Mein ungezähmter Highlander
Rascheln hinter einem Baum erregte ihre Aufmerksamkeit und lenkte sie von der schrecklichen Zwickmühle ab, in der sie sich befand. Hatte irgendjemand das Gespräch zwischen ihrem Onkel und ihr belauscht? Sie hielt den Atem an und ließ die Stelle, von wo das Geräusch gekommen war, nicht aus den Augen. Minuten vergingen, ehe sie es wagte, wieder auszuatmen. Sie hatte nichts Ungewöhnliches feststellen können. Es musste wohl ein Vogel gewesen sein, tat sie die Sache in Gedanken ab und wandte sich wieder ihren qualvollen Überlegungen zu.
Doch die Worte ihres Onkels gingen ihr nicht aus dem Sinn. Beobachtete sie vielleicht doch jemand? Hatte ihr Onkel noch einen Spion eingeschleust?
Rory beobachtete Isabels Unterhaltung mit ihrem Onkel mit deutlichem Interesse und wachsendem Unbehagen. Isabel würde ihn nie hintergehen. Dessen war er sich sicher. Sie machte sich etwas aus ihm und seiner Familie. Keiner konnte solch ein vollendeter Schauspieler sein. Aber irgendetwas anderes war da noch im Gange. Er mochte es nicht, wie Sleat mit ihr redete; er schien sie zu bedrohen. Als Sleat ihren Arm packte, entschied Rory, lange genug gewartet zu haben.
Es war längst überfällig, dass er herausfand, womit ihr Onkel sie in der Hand hatte.
Er näherte sich dem Rand der Lichtung, wo sie im Schatten der Bäume stand. »Geht es dir gut, Isabel?«
Erstaunt ihn zu sehen, zuckte ihr Blick zu ihm hoch. »Mir geht es gut«, erwiderte sie etwas zu schnell. »In der Sonne ist es nur zu warm. Das ist alles.« Sie versuchte zu lächeln, doch es gelang ihr nicht recht.
Er pflückte eine kleine gelbe Blume, brach den Stängel ab und steckte sie ihr hinters Ohr. Sofort erinnerte er sich wieder an einen anderen Moment, als er ihr Blumen hinters Ohr gesteckt hatte. An jenem Tag hatte sie ihn endlich dazu überredet, mit ihr die Festungsmauern zu verlassen, und sie hatten sich auf einem Hang, der über und über mit Heide bewachsen war, geliebt. Wenn er doch nur die Zeit anhalten könnte. Er liebkoste ihre bleiche Wange mit der Rückseite seiner Finger. »Ich habe gesehen, dass du dich mit deinem Onkel unterhalten hast.«
Hätte er sie nicht berührt, wäre ihm vielleicht gar nicht aufgefallen, dass sie leicht zusammenzuckte. »Ja.«
»Er schien wütend auf dich zu sein.«
»Ja.«
Rory ließ seine Hand fallen und ballte sie, ohne es zu merken, zur Faust. »Wenn er dich bedroht, werde ich …«
Sie unterbrach ihn, indem sie ihre zarte, kleine Hand auf seinen Arm legte. »Nein, nein, es ist nicht so.«
Aber es war eindeutig, dass irgendetwas sie beunruhigte. Irgendetwas verbarg sie vor ihm, nur was? Er konnte ihr nicht helfen, wenn sie Ausflüchte machte. »Willst du es mir nicht sagen, Isabel?«, fragte er diesmal etwas sanfter.
Sie wandte sich von ihm ab. Warum wollte sie ihn nicht anschauen?
»Er wollte sich nur vergewissern, dass unsere Ehe auf Probe zu einer festen Ehe wird.« Sie hielt inne und gab ihm damit die Gelegenheit, etwas zu sagen. »Diese Gewissheit konnte ich ihm nicht geben.«
Der versteckte Vorwurf entging ihm nicht, aber er wusste nichts darauf zu erwidern. »Dein Onkel scheint ein ungewöhnlich großes Interesse an unserer Ehe auf Probe zu haben.«
Ihre Augen blitzten auf. »Warum auch nicht?«, fragte sie herausfordernd. »Seinetwegen bin ich doch hier. Und soll nicht durch unsere Ehe auf Probe die Fehde beigelegt werden?«
Sie hatte Recht, aber Rory fragte sich trotzdem, ob das der einzige Grund für Sleats Interesse war. »Hast du es ihm gesagt?« Die Worte kamen ihm kaum über die Lippen, aber Isabel verstand ihn trotzdem.
»Nein. Ich habe ihm nicht gesagt, dass du vorhast, die Ehe auf Probe für nichtig zu erklären. Er wird es früh genug erfahren.«
Rory hasste das Gefühl, das sich seiner bei ihren Worten
bemächtigte. Er wollte ihr den Schmerz nehmen. Und seinen eigenen dazu. Doch er konnte nicht. Erst wenn es eine Rechtfertigung dafür gab. Stattdessen hob er ihr Kinn an. »Dein Onkel heckt irgendetwas aus, und ich traue ihm nicht.« Es gefiel ihm nicht, sie zu fragen, aber es musste gesagt werden. »Ich möchte dir gern mein Vertrauen schenken, aber du machst es mir schwer. Gibt es einen Grund, dass ich es nicht tun sollte?«
In ihren Augen standen Tränen, und ihre Stimme bebte. »Wie kannst du mich das überhaupt nach allem, was wir zusammen erlebt haben, fragen? Habe ich dir nicht meinen Körper, meine Seele geschenkt, ohne im Gegenzug dafür etwas von dir zu erwarten? Nicht einmal, dass
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