Mein Traummann die Zicke und ich
es wirklich Blutsverwandte sein müssen, die alles erben, dann ist die Familie doch groß genug. Es musst ja nicht du sein, der ein Kind in die Welt setzt. Und ehrlich gesagt klingt das als Grund auch ziemlich vorgeschoben. Ich schätze, du benutzt das nur als Vorwand, weil du in Wirklichkeit immer noch nicht damit klarkommst …«
Ich weiß, dass ich mich zu weit vorgewagt habe, und ich bin ehrlich überrascht über mich selbst. Er sieht mich so wütend an, dass ich instinktiv einen Schritt zurücktrete, aber dann verändert sich sein Gesichtsausdruck, und er fängt an zu lachen. Es ist, als würde eine riesige Trennwand einstürzen.
Dann hört er wieder auf zu lachen und sieht mich einen Moment lang genau an, als würde er mich studieren, um mich auf Leinwand zu bannen.
Und dann streckt er seine Hand nach mir aus, die ich unsicher betrachte.
»Komm mit«, drängt er mich.
»Wohin?«
»Wir gehen eine Runde.«
»Willst du mich in den See schmeißen?«
Er lacht. »Keine Sorge, ich will nur in Ruhe mit dir reden, aber nicht hier im Haus.« Dabei sieht er sich in einer Weise um, als hätten selbst die Wände Ohren.
Entgegen seiner Ankündigung sagt er nichts, während wir über den Rasen gehen, zum Glück ein Stück entfernt vom See, der heute ziemlich eisig aussieht, in Richtung Obstgarten. Als er endlich den Mund aufmacht, spricht er über Äpfel.
»Wir wissen nicht, warum, aber dieser Baum hier trägt selbst im Winter Früchte.« Er pflückt zwei Äpfel vom Baum und wirft mir einen zu. »Und sie schmecken sogar.«
Ich reibe meinen gegen den Ärmel meiner Jacke und beiße hinein. Er hat ein süß-saures Aroma und ist sehr saftig.
Und dann fragt er mich: »Hat Aidan viel von uns erzählt?« »Nur dass er sehr an dir hängt und die ganze Situation für ihn extrem frustrierend ist.«
Er nickt und nimmt seinerseits einen Bissen von seinem Apfel. Dann noch einen, und er kaut langsam, bevor er wieder spricht.
»Meine Mutter ist eine so seltsame, exzentrische Person, dass ich mich in meiner Kindheit nach nichts so sehr gesehnt habe wie normal zu sein, und zack, kaum bin ich in der Pubertät und alle meine Freunde sind scharf auf Angelina Jolie, ist das Einzige, woran ich denken kann, Brad Pitt. So viel zur Normalität.«
Ich lache laut auf.
»Findest du das komisch?«, fragt er, wieder misstrauisch geworden.
»Nein, ich habe gelacht, weil Aidan mir genau das Gleiche erzählt hat. Von wegen Brad Pitt und so.«
Als Aidans Name fällt, wird sein Gesicht wieder weicher. »Ja, das ist genau die Art und Weise, wie er sich gern ausdrückt …« Und dann seufzt er und wirft seinen Apfel mit so viel Schwung von sich, dass er gegen einen Baumstamm prallt und zerplatzt. »Er hat so sehr unter mir zu leiden … Ich bin nicht gerade ein einfacher Mensch, nicht mal unter normalen Umständen, aber wenn ich hierherkomme, ist es wie in einem Irrenhaus. Willkommen in Einer flog übers Kuckucksnest , dabei sind die alle noch verrückter als Jack Nicholson und Johnny zusammen … Wenn ich daran denke, dass das hier meine Zukunft ist, ob ich will oder nicht … Denn egal was sie sagen, das ist es, was sie von mir erwarten, sie reden ja auch die ganze Zeit davon: Oh, Adam erbt das alles … Der nächste Laird of Balcannon … Die ganze Zeit geht das so … Familie kann echt nervig sein …«
»Nur wenn man sie lässt«, unterbreche ich seinen Redefluss, bevor er vor lauter Frustration platzt. »Sie können dir nur etwas anhaben, wenn du sie lässt.«
Ich sehe, wie er innehält und diesen Satz in sich aufnimmt, und dann sieht er mich mit seinen blauen Augen neugierig an.
»Das hört sich an, als würdest du aus Erfahrung sprechen.«
»Nicht was meine Eltern angeht, da habe ich ziemliches Glück gehabt. Sie waren immer hilfsbereit, ohne sich allzu sehr einzumischen, und sie sind so normal und vernünftig, dass es schon fast wieder verrückt ist, wenn du verstehst, was ich meine.«
Er lächelt schief. »Willst du tauschen?«
»Du vergisst wohl, dass ich deine ganze Bagage erbe, wenn Sol und ich nächstes Jahr heiraten, warum sollte ich also etwas tauschen, das ich sowieso geschenkt bekomme?«
»Stimmt.« Sein angespanntes Gesicht löst sich, und er fängt an zu lachen. »Weißt du, was eine große Erleichterung ist? Die Sache mit dem ›Geteiltes Leid ist halbes Leid‹.«
»Ich weiß, was du meinst«, sage ich nickend. »Andererseits ist es manchmal auch ein Problem, ein gemeinsames Problem zu haben …« Jetzt bin ich
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