Mein Traummann die Zicke und ich
überzeugt, aber was soll ich sagen? Nein? Ich will nicht?
Sie macht mit ausgebreiteten Armen einen Schritt nach vorn, um mich zu umarmen, aber ich kann nicht anders und mache unwillkürlich einen Schritt gegen die Herdplatte, die natürlich heiß ist, so dass ich zusammenzucke.
»Vorsichtig, du verbrennst dich noch«, sagt sie, als ich einen Satz mache, und einen Moment lang sehe ich sie als Wolf in Großmutters Kleidern, der sich scheinbar liebevoll um Rotkäppchen kümmert, während er in Wirklichkeit nur darauf wartet, seine Klauen in sie zu schlagen und sie zu verspeisen.
»Violet, darf ich ehrlich zu dir sein?«
Ehrlich ist sie mir lieber als maskiert. Ich nicke. »Ich weiß, dass es sehr schwierig für dich ist. Unsere Startbedingungen waren nicht die besten, und es wäre für uns beide einfacher gewesen, wenn wir uns vorher nie begegnet wären, aber du weißt ja, wie viel Sollie mir bedeutet, und ich könnte wirklich nicht glücklicher darüber sein, dass ihr beide zusammen seid. Ihr seid ein tolles Paar, Violet, du weißt das, aber glaub mir, ich weiß das auch. Ich sehe es Sollie an, wie sehr er dich liebt, man kann sehen, wie glücklich du ihn machst.«
Eine hübsche kleine Ansprache, mit der sie es tatsächlich schafft, ein Loch in den Abwehrpanzer um mein kleines verletztes
Herz zu bohren. Der gute Teil in mir kommt wieder zum Vorschein.
»Du kannst das sehen?«, frage ich.
»Ich müsste blind sein, es nicht zu sehen. Er ist ganz vernarrt in dich, und zwar so über alle Maßen, dass man es sogar auf Fotos noch sehen kann …«
Das Bild.
Wie kann ein so grässlicher Mensch etwas so Schönes tun?
»Du findest das wirklich, nicht wahr?«, sage ich, weil selbst ich sehen kann, dass es stimmt. »Und du hast es auch ehrlich gemeint, als du mich um einen Neuanfang gebeten hast?«
Sie nickt. Es ist eine einfache, ernste Art der Antwort, aber die beste, die sie geben kann, und so mache ich einen Schritt auf sie zu und umarme sie fest. Ich bin wirklich dankbar für das, was sie gesagt und für uns getan hat.
»Danke«, sage ich.
»Wie wär’s, wenn ich dir bei deiner berühmten Lasagne helfe?«, schlägt sie vor, als wir uns wieder voneinander lösen.
»Das wäre toll.«
Das Abendessen ist um sieben fertig, genau in dem Moment, als alle in die Küche strömen – wie Kühe, die zurück in den Stall gehen, weil sie instinktiv wissen, wann es Zeit zum Melken ist.
Alle sind ganz aus dem Häuschen wegen des Fotos und betonen, wie wunderschön es ist, wie toll wir zusammen aussehen und wie raffiniert Philly es angestellt hat, dieses Foto machen zu lassen, ohne dass wir es bemerkt haben, und wie viel Mühe sie sich damit gemacht hat. Und es stimmt ja auch, sie hat sich sehr viel Mühe gegeben, und das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen.
Wir haben sehr gut zusammengearbeitet an diesem Nachmittag.
Wir haben nicht viel geredet, sondern einfach still unsere Dinge getan. Es war ein kameradschaftliches Schweigen, könnte man sagen. Ich glaube, dass wir vielleicht wirklich einen Wendepunkt in unserer Beziehung erreicht haben. Irgendwann habe ich sogar angefangen zu pfeifen, was ich normalerweise immer mache, wenn ich backe, sehr zum Missfallen von Maggie und Ellen.
Wir setzen uns auch ganz selbstverständlich beim Essen nebeneinander. Alle Frauen sitzen zusammen an einem Tischende und plaudern über alles Mögliche, vom Thema Backen bis zur Bikini-Enthaarung. Es ist supernett, ein bisschen wie eine Wiederauflage vom Mittwoch, nur dass diesmal auch Philly dabei ist – sie ist ganz normal und umgänglich. Und dann kommt das Thema natürlich irgendwann auf die Party am nächsten Abend.
»Du musst ja wahnsinnig aufgeregt sein wegen morgen …« Mistral sieht dabei selbst aufgeregt aus. Ihre Augen glänzen schon jetzt vor Vorfreude auf in Strömen fließende Gin Tonics.
»Ich freue mich sehr darauf. Vielen Dank, dass ihr das organisiert habt, ihr seid alle so nett.«
»Einen schöneren Anlass zum Feiern könnte es gar nicht geben«, sagt Elspeth und drückt meine Hand. »Wir sind so froh, dass du und Sollie heiratet.«
»Ja, auf unsere neue Schwägerin!« Fleur ist vom Rotwein ein bisschen beschwipst und hält Philly ihr Glas zum Ansto- ßen hin.
»Auf unsere neue Schwägerin!«, wiederholt Philly pflichtschuldigst. Und dann sagt sie etwas, das mich umhaut.
»Was ziehst du morgen an?«
Eine unter normalen Umständen völlig nachvollziehbare und harmlose Frage, eine Frage, die jedes Mädchen
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