Mein Traummann die Zicke und ich
kaum sichtbar, und wir lächeln. Unsere Hände berühren sich zart, ein wirklich schönes Bild, das Intimität und Vertrautheit ausstrahlt.
Einen Moment sagt keiner etwas, und dann stottert Sollie, von seinen Gefühlen überwältigt: »Aber wie … wann …«
»Am Dienstag beim Abendessen. Ich habe nicht nur den Champagner bestellt, sondern auch einen Fotografen, der sich im Hintergrund versteckt gehalten hat. Das ist Jonathans und mein Verlobungsgeschenk für euch. Deshalb musste ich gestern nach Edinburgh, um es abzuholen. Und deshalb habe ich dich umsonst in die Stadt geschickt, damit ich es hier ungestört aufhängen konnte. Es tut mir wirklich leid, dass ich dich so an der Nase herumgeführt habe, aber ich wusste, dass du mich erwischt hättest. Der Haufen betrunkener junger Leute hingegen hätte mich nicht einmal bemerkt, wenn ich eine Horde Elefanten
hier hereinbugsiert hätte. Und bitte sei nicht sauer auf Aneka, es war ja für eine gute Sache …«
Sollies Gesicht glättet sich wieder, und dann strahlt er.
Ich bin so verwirrt wie noch nie. Hin und her gerissen zwischen Entzücken und Misstrauen.
Wie kann jemand etwas so Wunderbares, Aufmerksames organisieren und zwischendurch in unser Zimmer gehen und mein teures Kleid bleichen? Es passt einfach nicht zusammen. Vielleicht war es also doch ein Unfall? Vielleicht habe ich mir nur eingebildet, dass die Bleiche neben dem Klo stand und ich das Kleid richtig aufgehängt habe. Vielleicht liege ich falsch, und sie will wirklich mit mir befreundet sein.
Und dann sieht sie mich über Sols Schulter an, der sie immer noch voller Dankbarkeit umarmt, und sagt: »Das Einzige, was ich nicht bedacht habe, war, dass Violet nicht mit dir kommen würde. Damit hatte ich nicht gerechnet, und ich glaube, du hast mich gesehen, stimmt’s, Violet? Als ich an der Bibliothek vorbei zurück zu meinem Auto geschlichen bin. Was du dir da gedacht haben musst ?«
Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber der Ton ihrer Stimme bei diesem letzten Satz gibt mir das Gefühl, als wolle sie mir damit etwas sagen. Doch dann lächelt sie mich wieder an, es ist ein süßes, scheinbar ehrliches Lächeln, und sie streckt die Hand nach mir aus und fügt hinzu: »Komm schon, Violet, ich finde, wir sollten uns alle drei umarmen.« Ich komme mir vor wie ein Zombie, als ich sie meine Hand nehmen und mich in eine Umarmung mit Pippa Langford ziehen lasse … Aber stimmt ja, jetzt ist sie ja wieder Philly Beresford, und natürlich hat die eine mit der anderen nichts mehr zu tun … Sie trennen Welten, oder?
Kapitel 16
V iolet?« Ich bin gerade dabei, meine Béchamelsauce umzurühren, als ich ihre Stimme hinter mir höre.
»Ja?«, erwidere ich, ohne mich umzudrehen, weil ich keine Lust habe, ihr ins Gesicht zu blicken. Aber was sie dann sagt, lässt mich doch herumsausen und sie ansehen.
»Du wolltest Sollie alles sagen, oder?«
Ich nicke. Denn Ehrlichkeit ist meine Stärke.
»Ich dachte, wir hätten eine Übereinkunft getroffen.«
»Das dachte ich auch.«
»Und du dachtest, ich hätte sie gebrochen, weshalb du sie deinerseits brechen wolltest. Warum?«
Ich mache den Mund auf, um ihr zu antworten, aber dann will ich plötzlich doch nichts mehr über das Kleid sagen, und bevor ich mir wirklich klar darüber werde, wie ich es ihr erklären will, platze ich schon heraus: »Als ich dich gestern Abend gesehen habe, dachte ich …« Und als ich nicht weiterrede, gibt sie sich die Erklärung selbst.
»Dachtest du, dass ich nichts Gutes im Schilde führe.«
Ich will schon zustimmen und mich entschuldigen – oh Mum, warum hast du mich nur so zur Höflichkeit erzogen? -, aber dann schenkt sie mir ein verknittertes Lächeln und entschuldigt sich selbst.
»Oh, Violet, es tut mir so leid. Mir war bisher nicht klar, was für eine nachhaltige Wirkung das bei dir hinterlassen hat, was ich dir als Kind angetan habe. Wie furchtbar von mir. Was für ein schreckliches Kind ich doch war. Aber so bin ich nicht
mehr, Violet, bitte glaub mir das. Als ich gesagt habe, dass ich noch mal von vorne anfangen will, habe ich das ganz ehrlich gemeint. Deshalb habe ich auch das Porträt von euch machen lassen und es zu den anderen im Wohnzimmer gehängt. Ich wollte es irgendwie wiedergutmachen und dir zeigen, dass du jetzt zur Familie gehörst und wie froh ich darüber bin. Ich möchte wirklich einen Neubeginn. Können wir es versuchen? Bitte?«
Ich zwinge mich zu einem Nicken. Trotz ihrer Beteuerungen bin ich noch nicht
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