Mein Traummann die Zicke und ich
begegnet.
Natürlich kommt sie nicht. Jedes andere Mitglied ihrer Familie ruft an, nur sie nicht. Und entgegen meinen kleinen Reuefantasien bin ich nicht im Geringsten überrascht, denn ich habe längst verstanden, dass es weder in der Schule noch in der Woche in Schottland um mich ging – es ging nur um sie, um ihre eigenen Unsicherheiten, ihre Veranlagung, was Jas für eine zu freundliche Formulierung hält.
Der Punkt ist der, dass sie jemand ist, der aus dem Elend anderer Kraft schöpft. Die letzte Woche war ihre Vorstellung von Heimkino.
In gewisser Weise hat sie mit meinem Rückzug natürlich genau das erreicht, was sie wollte, aber darum geht es nicht.
Es geht hier nicht um Pippa Langford.
Es geht um uns.
Um Sollie und mich.
Es gibt nur kein »Sollie und ich« mehr.
Denn egal wie oft er anruft oder vorbeikommt, ich werde ihn nicht mehr reinlassen, weder körperlich noch sinnbildlich.
Letztendlich läuft nämlich alles auf zwei Dinge hinaus.
Ich bin ein Feigling, und er hat mich verletzt.
Eine ebenso simple wie effektive Kombination.
Kapitel 22
E s ist Samstag.
Seit der Party ist genau eine Woche vergangen.
Der Laden ist geschlossen, aber wir sind in der Backstube und arbeiten. Mein Kuchen ist in sich zusammengefallen.
Das erste Mal seit acht Jahren habe ich etwas produziert, das nicht der Inbegriff von Konditorenperfektion ist.
»Meine Glückssträhne ist vorbei«, murre ich, als ich meinen riesigen Biskuitboden aus dem Ofen hole. Er hat ein so tiefes Loch in der Mitte, dass man es mit Wasser füllen und einen Swimmingpool daraus machen könnte.
»Er ist total zusammengebrochen«, sage ich zu den Mädels.
»Da ist er nicht der Einzige«, höre ich Maggie zu Ellen sagen.
»Das habe ich gehört«, fordere ich sie heraus.
»Das solltest du auch«, entgegnet Maggie.
»Ich bin nicht zusammengebrochen.«
Ihre hochgezogenen Augenbrauen verraten mir, dass sie anderer Meinung sind.
»Ich bin unglücklich. Unglücklich ist etwas ganz anderes als zusammengebrochen«, sage ich schmollend und mit zitternder Unterlippe.
Maggie kommt und legt mir einen Arm um die Schulter. »Warum gehst du nicht nach Hause, Violet?«
»Ich bin zu Hause.«
»Du weißt, was ich meine. Es ist sowieso gleich Feierabend, wir kümmern uns um den Rest.«
Ich lächle entschuldigend.
Jas wohnt immer noch bei mir, sie ist bei mir geblieben, seit ich zurückgekommen bin.
Es ist schön, mit jemandem das Bett zu teilen, auch wenn dieser Jemand nicht breitschultrig, muskulös und männlich ist und …
Ich schlage mir tadelnd mit der Hand auf die Stirn und trete aus dem Hintereingang des Ladens hinaus auf die Feuerleiter, die zum ersten Stock hochführt.
»Lass den Scheiß, Violet, du hast deine Entscheidung getroffen, und es ist die richtige. Du bist besser ohne ihn dran.«
Als ich oben angekommen bin, höre ich Stimmen und Gelächter. Jas ist nicht allein.
Wer um Himmels willen kann das sein? Sie hat doch nicht etwa Sollie reingelassen? Sie hat ihren Job als mein persönlicher Rottweiler bisher super gemacht und die Tür und das Telefon strengstens bewacht.
Aber dann merke ich, dass die andere Stimme einer Frau gehört. Und als ich zögerlich den Kopf durch die Tür stecke, sehe ich, dass die schöne blonde junge Frau, die da so anmutig auf meinem Sofa sitzt, Fleur ist.
»Violet!«
Sie springt vom Sofa auf und eilt mir entgegen, um mich zu umarmen.
»Wie schön es ist, dich zu sehen!«
Einen Moment lang klingt sie genau wie ihre Mutter.
»Was machst du hier?«
»Ich wollte nachsehen, wie es dir geht.«
»Es geht mir gut«, erwidere ich.
Sie gibt mir mit einem Blick zu verstehen, dass sie mir nicht glaubt, sagt: »Lügnerin«, und wir lächeln uns an.
»Und was ist mit dir?«, frage ich sie.
Sie zieht eine Grimasse. »Ich habe ganz schön Schwierigkeiten
bekommen, als ich vom Flughafen zurück war, das kannst du mir glauben. Weil ich dir bei der Flucht geholfen habe.«
»Du hast das Richtige getan, Fleur.«
»Sollie war da ganz anderer Meinung.«
»Er hat dir doch wohl keinen Ärger gemacht?«
»Natürlich nicht!«, ruft sie, als sei das undenkbar. »Das würde er doch nie tun, aber er war erschüttert, dass du gegangen bist, ohne mit ihm zu reden, und ich war daran ja nicht ganz unbeteiligt, nicht wahr?«
»Hat er dich hergeschickt?«
»Um Himmels willen, nein. Er hat keine Ahnung, dass ich hier bin. Und wenn er es wüsste, würde er wahrscheinlich befürchten, dass ich mich einmische. Was ich ja auch
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