Mein Traummann die Zicke und ich
diejenige, die seufzt, weil ich an mein eigenes Dilemma mit einem meiner künftigen Familienmitglieder denken muss.
Er sieht mich von der Seite an. »Diesem Seufzer nach zu urteilen, mögen die Eltern ja eins a sein, aber irgendjemand anders macht dir das Leben schwer, kann das sein?«
»So was in der Art«, versuche ich abzuwiegeln. »Wir haben alle unsere Leichen im Keller, nicht wahr?«
»Meine hast du ja nun ans Tageslicht gezerrt. Wie wär’s, wenn du mir jetzt deine Leiche zeigen würdest?«
Eine verführerische Vorstellung, mein Geheimnis zu lüften, aber es geht wieder nicht. Sollie ist Pippas Bruder, genau wie Adam, und obwohl ich mir ganz und gar nicht mehr sicher bin, ob ihr freundschaftliches Angebot ehrlich gemeint war, finde ich es noch immer nicht richtig, mein Versprechen zu brechen, solange ich nicht ganz genau weiß, ob ich entweder paranoid bin oder sie immer noch dieselbe intrigante Kuh ist wie früher.
Wer hätte das gedacht, Violet in Kampflaune!
Früher hat der Gedanke an sie nur ein einziges Gefühl in mir hervorgerufen, nämlich das Bedürfnis, mich im nächsten Schrank zu verstecken. Jetzt geht mir gerade auf, dass die Tatsache, nicht über sie reden zu wollen, kein Zeichen von Unsicherheit mehr ist, sondern eher damit zu tun hat, dass ich mich mittlerweile in der Lage fühle, mit Pippa Langford bzw. Philly Beresford allein fertig zu werden.
Und so tue ich wieder das Gleiche, was ich auch tue, wenn Sollie oder irgendjemand anders zu sehr nachbohren will.
Ich sage gar nichts.
Und wechsle das Thema.
»Wirst du also aufhören mit der Geheimniskrämerei und allen
sagen, dass du und Aidan ein Paar seid?«, frage ich mit einem herausfordernden Grinsen.
In gespielter Raserei bleibt ihm der Mund offen stehen. »Worauf willst du hinaus, raus damit!«
»Ich muss es einfach wissen. Ich habe schließlich eine Hochzeit zu organisieren, Sitzordnungen zu machen; setze ich dich und Aidan nebeneinander, oder soll ich dich neben meine Cousine Isobelle setzen? Weißt du, sie redet über nichts als Daily Soaps, und ich schwöre dir, sie sieht ganz und gar nicht aus wie Brad Pitt, eher wie ein Pit Bull, ein aggressiver Pit Bull, der auf einer Wespe herumkaut …«
Wir gehen in ganz anderer Stimmung zum Haus zurück, als wir losgegangen sind. Arm in Arm, als Freunde.
Erst als ich allen gute Nacht gesagt habe und auf dem Weg ins Schlafzimmer bin, fällt mir etwas wieder ein: Wenn es Aidan war, der sich heimlich mit Adam im Labyrinth getroffen hat, wohin zum Teufel ist dann die Person verschwunden, die ich für Pippa gehalten habe?
Und als ich ins Badezimmer gehe, um mir das Gesicht zu waschen, bevor ich in das bedauerlicherweise leere Bett sinke, fällt mir auf, dass etwas nicht stimmt.
Ein feuchtes Knäuel liegt auf dem Boden der Badewanne.
Als ich genauer hinsehe, stelle ich fest, dass ich dieses »Knäuel« sehr gut kenne.
Das »Knäuel« ist mein neues Seidenkleid, das ich mir extra für die Party am Samstag gekauft habe.
Ich versuche mich zu erinnern, was ich am frühen Abend genau gemacht habe. Ich hatte die Gelegenheit von Sollies Abwesenheit beim Schopfe ergriffen und das Kleid aus seinem Versteck, dem Koffer, geholt, um es über die Badewanne zu hängen, während ich unter der Dusche war. Das ist ein alter
Trick, weil der Dampf dabei hilft, die letzten Falten aus dem empfindlichen Stoff zu zaubern.
Und jetzt liegt das Kleid, das ich extra für die Verlobungsfeier gekauft habe, das Kleid, für das ich einen erklecklichen Anteil meiner mageren Ersparnisse hingeblättert habe, weil ich für Sollie so schön wie möglich sein wollte und meine anderen billigen Kleidchen auf keinen Fall in Frage gekommen wären, in der Badewanne, und obendrauf liegt eine Plastikflasche mit Bleichmittel, deren Inhalt sich auf mein Kleid ergossen hat.
Ich kreische vor Verzweiflung und Empörung auf.
Wie ist das möglich? Das kann nicht sein!
Ich greife mit rasendem Herzen zu, ziehe das Kleid aus der sauren Flüssigkeit und halte es so lange unter den laufenden Wasserhahn, bis die Bleiche fortgewaschen ist, aber es ist zu spät, sie hat ihr Unheil schon vollendet. Der schöne, pflaumenfarbene Seidenstoff ist nicht mehr pflaumenfarben, sondern nikotingelb wie die Finger eines Kettenrauchers.
Es ist unrettbar hinüber.
Und was noch schlimmer ist: Das war kein Unfall.
Es soll wie einer aussehen, aber ich kenne die Wahrheit. Ich weiß, es hätte nichts passieren können, weil ich nämlich die Schlingen
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