Mein ungezähmter Highlander
Gesicht war mit Blut verschmiert. Dunkle Schatten lagen unter ihren Augen. Eine ungesunde Blässe lag auf ihrer zarten Haut. Ein schlimmer Schnitt auf ihrem Kiefer, der schwarz und rot gefleckt war, schwoll bereits an. Ihr herrliches Haar war zerzaust und glanzlos, das Reitkostüm völlig zerfetzt. Rory meinte, dass sie nie schöner ausgesehen hätte. Sie war in Sicherheit.
Violette Augen, in denen es stürmisch funkelte, glitten über sein Gesicht. Ungläubig starrte sie ihn an. Sie hob eine Hand und legte sie an seine unrasierte Wange, als wolle sie ihn damit zwingen, kein Trugbild zu sein.
»Rory, bist das wirklich du? Wie kann das sein?« Sie klammerte sich an ihn, als hätte sie Angst, er könnte verschwinden.
»Später. Ich werde dir alles später erklären. Erst einmal müssen wir dich zurück auf die Burg bringen.«
Sie schien sich zu beruhigen, als er sie zu seinem Pferd trug, doch im nächsten Augenblick kehrte das Entsetzen zurück. »Oh Gott, Rory. Alex. Wir müssen Alex helfen.« Sie ließ seine Arme los, die sie eben noch umklammert hatte und sah sich voller Panik nach Alex um.
Rory drückte ihr Gesicht an seine Schulter, damit sie nicht das Blutbad sah, das sie umgab. Den Beweis seiner Raserei. Tote Mackenzies bedeckten den Waldboden, ihre Leiber waren unnatürlich verdreht, von Pfeilen durchbohrt und von Schwerthieben verstümmelt. Blut ließ die vorher orange-braunen Blätter, die den Waldboden bedeckten, jetzt dunkelrot glänzen.
»Alles in Ordnung, Isabel. Alex geht es bald wieder gut.« Er hatte zwar einen heftigen Schlag auf den Kopf bekommen und ein paar Schnitte und Prellungen von dem vorhergehenden Kampf, doch er würde sich wieder davon erholen. »Douglas bringt ihn bereits zum Anlegeplatz.« Der Anlegeplatz, an dem der überraschte Rory auf eine Schar seiner Krieger getroffen war, die auf das Eintreffen einer kleinen Jagdgesellschaft wartete.
Das Blut strömte schneller durch seinen Körper, als er sich wieder daran erinnerte, wie Colin und Margaret zwischen den Bäumen hervorgestürmt waren und ihm von dem Überfall berichteten. Mit welcher Inbrunst eines Bußfertigen er darum gebetet hatte, nicht zu spät zu kommen. Die Wut und die Hilflosigkeit, die in ihm getobt hatten, als er seinen Bruder leblos am Boden liegen sah, während Isabel unter dem widerwärtigen Mackenzie fast zerquetscht wurde. Rory sah rot. Mit jeder Faser seines Körpers verlangte es ihn nach dem Blut der Angreifer. Wie ein wilder Berserker, dessen Nachkomme er war, hatte er sich wie von Sinnen auf den Feind gestürzt.
»Rory, es tut mir leid. Es ist alles meine Schuld, bitte … ich
wollte nicht …« Sie weinte leise an seiner Schulter, während ihr schlanker Leib beim Schluchzen bebte.
»Schsch. Wir sprechen später darüber, Isabel«, besänftigte Rory sie und strich ihr dabei über das seidige Haar. Am liebsten hätte er seinen Mund auf ihre Lippen gedrückt und die Erinnerung an das Geschehene mit seinen Küssen vertrieben. Selbstsüchtig wollte er ihr seinen Stempel aufdrücken und alle Spuren von dem anderen auslöschen. Aber er wusste, dass das nach dem, was sie durchgemacht hatte, zu früh war. Sie war zu schwach.
Aber wieder einmal überraschte Isabel ihn.
Sie umklammerte seine Schultern und hob ihm ihren Mund entgegen. »Bitte.« Sie zitterte. »Dieser Mann.« Rory konnte das Entsetzen in ihren Augen sehen. »Bitte, Rory, küsst du mich?«
Sein Herz krampfte sich zusammen. Das war ein Angebot, das er nur zu gern annahm. »Ja, Mädchen, mit Vergnügen.«
Er wusste, was sie jetzt brauchte. Sanft bedeckte er ihre Lippen mit den seinen.
Isabel staunte über ihre eigene Kühnheit. Aber sie musste wissen, dass sie am Leben und in Sicherheit war. Sie wollte das Entsetzen mit etwas Schönem bannen.
Die erste Berührung seiner Lippen war wie von einer Feder. Die zweite fast schon schmerzhaft zärtlich. Nie hätte sie gedacht, dass dieser wilde Krieger zu solch atemberaubender Sanftheit in der Lage sein könnte. Seine Lippen waren so weich. Und doch so stark. Und heilsam. Er schmeckte genauso warm, wie sie es in Erinnerung gehabt hatte. Er schloss sie ganz fest in die Arme und küsste sie mit so viel Gefühl, dass ihr der Atem wegblieb.
Und als er sie wieder losließ, wagte Isabel nicht, auch nur
einen Ton zu sagen. Denn sie hatte Angst, dass das Gefühl, das wie ein schwerer Druck auf ihrer Brust lastete, dann hervorbrechen würde.
Er hob sie auf sein Pferd. Nur Sekunden später spürte Isabel
Weitere Kostenlose Bücher