Mein Traummann die Zicke und ich
ruft Beschützerinstinkte in anderen hervor, sie ist wie eine wunderschöne Seifenblase, die in allen Farben des Regenbogens schimmernd durch die Luft schwebt, und wenn man ihr dabei zusieht, hat man Angst, sie könne zerplatzen, wenn sich ihr irgendein scharfer Gegenstand in den Weg stellte.
Als Fleur sich Porridge nimmt und Misty sich allein auf den Weg zu ihrer morgendlichen Yogasession macht, kommt endlich jemand auf die Idee, mich Adam vorzustellen, und dieser Jemand ist Aric.
Nach den zahlreichen Umarmungen aller anderen bisher ist seine Begrüßung in Form eines Handschlags mit einem formalen »Schön, dich kennenzulernen«, ziemlich reserviert. Er wirkt ein bisschen unnahbar, aber ich glaube, das hat etwas
mit seinem adlerhaften Zinken zu tun. Man kann keine solche Nase haben, ohne die anderen ein bisschen von oben herab zu betrachten.
Nach dem Frühstück macht sich Elspeth an die Vorbereitung eines weiteren gigantischen Festmahls, diesmal ist es der traditionelle Sonntagsbraten. Sie bestreicht einen Truthahn von der Größe des Hoover-Staudamms mit Butter und ruft die restlichen Truppen zusammen, damit sie sich um die Beilagen kümmern.
Ich werde mit dem Putzen von Rosenkohl beauftragt. Von ungefähr drei Tonnen Rosenkohl. Okay, ich übertreibe ein bisschen, aber nach einer halben Stunde sieht der Berg immer noch genauso hoch aus wie vorher, und ich verspüre das plötzliche Bedürfnis nach einem Mittagsschläfchen. Zum Glück bemerkt Elspeth meine missliche Lage und teilt Fleur dazu ein, mir zu helfen.
Sie ist genauso süß, wie ich angenommen hatte, aber auch sehr gesprächig. Obwohl sie mehr redet, als Gemüse putzt, erleichtert sie mir meine Aufgabe doch erheblich, und die Zeit vergeht viel schneller, während sie mir alles vom Leben mit ihrer Mutter auf ihrem kleinen Landsitz in Cornwall erzählt, von den ausreißerischen Bienen, den drei Kühen, fünf Schafen, achtzehn Hühnern und einem Dartmoor-Pony namens Patchouli, das angeblich mit den Zähnen die Türen aufmachen kann und in kalten Winternächten einträchtig vereint mit den zwei Border-Collies und der Katze Boots vor der Küche schläft.
Sollie und Adam schälen Kartoffeln, Aric wickelt Schweinswürste in Speck ein, Marilyn bereitet eine Füllung zu, und Silas ist runter zum Dorfkiosk gegangen, um Zeitungen zu holen. Mistral sitzt uns gegenüber und faltet Servietten in Lotusblütenform, und der Geruch von Wacholderbeeren verrät mir, dass
das »Glas Wasser«, das Misty gerade neben mir abgestellt hat, jetzt wirklich der verkappte Gin Tonic ist, den ich ihr am Morgen unterstellt hatte.
Onkel Silas kommt ganz zufällig erst dann aus dem Dorf zurück, als wir anderen mit den Vorbereitungen für das Essen, das für dreißig Leute reichen würde, obwohl wir nur zu neunt sind, fertig sind und alles im Ofen oder auf dem Herd steht.
Das sonnige Wetter vom Morgen hat kaltem Wind und dunklen Wolken Platz gemacht. Obwohl es erst Nachmittag ist, hat man das Gefühl, es wäre schon Abend, und so halten wir uns alle – gemeinsam mit einem Berg Zeitungen – in dem großen Wohnzimmer vor einem lodernden Kaminfeuer auf.
Wir lungern auf Sofas herum oder liegen auf Kissen auf dem Fußboden, Marilyn reicht Pralinen herum, Aric liest uns lustige Meldungen aus der Zeitung vor, und es ist genau wie die gemütlichen Sonntage bei mir zu Hause, nur dass es hier wirklich ist wie bei den Waltons – der Großfamilie, die ich mir als Einzelkind immer so sehnlichst gewünscht habe – und alle durcheinanderquatschen und lachen und sich scherzhaft darüber streiten, wer welchen Teil der Zeitung kriegt und wer als Nächster aufsteht, um nach den Kartoffeln und dem Truthahn zu sehen.
Es ist eine wunderbar heimelige Atmosphäre, und selbst Adam lächelt.
Und wie ich und Sollie so auf dem Teppich vor dem Kaminfeuer liegen – er mit dem Kopf in meinem Schoß und den Füßen auf Fleur, die mit mir übers Backen plaudert und sich mit mir eine große Tüte Fruchtbonbons teilt, die Silas aus dem Dorf mitgebracht hat -, kann ich mir wahrhaft vorstellen, für immer ein glücklicher Teil dieser Familie zu sein.
Wenn nur die drohenden schwarzen Sturmwolken über den Hügeln die einzigen Wolken am Horizont wären.
Kurz vor sechs kommt Mistral aus der Küche, wo sie mit Elspeth nach dem Truthahn gesehen hat, und verkündet, dass das Abendessen fertig sei.
Weil Sonntag ist, essen wir diesmal nicht in der Küche, sondern in dem großen offiziellen Speisesaal.
Der
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