Mein Traummann die Zicke und ich

Schule. Ich lasse mich nicht hängen, ich hoffe jedenfalls, dass ich das nicht tue. Ich suhle mich nicht mehr im Selbstmitleid. Ich habe das lange Zeit getan, und aus heutiger Sicht ist mir das auch peinlich, schließlich mag niemand einen Jammerlappen. Aber man wird älter, das Leben geht weiter, man übernimmt die Verantwortung für sein eigenes Glück und findet heraus, was einen überhaupt glücklich macht. Aber was geblieben ist, ist der unterschwellige Glaube, dass, wenn Leute mich kennenlernen … Na ja, Sie wissen schon. Ich versuche das zu bekämpfen. Ich sage mir, dass ich ein anständiger, ehrlicher, hart arbeitender Mensch bin und dass es nicht so furchtbar viel an mir gibt, was man nicht mögen könnte, es sei denn, man findet diese Eigenschaften abstoßend, aber es ist ein Riesenunterschied, ob man etwas mit dem Verstand weiß oder ob man etwas aus tiefster Seele glaubt .
    Und so stehe ich hier und sauge die Liebe und Zuneigung auf, die in den Gesichtern all dieser Menschen hier aufleuchten, bis ich bemerke, dass eine bestimmte Person nicht unter ihnen ist.
    Die eine Person, deren angeblicher Zuneigung ich mir alles andere als sicher bin.
    »Wo ist Philly?«, frage ich, wobei es mir zum ersten Mal gelingt, ihren neuen Namen ohne Zögern auszusprechen.
    »Oh, die ist gleich nach dem Frühstück weg«, erklärt mir Elspeth auf meine so beiläufig wie möglich auf dem Weg in die Küche gestellte Frage. »Sie ist nach Edinburgh zum Einkaufen, um sich etwas Tolles zum Anziehen für die Party heute Abend
zu besorgen. Dabei fragt man sich wirklich, warum das nötig ist. Hast du die Berge Gepäck gesehen, die sie mit hierhergebracht hat? Oh, wo wir vom Einkaufen reden – ein Päckchen ist vor einer halben Stunde für dich angekommen.«
    Sie deutet auf eine Kiste, die auf einer riesigen hölzernen Kommode steht.
    »Für mich?«
    »Ja«, sagt sie lächelnd.
    Verwundert gehe ich zur Kommode und nehme das Päckchen in die Hand. Es ist tatsächlich an mich adressiert, und ich erkenne die Handschrift sofort. Es ist von Jas. Ich öffne den Umschlag, der auf der Kiste klebt, und finde eine kurze Nachricht von ihr.
    »Ich wäre so gern dabei. Hoffe, das hier hilft ein bisschen. Mach es heimlich auf und verstecke es gut bis zur Party. Hab dich so lieb. Und daran wird sich auch nie etwas ändern! Viele Grüße und Küsse, Jas.«
    »Was ist es denn?«, erkundigt sich Elspeth freundlich.
    »Oh, das sind ein paar Sachen, die ich zu Hause vergessen hatte«, erfinde ich schnell. »Meine Freundin Jas hat sie mir netterweise nachgeschickt.«
    »Ach ja?«
    »Ein Paar Schuhe.« Was für eine erbärmliche Lüge. Nachdem Elspeth mir Hunderte von ihren geschenkt hat, ist das Letzte, was ich jetzt noch brauche, ein Paar Schuhe. »Ich brauche sie, weil sie zu dem Kleid passen, das ich heute Abend anziehen will. Hör mal, Elspeth … Ich fühle mich völlig zerschlagen heute Morgen …« Ich blicke auch in Sols Richtung und schenke ihm ein entschuldigendes Lächeln. »Wäre es sehr unhöflich von mir, wenn ich heute auf das Frühstück verzichte und mich noch für eine Stunde hinlege?«
    Reizenderweise verliert sie kein Wort über die Schuhe, sondern
zeigt sich nur besorgt darüber, dass ich so müde bin, was mein schlechtes Gewissen, dass ich sie angelogen habe, nur noch schlimmer macht. Sie schickt mich mit einem Teller Toast und einem großen Becher Tee zurück ins Bett und verspricht mir, mich nicht zu stören, bis ich meinen Schlafmangel aufgeholt habe.
    Als ich zurück in meinem Zimmer bin, stürze ich mich sofort auf das Päckchen.
    Ich weiß schon, was es ist, bevor ich es aufmache.
    Jas hat mir ein Kleid geschickt.
    Ich weiß das, weil es genau das ist, was Jas in einer solchen Situation tut. Und da ich sie so gut kenne, bin ich total aufgeregt. Ich freue mich schon jetzt so sehr über ihren Freundschaftsdienst, dass mein ganzer Frust wegen des ruinierten Seidenkleides wie weggeblasen ist. Jas kennt sich mit Mode besser aus als die genetisch vorbelasteten Kinder von Coco Chanel und Yves Saint Laurent. Sie ist Personal Shopper für eine exklusive Modefirma, und sie macht ihren Job so gut, dass sie für die nächsten acht Monate ausgebucht ist. Ihr ganz großes Ziel ist es, die Stars in Modefragen zu beraten und zu stylen, und ich weiß, dass sie auch das schaffen wird. Sie kann ein Mädchen auf fünfzig verschiedene Weisen einkleiden. Sie kann eine Frau mit einem kleinen Budget wie eine Millionärin aussehen lassen. Sie fischt