber ich kann die kleine steife Lederbox so oft aufmachen, wie ich will, sie ist und bleibt leer.
Es gibt nur eine Erklärung.
Jemand hat ihn mir weggenommen.
Jemand hat mir meinen Verlobungsring weggenommen.
Kapitel 18
E s ist dunkel, still und warm, einer dieser perfekten Abende, an dem die Sterne klar an einem wolkenlosen Himmel stehen und der Ruf einer Eule so süß durch die Luft schallt, dass man ihn fast zum Dessert verspeisen könnte.
Die ganze Familie Grainger ist draußen im Garten. So viele Menschen! Mit so vielen Verwandten hatte ich nicht gerechnet. Die Party hat schon angefangen, Musik wird gespielt, Stimmen und Gelächter durchdringen die Luft, alle scheinen sich wohlzufühlen. Zahlreiche Gäste sind bereits da, und ich kann am Knirschen des Kieses in der Einfahrt erkennen, dass weitere Gäste gerade in ihren Autos heranrollen. Bunte Laternen hängen in den Bäumen und verbreiten Fröhlichkeit. Elspeth und Aric stehen auf der Terrasse und begrüßen die eintreffenden Gäste, Silas wacht mit kritischem Blick über die gemietete Bar, und ich sehe Adam, Aidan und Fleur bei Sollie stehen, der beunruhigt auf die Uhr schaut. Ich kann sogar Pippa sehen. Sie sieht hinreißend aus in ihrem hautengen, flammend roten Seidenkleid und hält Hof inmitten einer Gruppe sie bewundernder Männer. Auch sie wirft ab und zu einen Blick auf die Uhr.
Und wo bin ich, während meine Verlobungsfeier schon in vollem Gange ist? Ich hänge wie ein Insekt am Fliegenpapier, wie Spiderman, der seine übernatürlichen Kräfte verloren hat, die Finger um zwei Dachziegel geklammert, an der Balustrade von Balcannon. Meine Füße ruhen auf einem besonders fies blickenden Wasserspeier.
Wie ich hierhergekommen bin? Was zum Teufel ich hier zu
suchen habe? Heute ist meine Verlobungsfeier, aber wie kann ich meine Verlobung feiern ohne meinen Verlobungsring?
Ich weiß, dass sie ihn hat, ich weiß es einfach.
Sie muss ihn irgendwo in ihrem Zimmer versteckt haben. Und wenn ich durch die Tür nicht hineinkomme, was ich natürlich versucht habe, aber sie ist felsenfest verschlossen, dann habe ich wohl nur eine Alternative.
Pippas Zimmer ist oben im Tower. Von ihrem Zimmer führt eine
Weitere Kostenlose Bücher